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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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so ein Programm an Frau Weisenberg geschickt haben?«
    »Es könnte eine Schutzmaßnahme sein, falls die CD in falsche Hände gelangt. Es ist möglich, dass der eigentliche Code in dem
     Programm verschlüsselt ist und dass man es mit einer speziellen Software starten oder decodieren muss.«
    »Vielleicht ist das gar keine EXE«, sagte Weisenberg. »Vielleicht müssen Sie das einfach mit einem normalen Texteditor …«
    »Das hab ich schon versucht. Ich habe hier nicht die richtigen Tools, um den Code zu analysieren, aber alles, was ich bisher
     gesehen habe, deutet auf ein ganz normales, ausführbares Programm hin.«
    »Und wenn du es einfach ausprobierst?«, fragte Mark. Er blickte zu Diego, der inzwischen als Bündel verschnürt auf dem Sofa
     lag und sich nicht rührte. Offenbar war er immer noch bewusstlos.
    Lisa wandte sich an Weisenberg. »Herr Professor, es ist Ihre Entscheidung. Es kann sein, dass die Daten Ihrer Frau für immer
     gelöscht werden.«
    Weisenberg nickte. »Tun Sie es. Ich glaube ohnehin nicht, dass ich jemals die Kraft aufgebracht hätte, diesen Computer einzuschalten.«
    Lisa nickte. Mit einem Doppelklick startete sie die Datei RAINER.EXE.
    Ein Textfenster mit einer Eingabezeile erschien. »Hallo Eva«, stand dort. Der Cursor blinkte gleichmäßig.
    Mark erstarrte. »Pandora!«, sagte er.
    »Nein, das glaube ich nicht«, sagte Lisa. »Hallo Rainer«, tippte sie in das Textfeld.
    Ein neuer Text erschien: »Es gibt drei Möglichkeiten, warum du dieses Programm gestartet haben könntest: A) Du bist einfach
     neugierig. Aber das sieht dir eigentlich gar nicht |272| ähnlich. B) Mir ist etwas zugestoßen. Du willst wissen, warum ich dir diese CD geschickt habe. C) Du bist nicht Eva. Welche
     ist es?«
    »Du bist tot«, tippte Lisa.
    »So etwas habe ich mir beinahe gedacht. Ich hoffe, du bist nicht traurig. Ich habe immer das Gefühl gehabt, ich bin nur zu
     Besuch auf dieser Welt. Aber du wirst sicher verstehen, dass wir erst Möglichkeit C ausschließen müssen. Es wäre nicht gut,
     wenn ich diese Unterhaltung mit jemand Fremdem führen müsste. Du weißt ja, dass ich Fremde nicht besonders mag. Zum Glück
     kennst du mich besser als jeder andere Mensch auf der Welt. Es wird dir also nicht schwerfallen, drei einfache Fragen zu beantworten.
     Frage Nummer eins: Wovor habe ich am meisten Angst?«
    Lisa sah Mark und Weisenberg ratlos an. »Was soll ich tippen?«, fragte sie.
    Der Professor zuckte nur mit den Schultern.
    »Hat Ihre Frau irgendwo Patientenakten?«, fragte Mark.
    Weisenberg nickte und zeigte auf ein Schubladenelement an der Wand. Sie öffneten es und fanden zwei Dutzend Hängeordner, die
     ordentlich beschriftet waren. In der Mappe mit der Aufschrift »Rainer Erling« befanden sich jedoch nur eine Karte mit Patientendaten
     und eine Liste der Sitzungen, die sie mit ihm durchgeführt hatte – die letzte vor gut zwei Jahren. Es gab keinerlei Aufzeichnungen,
     Berichte, Diagnosen oder dergleichen.
    »Ich glaube, meine Frau hat das alles vor ihrem Tod vernichtet«, erklärte der Professor. »Sie wollte wohl nicht, dass jemand
     die vertraulichen Gesprächsaufzeichnungen liest. Ich fürchte, sie hat all ihr Wissen über Erling mit ins Grab genommen.«
    »Dann haben wir keine Chance, an den Source Code zu kommen«, sagte Lisa.
    Mark schüttelte den Kopf. »Wir müssen es versuchen«, sagte er.
    |273| »Aber wir können doch nicht raten! Ich bin sicher, dass das Programm bei der ersten falschen Eingabe …«
    »Was wissen wir über Rainer?«, fragte Mark.
    »Nicht viel. Er hatte das Asperger-Syndrom. Er hatte eine schlimme Kindheit. Er …«
    Ein Piepton ließ sie herumfahren. Auf dem Bildschirm des Laptops war eine Mitteilungsbox erschienen: »Input expected. Program
     closes down in 28 seconds.« Während sie zusahen, wurde aus der 28 eine 27, dann eine 26 …
    »Verdammt!«, rief Lisa. »Er hat eine Zeitbegrenzung eingebaut! Wir müssen in den nächsten zwanzig Sekunden etwas tippen, sonst
     bricht das Programm ab. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir keine zweite Chance bekommen.«
    Mark überlegte fieberhaft, während die Sekunden verrannen. Wovor konnte Rainer Angst gehabt haben? Er war ein sehr scheuer,
     zurückgezogener Mensch gewesen. Er hatte sicher Furcht vor Fremden gehabt. Aber wer hatte ihm am meisten Angst gemacht? Seine
     schreckliche Mutter?
    »Was soll ich tun?«, fragte Lisa mit Verzweiflung in der Stimme. »Nur noch zwölf Sekunden! Elf …«
    Wenn er ein Aspie

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