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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Schmetterling. Einen Moment lang staunte er
     nur über die Schönheit dieses Anblicks. Dann begriff er, was er sah.
    Es war ein fast quadratisches Stück Folie, auf dem einige Rechtecke aus Silizium im Sonnenlicht glänzten. Irgendwie musste
     es von einem der Solarkollektoren abgerissen worden sein. Vielleicht hatte ein Meteorit oder ein Stück Weltraumschrott die
     fragile Konstruktion durchschlagen. Wenn es so war, dann hatten sie verdammtes Glück gehabt, dass der Gegenstand nicht die
     Hülle getroffen hatte.
    Ein erneutes Krachen ertönte, und fast im selben Moment schrillte der Alarm. Diesmal taumelte ein größeres Bruchstück des
     Kollektors langsam am Fenster vorbei. Waren sie in einen Schwarm von Schrottteilen geraten? Dann konnte jede Sekunde ihre
     letzte sein.
    Eines der Telefone an der Wand piepte rhythmisch. Am Muster des Tons erkannte Cantoni, dass es sich um Kanal 1 handelte. Er
     drückte die entsprechende Taste.
    »Cantoni?«
    Der Missionsleiter der Amerikaner, John Edwards, war am Apparat. »Hier ist der MD. Was ist denn los bei euch da oben, Andrew?
     Wir empfangen Erschütterungen und einen Abfall der Energieversorgung. Bitte Statusreport.«
    »Ich habe keine Ahnung, was hier los ist.« Cantoni war es egal, ob Edwards die Verzweiflung in seiner Stimme hörte. |342| »Juri ist in Zvezda und versucht …« Sein Blick fiel auf die gegenüberliegende Wand, an der die Kontrollen für den Roboterarm
     angebracht waren. »Augenblick. Ich melde mich wieder.«
    Er beendete die Kommunikation. Augenblicklich begann das Telefon erneut zu piepen. Cantoni ignorierte es und schwebte hinüber
     zu den Kontrollen. Auf dem Monitor war ein Ausschnitt der Station zu sehen. Das Bild bewegte sich ruckartig hin und her. Einer
     der Solarkollektoren kam ins Bild. Ein großes Loch klaffte in einem der Flügel. Die Kamera schoss darauf zu, und im selben
     Moment ertönte wieder das metallische Krachen.
    Cantoni griff den Steuerknüppel und versuchte, den Arm unter Kontrolle zu bringen. Doch jede Bewegung seiner Hand wurde durch
     eine gegenläufige Computersteuerung konterkariert. Es war, als versuche er, ein störrisches Pferd zu bändigen. Der Roboterarm
     schwenkte hin und her, bäumte sich auf, streckte sich und zog sich zusammen. Der Schweiß perlte auf Cantonis Stirn, als er
     seinen stummen Kampf mit dem Gerät ausfocht. Immerhin gelang es ihm zu verhindern, dass der Arm erneut den Solarkollektor
     traf und noch größeren Schaden anrichtete.
    »Was machst du da? Bist du verrückt geworden?« Cantoni wurde an der Schulter gepackt und brutal nach hinten gerissen. Der
     Steuerknüppel entglitt ihm. Er schoss durch die Station und knallte mit der Schulter gegen eine der Steuerkonsolen, die daraufhin
     ein aufgeregtes Piepen von sich gab.
    Orlov starrte ihn mit wilden Augen an. »Du Verräter!«, brüllte er. »Ich bringe dich um!«
    »Ich habe nur versucht …«, begann Cantoni, aber im selben Moment ertönte erneut ein Krachen, dumpfer diesmal, und ersparte
     ihm weitere Erklärungen. Orlov starrte mit aufgerissenen Augen auf den Monitor, auf dem deutlich zu erkennen war, wie sich
     die Spitze des Roboterarms von der Außenwand der Station entfernte. Ein großes Stück des |343| Isolierschaums, der die Station umgab, war herausgebrochen. Darunter war die nackte Metallhülle zu sehen, die nur zwei Millimeter
     dick war – der einzige Schutz zwischen ihrem Habitat und der unbarmherzigen Umgebung des Weltraums. Man konnte deutlich eine
     Beule erkennen. Die Isolierschicht hatte den Schlag des Arms gedämpft. Ein zweiter Schlag auf dieselbe Stelle würde die Hülle
     mit Sicherheit zerstören und sie innerhalb von Sekunden töten.
    Orlov packte die Steuerung des Roboterarms und kämpfte mit dem eigenwilligen System, genau wie sein Kollege zuvor.
    Cantoni nahm den Telefonhörer ab, der die ganze Zeit nervtötend gepiept hatte.
    »MD hier. Ich will sofort einen Statusreport …«
    »Der Roboterarm spielt verrückt.«
    »Spielt verrückt? Was soll das heißen?«
    »Er bewegt sich unkontrolliert und beschädigt Teile der Station. Es ist, als ob er fremdgesteuert wäre.«
    »Das ist unmöglich. Niemand kann von außen in das System eindringen.«
    »Dann muss es das System selbst sein, das den Arm steuert.«
    »Ihr müsst das Ding sofort abschalten.«
    »Was, glaubst du, versuchen wir gerade? Der beschissene Computer schaltet ihn jedes Mal wieder ein!«
    »Hör zu, Andrew, wir können hier unten nicht nachvollziehen, was

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