Das System
»Und jetzt?«
Marks Augen glitten über ihren schlanken Körper, als würden sie ferngesteuert. Er konnte nicht sprechen.
»Ich glaube, wir sollten uns ein bisschen aufwärmen«, sagte Lisa. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und schmiegte ihren
warmen Körper an seinen Bauch. Er legte seine Arme um sie und presste sie an sich. Einen Moment standen sie so und genossen
einfach die Wärme, als wage keiner von ihnen, den ersten Schritt zu tun. Dann begannen Marks Hände wie von selbst, Lisas Rücken
und Po zu streicheln. Sie erwiderte seine Bewegungen, rieb sich an ihm. Sein Körper signalisierte längst deutlich, was er
wollte. Doch er hatte das Gefühl, dass er sich im Zaum halten musste. Das hier war zu wichtig, zu wertvoll, um es überhastet
zu tun.
|314| Lisa hob ihren Kopf und küsste ihn sanft auf die Lippen. Ihre Hand strich dabei zärtlich über seinen Nacken. Er erwiderte
ihren Kuss. Überwältigt von Verlangen drückte er sie so eng an sich, dass sie kaum Luft bekam. Ihre Zungen trafen sich wie
alte Bekannte und setzten den Tanz fort, der am Mittag so jäh unterbrochen worden war.
Plötzlich löste sich Lisa von ihm. Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn ernst. Marks Körper schrie auf vor Enttäuschung.
»Willst du es nicht?«, fragte er leise.
»Doch, ich will es. Sehr sogar. Aber …«
»Es ist ernst, nicht wahr?«
Sie lächelte. »Ernst, ja. Ernst, aber nicht hoffnungslos.«
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78.
Flagstaff/Arizona,
Freitag 12:11 Uhr
Sybil Shepard saß in einem kleinen, schmucklosen Raum im Gebäude der Militärpolizei auf dem Kasernengelände, auf dem auch
ihr Institut untergebracht war. Der Colonel des militärischen Abschirmdienstes beugte sich vor und musterte sie mit seinen
intelligenten, misstrauischen Augen. »Dieser Pandora, wie hat er mit Ihnen Kontakt aufgenommen?«
Shepard stöhnte. »Das hab ich Ihnen doch schon ein Dutzend Mal erzählt!«
Der Colonel nickte. »Sie haben mir erzählt, dass er Sie von außen über einen Internet-Browser kontaktiert hat. Wir beide wissen,
dass das nicht sein kann. Das Computernetz der Basis ist absolut sicher gegen Eindringlinge. Außerdem haben wir das überprüft.
Im ganzen Netzwerk und auf Ihrem Computer sind keinerlei Aufzeichnungen eines solchen Zugriffs zu verzeichnen. Aber das habe
ich Ihnen auch alles schon mehrfach gesagt.«
|315| »Wir drehen uns im Kreis. Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich bin kein Systemadministrator und kann Ihnen nicht sagen, wie
er es gemacht hat. Ich kann Ihnen nur beschreiben, was ich gesehen habe. Sie können ja Thomas Lehmann fragen. Er war dabei.«
»Ihr Mitarbeiter bestätigt Ihre Geschichte. Aber das macht sie nicht wahr.«
»Was unterstellen Sie mir eigentlich? Ich bin doch zu Ihnen gekommen, oder? Wenn ich Spionage betreiben wollte, würde ich
doch wohl kaum den Abschirmdienst auf den Plan rufen!«
»Ich unterstelle gar nichts«, sagte der Colonel. Er lehnte sich zurück und faltete die Hände auf dem Tisch. »Ich will nur
wissen, was wirklich passiert ist.«
»Herrgott noch mal!« Shepard barg für einen Moment das Gesicht in den Händen. Sie saß jetzt schon seit vier Stunden in diesem
Raum. Niemand hatte ihr etwas zu trinken angeboten. Außerdem musste sie mal. »Ich habe Ihnen gesagt, was wirklich passiert
ist! Können wir diese Spielchen nicht endlich sein lassen?«
»Kommen wir noch mal zu der Sache mit dem Panzer. Sie sagen, Sie können sich die Fehlfunktion nicht erklären. Richtig?«
»Richtig.«
»Und Sie behaupten, dieser Pandora sei daran schuld.«
»Ich habe nichts dergleichen behauptet.«
»Aber Sie halten es für möglich.«
»Ich kann es zumindest nicht ausschließen. Ich meine, es ist doch merkwürdig, dass diese Kontaktaufnahme geschah, kurz nachdem
der AT-1 verrücktspielte. Außerdem hatte er den Source Code. Es ist denkbar, dass er ihn manipuliert hat.«
Der Colonel nickte, als sei das die einzig logische Erklärung. »Und diesen manipulierten Code hat er dann irgendwie in den
Panzer geschleust. Wahrscheinlich ist er nachts in die Basis eingedrungen, hat den Panzer aufgeschraubt und einen Chip ausgetauscht.«
|316| »Das ist doch Blödsinn!«
»Eben.«
Shepard spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Bloß keine Schwäche zeigen vor diesem bornierten Arschloch. »Ich sage
Ihnen zum hundertsten Mal, ich weiß nicht, warum der AT-1 sich so verhalten hat, und ich weiß nicht, wie der Unbekannte an
den Source Code
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