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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf ihn. Woher hatte sie die Knarre? Egal. Die Kräfteverhältnisse
     waren eindeutig, jedenfalls für den Augenblick, und Diego wusste aus Erfahrung, dass er Lisas Entschlossenheit nicht unterschätzen
     durfte. Er nahm langsam die Hände hoch. »Was soll das? Nimm das Ding runter. Ich bin nur hier, um zu reden.«
    Lisa schnaubte verächtlich. »Reden? Pandora hat dich geschickt, um uns zu töten. Du hast dich zu ihrem Werkzeug gemacht. Du
     bist nichts als ein dressierter Hund. Irgendwann wird sie dich an die nächste Straßenlaterne binden oder zu Tode prügeln,
     so wie Rainer Erling.«
    Diego improvisierte. Darin war er schon immer gut gewesen. Er legte allen Charme in seine Stimme und war wieder der große
     Lausbub, frech und ein bisschen naiv, als der er sich schon so oft aus der Klemme geredet hatte.
    »Du verstehst sie nicht, Lisa. Sie ist ein unglaubliches Wesen. Intelligenter, als wir beide es jemals sein werden. Aber sie
     ist nicht böse. Du darfst sie nicht töten! Ich bin hier, weil Pandora euch ein Friedensabkommen vorschlagen will.«
    Er hatte gehofft, dass das Thema Frieden bei Lisa, die schon auf mehr als einer Antikriegsdemo mitmarschiert war, ziehen würde.
     Aber er sah ihr an, dass er damit nicht durchkam. »Und deshalb schickt Pandora dich?«, fragte sie kühl. »Mit dem Klappmesser
     in der Hand?«
    |347| Er schaffte es, peinlich berührt zu lächeln, und steckte die Waffe weg. »Eine reine Vorsichtsmaßnahme«, sagte er.
    »Das hier auch«, sagte Lisa und deutete auf die Pistole. »Und jetzt setz dich schön brav auf den Stuhl da vorne.«
    Hinter Lisa öffnete sich eine Bürotür. Langsam, lautlos. Diego erfasste die Situation instinktiv. Jemand hatte Helius verletzt.
     Dieser Jemand hatte auch die Pistole gehabt. Er war Lisas Feind und somit Diegos Verbündeter, zumindest für den Moment. Und
     er war noch hier. Jetzt kam es darauf an, die Aufmerksamkeit der beiden Frauen auf sich zu ziehen. Er hob die Hände. »Schon
     gut, ich setze mich hier hin. Aber du machst einen Fehler. Ich weiß, dass du einen Virus ins Netz gespielt hast, um Pandora
     zu vernichten.«
    Ein dicker Mann mit verquollenem Gesicht öffnete die Tür lautlos und bewegte sich mit langsamen, erstaunlich grazilen Schritten
     auf Lisa zu. In den Händen hatte er ein Kabel, das zu einer Schlinge geformt war. Die eine Hand hielt er merkwürdig verkrümmt,
     und sein Gesicht war schmerzverzerrt. Er war verletzt. Er würde versuchen, die Schlinge über Lisas Kopf zu werfen und ihr
     die Luft abzuschnüren, aber wahrscheinlich würde er es nicht schaffen, sie bis zur Bewusstlosigkeit zu würgen.
    Der Mann warf Diego einen Blick zu, in dem ein stummes Verständnis lag: Sie waren beide auf derselben Seite – auf der Seite
     von Pandora.
    Diego unterdrückte den Impuls, ihm zuzunicken. »Lisa, wir müssen den Virus stoppen. Wir müssen Pandora helfen, ein Gegenmittel
     zu finden. Dazu brauche ich den Source Code des Virus! Bitte!«
    »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich …«
    »Pass auf, Lisa!«, rief die Rothaarige, die zufällig einen Blick in ihre Richtung geworfen hatte. Lisa fuhr herum und richtete
     die Pistole auf den Dicken, der sie fast erreicht hatte.
    Diego sprintete los. Bevor sie reagieren konnte, hatte er sich auf sie geworfen.
    |348| Sie wand sich unter ihm, trat und biss, kämpfte wie eine Löwin. Wilde Erregung durchflutete seinen Körper – das hier war wie
     Sex, nur besser. Er drückte sie mit seinem enormen Gewicht nach unten. Lisa war eine geschickte Ringerin, aber sie hatte das
     meiste von Diego gelernt, und es hatte einen Grund, dass bei Wettkämpfen die Ringer nach Gewichtsklassen eingeteilt wurden.
     Sie hatte keine Chance.
    Es dauerte nur Sekunden, bis Diego ihr die Waffe entrissen hatte. Er rollte sich ab und sprang auf die Füße, die Pistole gegen
     Lisa gerichtet.
    »Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?« Der Dicke sprach mit starkem englischem Akzent.
    Diego grinste. »Ein Freund von Pandora.«
    Der andere nickte. »John Grimes, Vorstandsvorsitzender von Distributed Intelligence. Vielen Dank, dass Sie unser Eigentum
     vor den Übergriffen dieser verwirrten Menschen gerettet haben. Die Firma wird sich für Ihre Unterstützung erkenntlich zeigen!«
    Diego verzog das Gesicht. Sie kannten sich nicht mal eine Minute, und der Fettsack ging ihm schon auf die Nerven.
    »Vielen Dank für Ihre Großzügigkeit! Allerdings bezweifle ich, dass Pandora Ihr Eigentum ist. Und gerettet haben wir sie

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