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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nur dann, wenn die Station dem Sonnenlicht
     ausgesetzt war.
    Meistens stoppte die Drehung der ISS nach weniger als 90, spätestens nach 180 Grad. Doch der Computer hatte offenbar beschlossen,
     dass sich die beiden Astronauten eine Karussellfahrt verdient hatten. Die Steuerdüsen beschleunigten die Drehung langsam,
     aber stetig. Immer schneller drehten sich die Erde und die Sterne um sie. Es war eine beängstigende, Übelkeit erregende Bewegung.
    Einer von Orlovs berüchtigten Flüchen erklang aus Cantonis Kopfhörer – eine bisher ungehörte Variante. »Wir müssen uns beeilen«,
     sagte er. »Wir müssen den Spin so schnell wie möglich korrigieren, sonst ist die Station verloren.« Er hakte sein Halteseil,
     das immer noch an Cantonis Raumanzug befestigt war, aus, um sich schneller bewegen zu können.
    Sie hangelten sich zur Basis des Arms. Orlov löste die Verkleidung, so schnell er konnte, während Cantoni den Arm überwachte
     und versuchte, nicht auf die Sterne und die riesige Erdkugel zu achten, die ihn umkreisten.
    Ihm fiel etwas ein. »Juri, wenn wir den Arm jetzt lösen, und die Station hat immer noch den Spin, dann kann es passieren,
     dass er in eines der Solarsegel kracht.«
    »Das müssen wir riskieren«, sagte der Kommandant. »Immerhin führt der Spin dazu, dass sich der Arm von selbst von der Station
     entfernt. Das könnte uns nützlich …« Orlov stockte.
    Als ahne der Arm, welches Schicksal ihm bevorstand, kam |364| Bewegung in ihn. Er zog sich zusammen und rollte sich ein wie eine Schlange, streckte sich wieder, bis er vollkommen gerade
     von der Station abstand. Dann schoss er herab wie eine Peitsche. Das Ende traf Orlov. Er verlor den Halt und wurde von der
     Station fortgeschleudert, bis sein Sicherungsseil sich spannte.
    Cantoni hörte einen erstickten Schrei, dann nur noch Rauschen. »Juri! Mein Gott …« Er starrte auf den Kommandanten, der durch
     die Drehung der Station gegen das Gittergerüst des Truss gedrückt wurde. Er hing dort mit ausgebreiteten Armen und Beinen,
     das Gesicht Cantoni und dem Roboterarm zugewandt. In der verspiegelten Scheibe seines Helms war ein deutlicher Riss zu erkennen.
    »Juri! Bist du okay?« Cantoni stieß sich ab, um dem Russen zu helfen, doch er hatte seine Bewegung, die durch den Spin der
     Station beeinflusst wurde, nicht richtig berechnet und landete mehrere Meter von Orlov entfernt. Sein Halteseil verhakte sich
     an einer Gitterstrebe und zwang ihn, sich ein Stück zurückzuhangeln und es zu lösen.
    Als er Orlov erreichte, wurden seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Der Schlag des Arms hatte die Plexiglasscheibe des
     Helms zerspringen lassen. Das Vakuum hatte den Rest erledigt.
    Cantoni sprach ein kurzes Gebet. Dann löste er das Vielzweckwerkzeug von Orlovs Gürtel und hangelte sich zurück zur Basis
     des Roboterarms, der inzwischen wieder vollkommen reglos war, als spiele er den Unschuldigen.
    Seltsamerweise spürte Cantoni keine Angst mehr, sondern nur noch Wut. Dieses verfluchte Ding hatte seinen Kameraden getötet.
     Er würde ihn rächen!
    Er arbeitete konzentriert und schnell. Innerhalb weniger Minuten hatte er die Verkleidung entfernt und die strukturelle Verankerung
     des Arms gelöst. Die ganze Zeit über bewegte der Arm sich nicht, so als sei er bereit, sich in sein Schicksal zu ergeben und
     die Strafe für seine Tat zu erdulden. |365| Erst als die mechanische Verbindung gelöst war und er nur noch an ein paar Kabeln hing, kam Bewegung in den Apparat. Er beugte
     und streckte seine Glieder, doch da er jetzt keinen festen Halt mehr an der Station hatte, waren die Bewegungen weniger heftig
     und nicht mehr so gefährlich. Die tonnenschwere Konstruktion kippte langsam in Richtung der Solarkollektoren.
    So schnell wie möglich riss Cantoni die letzten Kabel aus den Steckverbindungen. Die Bewegungen des Arms erstarben. Er gab
     ihm einen kräftigen Stoß, und die Fliehkraft tat ein Übriges. Langsam schwebte die Apparatur davon, dicht an den Solarsegeln
     vorbei. Das letzte Stück schrammte daran entlang, ohne jedoch großen Schaden anzurichten. Dann war sie außer Reichweite.
    Cantoni sah ihr ein, zwei Augenblicke nach. Dann machte er sich daran, Orlovs Leiche in die Luftschleuse zu bugsieren. Er
     hatte den Kampf mit dem Roboterarm überlebt, aber seine Schwierigkeiten waren noch lange nicht zu Ende. Er musste den Spin
     der Station stoppen, und dann musste er mit der Sojus-Rettungskapsel zur Erde zurückkehren, zusammen mit

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