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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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hatte eine Nachricht auf dem Handy hinterlassen, wahrscheinlich hatte sie das Klingeln draußen nicht gehört. Doch als sie zurückrief, schaltete sich die Mailbox ein. Karen legte auf und trank den Kaffee, der viel zu schnell kalt wurde.
    Und wieder endlose Autobahnkilometer.
    Sie tastete über ihre Narbe, die wieder angefangen hatte zu brennen.
    Ich liebe auch die Narbe an dir, hatte Michael gesagt, früher, als es noch diese Momente zwischen ihnen gab, in denen man glaubt, das Glück gefunden zu haben.
    Michael, warum meldest du dich nicht einfach mal?
    ... bevor ich anfange, dich zu hassen ...

34
    Metz
    Thierry wunderte sich darüber, dass Marie nicht schon längst getrennte Schlafzimmer eingefordert hatte. Vielleicht, um ihm ihre Liebe zu demonstrieren, ihm, den man doch gar nicht mehr lieben konnte, nach alldem. Das und all die anderen Dinge, die schon seit längerer Zeit sein Leben und seine Gedanken bestimmten, gingen ihm durch den Kopf, während er wach dalag.
    Berufssoldat war er gewesen, bis er irgendwann kapiert hatte, dass er sein Leben viel zu billig riskierte. Im Kongo war es gewesen, dort war er mit zwei Contractors von Globe ins Gespräch gekommen. Und als sie ihm sagten, dass sie dreimal mehr am Tag verdienten als er, beschloss er, umzusatteln. Er verließ die französische Armee und unterschrieb bei Globe . Nach dem ersten Einsatz – drei Monate im Kongo – ging er mit Marie zur Bank und beantragte den Kredit für ihr Haus.
    Der Einstellungstest war Kinderkram gewesen. Als Schütze war er immer gut gewesen, schon als Jugendlicher auf den Jahrmärkten. Schießstände hatten ihn interessiert, sonst nichts, keine Schleudersitze oder irgendwelches Zeug, bei dem die Mädchen kreischten und sich an den Arm ihres Freundes krallten.
    Die Blumen, die er gewann, schenkte er seiner Freundin, er hatte immer eine. Sie liefen ihm hinterher, dabei machte er sich gar nicht viel aus ihnen, gab sich auch nicht sonderlich Mühe – und trotzdem. Sie bewunderten ihn. Nur Marie nicht. Sie lachte, als er ihr die zwei Plastikrosen überreichte. Ein bisschen spöttisch sogar. Ihr Lachen sagte: Ich hab dich durchschaut, Thierry, dich und deine billige Nummer, und trotzdem gefällst du mir ...
    Ohne es zu wollen, streckte er die Hand nach ihr aus, um ihr Haar auf dem Kissen zu berühren, das feste, immer noch kastanienbraune Haar, und ihre helle, weiche Haut im Nacken, es könnte alles wieder gut werden, so wie früher, und einen Augenblick lang glaubte er es sogar, doch dann verharrte seine Hand in der Luft. Nein, es würde nie mehr so werden.
    Er musste raus aus dem Bett, es machte ihn unruhig, so still dazuliegen, seine Muskeln verspannten sich, er musste raus und irgendetwas tun. In der Garage Gewichte stemmen zum Beispiel, aber bei der Saukälte kein Vergnügen, er würde sich einen Muskelriss holen und Rückenschmerzen, und für sein Knie war das ganze Gewichtestemmen sowieso das reinste Gift. Nein, keine gute Idee.
    Er hörte ein Motorengeräusch. In der Straße kamen nicht sonderlich viele Autos vorbei, in der Nacht erst recht nicht. Sein Misstrauen hatte ihm schon oft das Leben gerettet. Wie auf dem Markt in Kabul. Als ihm der Alte mit dem freundlichen Lächeln einen kleinen Esel zeigte. Die anderen waren ganz gerührt, die harten Jungs, lachten und meinten, sie sollten den kleinen Esel kaufen. Wozu, fragte er? Damit ihr sentimental werdet? Lasst uns abhauen. Wir sind schon zu lange hier. Doch sie konnten sich ja nicht losreißen, und wenn er nicht die zwei Gestalten bemerkt hätte, die sich von hinten an sie heranschoben, wären sie alle tot gewesen, der verdammte kleine Esel wahrscheinlich auch. Blitzschnell hob er die Waffe und zielte auf den Kopf des Größeren, drückte ab, da wachten seine Kameraden endlich auf und ballerten los. Nichts wie weg vom Markt, rein ins gepanzerte Fahrzeug und ab die Post.
    Später hieß es, es seien vier Taliban-Kämpfer mit Schnellfeuergewehren gewesen. Außer denen hatten sie noch fünf Zivilisten erschossen. Niemals sentimental werden!, das hatte er seinen Leuten immer wieder eingeschärft, aber die wenigsten hielten sich dran. Telefonierten mit der Freundin, und im nächsten Augenblick waren sie tot, weil sie in Gefühlen schwelgten und die Feinde nicht kommen sahen.
    Thierry sah sie durchs Schlafzimmerfenster. Aus einem dunklen Peugeot stiegen zwei junge Typen in Kapuzenpullis aus. Dass sie jung sein mussten, verrieten ihm die schlaksigen Bewegungen, die Lässigkeit, mit

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