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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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schneien, dachte sie, um sich abzulenken. Sie liebte den Schnee, obwohl sie leider eine miserable Skifahrerin war.
    »Wann schreibt ihr euren nächsten Mathematik-Test?«, fragte sie und sah ihre Tochter im Rückspiegel an. Linh war begabt, und ganz besonders in Mathematik und Musik. Wissen und Bildung würden über ihre Zukunft entscheiden, sagte sie sich. Sie liebte ihre Tochter über alles, und sie war stolz auf sie, sie wollte Linh die allerbesten Startmöglichkeiten bieten. Wenn sie schon ohne Vater aufwuchs ...
    Yves Peyroux, IT-Spezialist, war nach der Scheidung nach Brüssel gezogen, schwirrte andauernd in der Welt herum und überwies jeden Monat für Linh einen großzügigen Betrag. Geld war nie sein Problem gewesen. Als Berater von Hightech-Unternehmen – und inzwischen auch verschiedener EU-Organisationen – verdiente er ein Vermögen. Sie hatten sich in Grenoble ein Haus kaufen wollen mit spektakulärem Blick auf die Berge und groß genug für ein zweites Kind! Dabei hatte er sich kaum um Linh gekümmert ... Lan spürte noch immer die Wut in sich aufsteigen, wenn sie an ihn dachte. Jetzt konnte sie froh sein, dass sie nur noch Linh hatte.
    Linh würde sich um ihre Ausbildung kein Sorgen machen müssen – nicht so wie sie.
    »Morgen«, antwortete Linh, ohne aufzusehen. »Morgen ist der Mathe-Test.«
    »Wir müssen das heute Abend noch mal durchgehen, ja?«
    Linh antwortete nicht, sondern spielte weiter, wie Lan im Rückspiegel sah. Oh, sie war talentiert, ihre kleine Tochter, aber sie war sich dessen auch zu sehr bewusst. Der Zweifel, der in ihr hauste, der an ihr nagte, jede Entscheidung wieder und wieder prüfte, den kannte Linh nicht. Einerseits war Lan froh darüber, dass Linh dieses Gefühl erspart blieb, andererseits bedeutete ein Mangel an Zweifel oft auch Arroganz und einen Mangel an Einschätzungsvermögen.
    »Du weißt, dass du oft Flüchtigkeitsfehler machst.«
    »Hm«, erwiderte ihre Tochter abwesend und tippte weiter auf ihrem Computer herum.
    Sie wollte ihrer Tochter Orientierung geben, Halt, Zuversicht, Glaube an sich selbst, Stärke. All das, was wichtig war, um zu überleben, um nicht am Alltag und seinen Anforderungen zu verzweifeln.
    Ehrgeiz, ja, auch der war wichtig, wenn man weiterkommen wollte. Manchmal wünschte sie sich einen Partner, der ihr zur Seite stehen und sie unterstützen würde. Mit dem sie die Verantwortung teilen könnte. Mit dem sie über Probleme und über Entscheidungen reden könnte. Sie hatte nur wenige Freunde. Das lag an ihr, das wusste sie, aber es machte ihr nichts aus, mit Freizeit hatte sie noch nie umzugehen gewusst, es war ihr lieber, keine zu haben. Sie ging zu selten aus, war immer nur im Labor und fuhr dann nach Hause, holte auf dem Heimweg Linh ab. Am Wochenende musste sie oft für ein paar Stunden ins Labor, wenn gerade neue Experimente durchgeführt wurden oder Mitarbeiter ihre Hilfe brauchten. Daran hatte Linh sich schon gewöhnt. Sie wartete dann brav zu Hause, spielte Geige oder saß vor dem Computer. Aber Lan wusste, dass das nicht richtig war. Sie wollte Zeit mit ihrer Tochter verbringen und musste jeden Tag darum kämpfen.
    Der Wagen glitt langsam weiter. Wieder sah sie in den Rückspiegel. Jetzt war der Lieferwagen direkt hinter ihr, er fuhr viel zu dicht auf.
    »Maman, ich hab heute Geigenunterricht!«, sagte Linh plötzlich und sah von ihrem Computer auf.
    »Ja, Linh, ich weiß. Ich hoffe, du hast geübt.«
    Sie musste wieder bremsen und achtete nicht auf Linhs Antwort. An der Ecke hinter der Ampel konnte sie schon das Dach der Schule erkennen.
    Sie bog links ab und rollte langsam hinter den blauen Audi Kombi, aus dem gerade zwei Kinder ausstiegen.
    »Oh, da ist Jeanette!« Linh schnallte sich los.
    »Wir stehen noch nicht!«, wies Lan ihre Tochter zurecht. Linh wusste genau, dass sie sich erst losschnallen durfte, wenn das Auto parkte. Wie im Flugzeug, hatte Lan ihr eingetrichtert.
    »Ach, Maman!«
    »Salut, bis heute Abend, mein Liebling!« Lan drehte sich um und küsste Linh auf beide Wangen.
    Linh hatte schon ihre Schultasche gepackt und stieß die Wagentür auf.
    »Erst nach hinten sehen, bevor du aussteigst!«, rief sie, doch Linh war schon längst rausgesprungen, hatte die Tür zugeworfen und rannte ihrer Freundin Jeanette entgegen. Lan winkte Jeanettes Mutter zu, die ausgestiegen war.
    Dahinter, das war doch der Lieferwagen, oder? Er war in eine Parkbucht gefahren. Das fahle Licht spiegelte sich in den Scheiben, und so konnte sie

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