Das Syndikat der Spinne
Von der Spedition aus wird die umliegende Gegend mit ziemlicher Sicherheit mit Nachtsichtgeräten beobachtet. Das heißt, Ihre Leute sollten sich am besten bis zum Eintreffen der Lastwagen dem Speditionsgelände nicht nähern. Verhalten Sie sich so unauffällig wie möglich. Nie mehr als zwei Leute in einem Wagen oder zusammen auf der Straße. Es gibt sicher Mittel und Wege, die Spedition zu beobachten, ohne bemerkt zu werden. Sie sollten vor allem erst dann zuschlagen, sobald sie auf den Hof gefahren sind. Eine weitere Möglichkeit besteht im Zugriff vom Wasser aus. Sollten Sie allerdings vorhaben, den Transport schon vorher zu stoppen, werden Sie keine Möglichkeit haben, die eigentlichen Täter zu schnappen, denn Sie haben dann keine Beweise gegen sie in der Hand. Und die Anwälte dieser Typen sind mit allen Wassern gewaschen.«
In Julia Durant kochte es, sie war wütend über das, was Laskin ihr sagte, vor allem, wie er ihr fast vorschrieb, wie sie vorzugehen hatten. Doch noch wütender war sie darüber, nicht selbst darauf gekommen zu sein. Natürlich, dachte sie, diese Organisationen sind technisch immer besser bestückt als die Polizei, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass angeblich nie Geld für bestimmte Geräte vorhanden ist. Sparmaßnahmen, die zu Lasten der öffentlichen Sicherheit gehen, Gelder, die stattdessen in sinnlose Projekte gesteckt werden. Sie musste unwillkürlich an ihr Gespräch mit Kuhn von gestern Abend denken und seine Aussagen über die Politiker. Sie unterdrückte jedoch ihre Gefühle und fragte: »Was ist mit den Kleinbussen und Pkws? Werden die schon vorher da sein?«
Laskin nickte. »Ja, denn die Verladung muss so zügig und reibungslos wie möglich vonstatten gehen. In der Regel ist es nur eineFrage von wenigen Minuten, bis alles vorüber ist. Das Schiff wird am Montagvormittag anlegen. Die Kinder haben übrigens alle gültige Ausweise bei sich, nur zu Ihrer Information. Aber ich garantiere Ihnen, wenn Sie Erfolg haben, gehen Ihnen einige kapitale Fische ins Netz.«
Julia Durant erhob sich und sagte: »Herr Laskin, wir sprechen uns spätestens übermorgen. Und lassen Sie mich wissen, in welche Pension Sie ziehen werden. Einen schönen Tag noch.«
»Den wünsche ich Ihnen auch«, erwiderte Laskin und begleitete die Kommissarin zum Ausgang. Bevor er die Tür aufmachte, meinte er noch: »Und vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich werde mich revanchieren. Ich wusste anfangs nicht, ob ich Ihnen vertrauen kann. Inzwischen glaube ich es zu wissen.«
»Was wissen Sie?«
Laskin lächelte nur und sagte: »Rufen Sie mich morgen von einer Telefonzelle aus auf meinem Handy an, das ist am sichersten. Ich werde Ihnen dann vermutlich schon sagen können, wo Natascha und ich uns in den nächsten Tagen aufhalten werden.«
»Eine Frage noch. Warum wird Irina eigentlich hier beigesetzt und nicht in ihrer Heimat?«
»Sie hätte es so gewollt. Natascha hat diese Woche ein paarmal lange mit Irinas Eltern telefoniert, die gerne gekommen wären, aber sie sind beide sehr krank und können die weite Reise nicht antreten. Es wäre in ihrem Zustand auch nicht gut, vor allem ihr Vater würde es nicht verkraften, da sein Herz das nicht mitmachen würde. Es wird eine sehr kleine Trauergemeinde sein«, fügte er mit bitterer Stimme hinzu. »Dabei hätte sie es verdient, eine große, ihr würdige Beerdigung zu haben, denn Irina war eine ganz besondere Frau. Wenn Sie möchten, Sie sind herzlich eingeladen zu kommen.«
»Wenn ich Zeit habe, gerne. Bis dann.«
Julia Durant ging zu ihrem Wagen, zündete sich eine Zigarette an und startete den Motor. Ein mulmiges Gefühl beschlich sie, wenn sie an den morgigen Abend dachte. Sie hatte in ihrer Zeit bei der Polizei schon einiges miterlebt, aber diesmal wusste sie nicht, was sieerwartete. Lass es einfach auf dich zukommen und sei vorbereitet, dachte sie und fuhr nach Hause.
Als sie die Wohnungstür öffnete, war niemand da, nur ein Zettel lag auf dem Wohnzimmertisch. »Bin kurz in meiner Wohnung und danach in der Redaktion. Es könnte später werden. Dominik.«
Mist! Sie knüllte den Zettel zusammen und warf ihn in den Mülleimer. Das war nicht Kuhns Art, sich auf diese Weise zu verabschieden. So kühl und distanziert hatte sie ihn bisher nicht erlebt. Sie stellte ihre Tasche ab, ging zum Telefon und tippte die Privatnummer von Berger ein. Ausnahmsweise war er mal zu Hause und nicht im Präsidium. Sie berichtete ihm in kurzen Worten von dem Gespräch mit
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