Das System
geträumt.«
Lisa lächelte. »Hast du Angst gehabt, du müsstest sterben?«
Mark sah sie ernst an. »Nein. Ich habe nur gerade gedacht, was ist, wenn Pandora nicht gestorben ist? Wenn sie nur hohes Fieber
hatte?« Er stand auf. Es tat weh, sein Bein zu belasten, aber es war auszuhalten. Er ignorierte Lisas Proteste und zog einen
weißen Krankenhaus-Bademantel über. |378| »Wenn Pandora noch lebt, habe ich keine Lust, hier herumzuliegen, wo sie mich jederzeit erwischen kann. Komm. Hier gibt es
doch bestimmt irgendwo ein Internet-Terminal.«
Lisa stützte ihn. Langsam gingen sie den Gang entlang. Niemand hielt sie auf. Schließlich war es nichts Ungewöhnliches, dass
ein Patient, der noch nicht wieder richtig gehen konnte, ein paar Übungsschritte auf dem Gang machte und dabei von einer Angehörigen
gestützt wurde.
»Wenn Pandora noch leben würde«, sagte Lisa, »würde sie doch weiterhin versuchen, uns umzubringen, oder? Das tut sie nicht.
Außerdem funktionieren alle Computersysteme inzwischen wieder normal. Es gibt wirklich keine Anzeichen dafür, dass sie die
Virusattacke überlebt hat. Es ist vorbei. Du wirst sehen, wenn wir DINA aufrufen, werden wir keine Reaktion mehr bekommen.«
Mark nickte langsam. »Da hast du wohl recht.«
Lisa sah ihn überrascht an. Sie hatte offensichtlich mit mehr Widerstand gerechnet. »Dann kannst du dich ja jetzt wieder hinlegen.«
»Nein«, sagte Mark. »Im Gegenteil. Ich habe eine Idee. Weißt du, wo Diego gewohnt hat?«
»Was? Warum?«
»Wir müssen dorthin!«
»Du spinnst wohl! Ich fahre doch nicht quer durch die Stadt mit dir, in dem Zustand, in dem du bist!«
»Hör zu, Lisa, und vertrau mir! Ich habe ein verdammt ungutes Gefühl. Wenn ich mich irre, lege ich mich wieder ins Krankenhausbett
und halte die Klappe. Versprochen. Wenn nicht, ist es unsere einzige Chance.«
»Unsere einzige Chance? Was meinst du?«
»Nehmen wir mal an, Pandora lebt noch. Alle Computer funktionieren normal, und sie unternimmt augenscheinlich keinen weiteren
Versuch, uns zu töten. Was würde das bedeuten?«
»Was weiß ich. Dass sie Angst hat, noch einmal angegriffen |379| zu werden, und sich irgendwo in einem Winkel des Internet versteckt. Oder dass sie so geschwächt ist, dass sie nicht mehr
klar denken kann.«
»Vielleicht. Aber es könnte auch etwas ganz anderes heißen.«
»Was denn?«
»Dass sie einen weiteren Angriff gegen uns plant. Einen endgültigen Schlag. Sie hat Angst, das glaube ich auch. Sie hat gesehen,
dass wir ihr gefährlich werden können. Nehmen wir an, sie hat unseren Angriff knapp überlebt, indem sie eine Art Immunsystem
gegen deinen Virus entwickelt hat. Was würdest du an ihrer Stelle tun, in einer fremden, feindlichen Welt?«
»Keine Ahnung.«
»Ich würde versuchen, den Feind endgültig zu vernichten. So, wie wir es mit ihr versucht haben. Wir haben sie als Bedrohung
für die Menschheit gesehen. Sie sieht die Menschheit als Bedrohung für sich an.«
»Du meinst, sie will die ganze Menschheit vernichten?«
»Das wäre das, was ich wahrscheinlich tun würde, wenn ich an ihrer Stelle wäre. Es ist genau das, was wir mit ihr versucht
haben.«
Lisa wurde blass. »Aber wie? Wie könnte sie uns alle umbringen? Meinst du, sie könnte einen Atomkrieg auslösen?«
»Unwahrscheinlich. Damit würde sie sich selbst vernichten, weil die Atomraketen nicht nur die Menschen, sondern auch die technische
Infrastruktur, ihren Körper, zerstören. Nein, Atomraketen funktionieren nicht. Sie muss einen Angriff führen, der fast alle
Menschen auf einen Schlag auslöscht und die Technik unangetastet lässt.«
»Wie soll das gehen?«
Mark blickte in Lisas große dunkle Augen. »Genauso, wie wir sie angegriffen haben: mit einem Virus.«
[ Menü ]
|380| 94.
Barneysford/Utah,
Sonntag 9:12 Uhr
Dr. Herb Grant tippte die Nummer der Charge in das Terminal. Auf dem Monitor erschien die Beschreibung: »Dihexatrimysol. Antivirales
Serum. Charge #399-722-185b. Status: Experimentell. Kategorie: 1 – potentiell schädlich – unter Verschluss zu halten. Nur
von militärmedizinischem Fachpersonal unter klinischer Aufsicht anzuwenden.«
Grant drückte die Bestätigungstaste, und das System begann leise zu surren. Hier, im Forschungszentrum für biologische Kampfstoffe
der US-Armee in Barneysford, Utah, nannten sie das System nur »den Schrank«. Tatsächlich sah es so aus wie ein massiver, rot
lackierter Stahlschrank mit einer eingebauten
Weitere Kostenlose Bücher