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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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telefoniert. Er kam sich ein bisschen vor wie ein verliebter Teenager.
    »Was ist denn los bei euch?«, fragte Anna und fiel gleich mit der Tür ins Haus. »Was ist mit diesen Pestbakterien?«
    »Darum kümmern sich andere.«
    »Fabio, nimm das nicht auf die leichte Schulter. Wo bist du überhaupt? Doch nicht etwa draußen?«
    »Doch, aber weit weg.« Zwei Kollegen halfen dem Kranführer das Paket an Land zu hieven.
    »Ein Aerosol ...«
    »Anna, ich bin geimpft, mein Arm tut immer noch weh, also mach dir bitte keine Sorgen, ja?«
    Eine Polizeisirene ging los, er drehte sich um. Sofort war es wieder still.
    »Wo bist du denn?«, fragte sie, »doch nicht etwa in der Nähe vom Bahnhof?«
    »Nein. Die Kollegen von der Drogenfahndung haben den Schuppen von einem Typen hochgenommen, den sie schon eine Weile auf ihrer Liste hatten. Er betreibt einen Club mit Tabledance und so, nach außen hin natürlich alles sauber. Unsere Leute haben einen Kellerraum gefunden, der von Sperma- und Blutspuren nur so trieft.« Das Arschloch hatte ihnen die Wahrheit gesagt. Die Tote war, in schwarze Plastikfolie gewickelt und verschnürt, in den Kanal geworfen worden. »Der Besitzer des Clubs«, fuhr er fort, »arbeitet mit Schlepperbanden zusammen. Sie schaffen die Frauen aus Afrika hierher, du weißt schon, man verspricht ihnen Papiere und so weiter. Und jetzt pass auf«, er dämpfte die Stimme, streng genommen dürfte er ihr das natürlich nicht erzählen, »zu seinen Kunden zählte auch Grévy. Er kam über einen gewissen Roth zu diesem netten Club.«
    »Grévy?«
    »Ja. Unser Clubbesitzer ist ziemlich gesprächig. Roth nennt sich bei ihm Rouge , er betreibt eine Lobbyagentur in der Rue de la Loi. Ich denke, dieser Herr könnte uns vielleicht etwas über die andere Seite von Grévy erzählen.«
    »Deine Rechnung wird langsam zu hoch für mich. Ob ich mir die noch leisten kann?«
    Er sah sie an ihrem Schreibtisch, die schlanken Beine in dunklen Seidenstrümpfen übereinandergeschlagen. »Wir könnten uns auf Teilzahlungen einigen.«
    Sie lachte leise, und für einen Moment überlegte er, ob er ihr die nächste Information nicht besser vorenthalten sollte. Aber so funktionierte ihre Beziehung nicht. Sie waren nie zurückgeschreckt vor unangenehmen Wahrheiten. »Übrigens, dieser Roth hat bei unserem Clubbesitzer ein Geschenk für einen guten Freund bestellt.«
    »Was für ein Geschenk?«
    Izquierdo sah wieder dieses weißlich graue Ding vor sich, das Nasser vor ihnen ausgerollt hatte, gut eins siebzig lang, Füße fehlten, ebenso Hände und Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob du das wirklich wissen willst, Anna.«
    »Sag’s.«
    »Albinohaut aus Nigeria«, sagte er, »soll dem Besitzer zu großer Macht verhelfen ...«
    »Um Gottes willen! Und was hast du vor?«
    »Wir machen Monsieur Roth unsere Aufwartung.«
    »Fabio ... pass auf dich auf, ja?«
    »Immer.«
    Izquierdo steckte Hände und Telefon zurück in seine warme Jacke und sah den Tauchern und Helfern zu, wie sie die Plastikfolie aufschnitten.
    Er seufzte. Ein schier unerschöpflicher Menschenstrom floss aus Afrika in die Stadt. Offiziell existierten sie nicht, sie besaßen keine Papiere, ihr Tod interessierte keine Behörde. Izquierdo schniefte, in der Kälte lief ihm immer die Nase. Und der Magen tat ihm weh.

87
    Fast hätte Karen aufatmen können. In den Behältern waren keine Pestbakterien, Linh war von ihrem Vater – Lans Exmann, der in Brüssel lebte – abgeholt worden. Er hatte seine Tochter in die Arme genommen und nicht mehr losgelassen, sogar im Rückspiegel konnte Karen die beiden noch so stehen sehen.
    »Jetzt sind wir wieder allein, Gibbs«, sagte sie zu dem Hund, der schon wieder nach vorn sah. »Du blickst nie zurück, was?«, sagte sie, und Gibbs warf ihr einen seiner kurzen Seitenblicke zu. »Du hast recht, aber ich krieg das einfach nicht hin.«
    Ja, sie hätte erleichtert sein können, aber sie fühlte sich längst nicht so. Sie dachte an das Foto, während sie noch immer Nyströms Lexus fuhr, ständig musste sie Straßensperren ausweichen, und als sie in ihr Haus zurückkehrte, kam sie sich seltsam fremd und allein vor. Bisher war immer Michael da gewesen. Ein bisschen hatte sie sogar gehofft, sie würde ihn zu Hause treffen, und alles wäre so wie früher, wie ganz früher, als sie noch nicht so viel gestritten hatten, als ihr gemeinsames Leben sich so verheißungsvoll vor ihnen ausgebreitet hatte, voller Möglichkeiten – und voller Liebe.
    Doch plötzlich

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