Das System
über den Atlantik fuhren.
Ein kühler Wind blies von Westen heran und ließ Mark frösteln. Er machte ein paar Liegestütze, um sich aufzuwärmen. Dann begann
er damit, die Segel zu setzen. Dabei bemerkte er am Horizont im Osten einen hellen Lichtpunkt, wie ein Stern, der sich hartnäckig
weigerte, im Tagesanbruch zu verblassen.
Er hielt inne und beobachtete, wie der Lichtpunkt heller und größer wurde. Irgendwann hörte er das charakteristische Knattern
eines Hubschraubers. Rasch sprang er unter Deck. Lisa sah erschrocken von ihrer Arbeit auf.
»Wir bekommen Besuch«, sagte er. »Und ich fürchte, diesmal wird uns kein Gewitter retten.«
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80.
Deutsche Bucht/Nordsee,
Samstag 6:10 Uhr
Das ohrenbetäubende Stakkato der Rotoren machte jede Verständigung unter Deck unmöglich. Das Boot wurde von dem künstlichen
Wind hin und her geworfen. Der Helikopter musste unmittelbar über ihnen schweben.
»Hier spricht der Bundesgrenzschutz. Kommen Sie mit erhobenen Händen an Deck«, dröhnte eine Lautsprecherstimme. »Ich wiederhole,
kommen Sie sofort mit erhobenen Händen an Deck. Andernfalls werden wir von der Schusswaffe Gebrauch machen!«
|322| Mark und Lisa sahen sich an. Wieso war es der Bundesgrenzschutz und nicht die Küstenwache oder die Polizei von Westerland,
die sie gestellt hatte? Und wie hatte man sie gefunden? Hatte ein vorbeifahrendes Schiff das scheinbar führerlos dahintreibende
Segelboot gemeldet? Oder hatte Pandora einen Aufklärungssatelliten genutzt?
Mark und Lisa kletterten an Deck. Ein Suchscheinwerfer blendete sie. Sie hoben die Hände.
»Setzen Sie sich auf den Bug und lassen Sie die Hände oben. Versuchen Sie nicht, das Boot zu steuern oder ins Wasser zu springen.
Anderenfalls werden wir auf Sie schießen.«
Mark und Lisa gehorchten. Mit erhobenen Händen saßen sie im grellen Licht, während der Helikopter über ihnen dröhnte. Undeutlich
erkannte Mark neben dem Scheinwerfer die Umrisse eines Mannes, der sich aus der geöffneten Seitentür des Hubschraubers beugte
und sich an einem Seil herabließ. Kurze Zeit später sprang er an Bord. Er trug mattschwarze Schutzkleidung und richtete den
Lauf einer Maschinenpistole auf sie. Zwei weitere Männer folgten. Sie zwangen Mark und Lisa, sich flach auf das Deck zu legen.
Marks Arme wurden brutal auf den Rücken gezerrt und mit einem Plastikband gefesselt. Einer der Männer machte ein Zeichen zum
Helikopter, der daraufhin aufstieg und in einiger Entfernung kreiste.
»Boot gesichert«, brüllte der andere, nachdem er die Kajüte in Augenschein genommen hatte.
Mark versuchte, sich aufzusetzen. »Was soll das?«, rief er. »Wir sind doch keine Verbrecher!«
Der Mann, der sie bewachte, stieß ihn zurück. »Bleiben Sie liegen und rühren Sie sich nicht!« Sein Tonfall ließ keinen Zweifel
daran, wie ernst er es meinte. Wie auch immer Pandora und Diego das angestellt hatten – offensichtlich hielt man sie beide
für Terroristen.
Eine lange Zeit lagen sie so, während die aufgehende Sonne die Wolken in Flammen setzte. Sie sahen sich an, und |323| Mark hatte das schreckliche Gefühl, dass ihre Liebesbeziehung so schnell und überraschend endete, wie sie begonnen hatte.
In Lisas Augen schimmerten Tränen, aber sie lächelte tapfer. Er lächelte zurück und versuchte, eine Zuversicht zu zeigen,
die er nicht empfand. Wie gern hätte er jetzt ihre Hand gehalten, um ihr ein bisschen Trost zu spenden.
Endlich hörte Mark das Dröhnen mächtiger Dieselmotoren. Ein Schnellboot im Grau der Marine kam längsseits. Sie wurden hochgehoben
und auf Tragen geschnallt, die normalerweise für das Bergen von Verletzten Verwendung fanden. Ein kleiner Kran hievte sie
an Bord des Kriegsschiffs. Sie wurden in einen Raum unter Deck gebracht und auf zwei schmale Pritschen gelegt. Dann wurde
der Raum verschlossen.
»Was soll das?«, schrie Mark. »Ich will einen Anwalt sprechen! Nehmen Sie uns wenigstens diese verdammten Fesseln ab!«
Niemand schien ihn zu hören.
»Hören Sie zu«, sagte er laut. »Ich weiß, dass uns irgendjemand belauscht. Ich bin Mark Helius, Vorstand der Softwarefirma
Distributed Intelligence. Einer meiner Mitarbeiter hat heimlich eine gefährliche Software namens Pandora ins Internet gebracht,
die eine eigene Intelligenz entwickelt hat. Diese Software kann auch die Computer der Polizei manipulieren. Was immer Sie
glauben, das wir getan haben – es ist nicht wahr. Wir sind keine Terroristen.
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