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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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steckte die Münzen in den Schlitz und wählte die Ziffern auf ihrem Arm.

15
    Jemand, der heutzutage von einer öffentlichen Telefonzelle aus anruft, fürchtet, abgehört zu werden, oder er will nicht, dass die Telefonnummer gespeichert wird.
    Der Mann hinter dem Steuer des dunkelblauen Porsche war sich sicher, dass in diesem Fall beides zutraf. Diese Frau, die gerade aus dem BMW ausstieg und mit großen Schritten auf die Telefonzelle zustürmte, hatte bis vergangene Nacht nicht auf seiner To-do-Liste gestanden. Und wenn gestern alles glattgegangen wäre, wäre sie auch nie auf dieser Liste aufgetaucht, aber es war eben nicht alles glattgegangen, trotz der Profis, die er engagiert hatte.
    Zufälle. Er mochte keine Zufälle.
    Und dann war sie auch noch im Hotel gewesen – und entkommen. Entweder hatte sie mehr Glück als Verstand, oder seine Leute waren unfähig. Sie hatten sich verspätet, ach was, sie hatten sich verfahren, diese Idioten.
    Höchste Zeit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Aus der Ablage nahm er eine Box mit Pfefferminzbonbons, schnippte sich zwei Stück in die Handfläche und genoss das scharfe Brennen auf der Zunge. Heute Morgen hatte sie Besuch gehabt.
    SE. Geheimdienst. Man musste kein Insider sein, um das zu erkennen. Er war zu spät gekommen, ein paar Minuten zu spät. Was mochte sie ihnen verraten haben?
    Er sank ein wenig tiefer in den Sitz, als sie sich in seine Richtung wandte. Karen Burnett, hatte er herausgefunden.
    Das Foto auf seinem Schoß stammte von gestern. Er hatte es aus dem Internet kopiert. Den Press Award hatte man ihr verliehen.
    »Warum bist du anschließend nicht brav nach Hause gegangen, Mädchen? Und hast deinen Mann ordentlich gefickt?«, murmelte er kopfschüttelnd, öffnete die Autotür und stieg aus. Er stellte den Kragen seiner teuren Lederjacke hoch und machte einen großen Schritt über einen Schneehaufen. Schneeränder auf seinen handgefertigten Lederschuhen würden ihm körperlichen Schmerz zufügen.
    Die Frau.
    Die Narbe auf ihrer Wange verlieh ihrem blassen Gesicht etwas Apartes. Vollkommene Schönheit war eine wunderbare Sache, aber Schönheit, die die Spuren von Gewalt trug, erregte ihn viel stärker. Er ging auf die Telefonzelle zu.
    Zwei Meter ... Sie telefonierte noch immer und bemerkte ihn nicht ... eins fünfzig ...
    Jetzt.
    Plötzlich klingelte sein Handy in der rechten Seitentasche, gleichzeitig näherte sich ein Krankenwagen mit Blaulicht. Die Frau legte auf und verließ die Telefonzelle. Sie ging an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen. Er beobachtete, wie sie in den BMW stieg, und nahm das Gespräch an.
    »Ich hab frische Ware«, sagte die kehlige Stimme. »Wann soll ich liefern?«
    Die Nachricht dämpfte seinen Ärger über die verpatzte Aktion.
    Durfte er sich belohnen? Nein. Aber er musste sich motivieren, in Stimmung bringen. »Heute«, sagte er, während er gerade noch den BMW hinter der Straßenbiegung verschwinden sah. Auf einmal war er sich sicher, dass sie dem Geheimdienst nichts verraten hatte – wenn sie überhaupt etwas wusste. Vertrauen in die eigene Intuition hatte ihn schon immer weitergebracht. Und seine Intuition sagte ihm, dass eine Journalistin ihres Kalibers sich festbiss an einer vielversprechenden Sache. Natürlich wollte sie alles selbst aufdecken. Er war sich genauso sicher, dass sie gerade eben Jens Nyström angerufen hatte. Das Einzige, was sie tun mussten, war, sich an ihre Fersen zu heften. Dann würden sie auch Nyström kriegen.
    Er zerbiss die letzten Krümel Pfefferminze und sog die Luft zwischen den Zähnen ein.

16
    Los Angeles, Albert Watson School
    Die Sporthalle der Albert Watson School in Los Angeles roch genauso wie die in ihrer düsteren , wie sie es immer für sich nannte, Kindheit in Detroit. Scharf nach Schweiß, der jahrzehntelang Tag für Tag von den Kindern ausgedünstet und von Wänden und Boden aufgesogen worden war. Selbst ein frischer Anstrich konnte den Geruch nur für kurze Zeit übertünchen. Das war Darlene Redmond durch den Kopf gegangen, als sie in ihren Joggingklamotten – sie hatte bewusst nicht die neuesten aus dem Schrank genommen – neben dem Lehrerkollegium und zahlreichen Fotografen vor die Gruppe von Kindern getreten war.
    Rasch hatte sie aufsteigende Übelkeit und Ekel niedergekämpft, so wie damals ihre Minderwertigkeitskomplexe, weil sie keine weiße Haut hatte, und nach ein paar einleitenden Worten sofort mit dem Training begonnen. Lockeres Warmlaufen, abwechselnd rechts und links

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