Das System
Sicherheitsschleuse zurück in den Forschungsbereich,
wie immer mit dem leicht unguten Gefühl im Bauch, dass er hier mit Dingen hantierte, die von Gott nicht dafür vorgesehen waren,
von Menschen manipuliert zu werden.
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|383| 95.
Hamburg-Dulsberg,
Sonntag 18:30 Uhr
Diegos Apartment in Dulsberg, einem Teil von Wandsbek im Hamburger Osten, befand sich im dritten Stock eines heruntergekommenen
Mietshauses. Die massive Tür war mit einem komplizierten Sicherheitsschloss versehen, doch die Polizei war bereits da gewesen
und hatte sie aufgebrochen. Die Beamten hatten notdürftig einen Riegel mit einem Vorhängeschloss angebracht, das für Lisa
kein Problem darstellte. Gelbes Absperrband warnte jeden davor, die Wohnung zu betreten, und ein Siegel war über Tür und Rahmen
geklebt. Mark und Lisa ignorierten beides.
Der Mief einer Einzimmerwohnung, die zu selten gelüftet und gereinigt wurde, empfing sie. Das Apartment bestand aus einem
einzigen großen Raum mit Kochnische, in der sich schmutziges Geschirr und leere Pizzaverpackungen stapelten, einem großen,
ungemachten Bett mit schwarzer Satinbettwäsche und einem Schreibtisch, der ähnlich wie Lisas mit einer ganzen Reihe von Computern
beladen war. Mark atmete auf, als er sah, dass die Polizei die Rechner noch nicht mitgenommen hatte.
Er setzte sich in den bequemen Ledersessel, den Diego als Schreibtischstuhl benutzte, während Lisa sich einen Hocker aus der
Kochnische holte. Dumpfer Schmerz pochte in seiner Seite, doch das Medikament, das Lisa unterwegs aus der Apotheke geholt
hatte, machte ihn erträglich.
»Meinst du, du kommst da rein?«, fragte er, als sie die Rechner hochfuhr.
Sie schüttelte den Kopf. »Keine Chance. Er ist ein Cracker. Sein System ist sicher besser gesichert als die meisten Militärcomputer.«
Mark erschrak. »Dann hat das alles keinen Sinn!«
Sie schüttelte den Kopf und deutete auf den Schlitz für |384| eine dieser altmodischen 3,5-Zoll-Disketten. »Ich habe eine Bootdisk eingelegt. So was macht man normalerweise nur in Notfällen,
wenn die Festplatte kaputt ist und der Rechner sich nicht mehr starten lässt. Ich komme nicht an seine Daten ran, aber ich
kann ein neues Betriebssystem installieren. Damit komme ich ins Netz.«
»Aber ist das nicht praktisch dasselbe, als wenn du einen völlig anderen Rechner nimmst?«
»Nein. Jeder Rechner hat bestimmte Merkmale und Identifikationszeichen, die in der Hardware fest codiert sind, wie eine Art
Fingerabdruck. Das benutzen zum Beispiel die Softwarehersteller, um sicherzustellen, dass eine Software nur auf einem bestimmten
Computer laufen kann. Anhand dieser Merkmale wird Pandora, falls sie noch existiert, Diegos Rechner identifizieren. Sie wird
sicher merken, dass wir ein neues Betriebssystem installiert haben, aber mit ein bisschen Glück wird sie trotzdem glauben,
dass wir Diego sind.«
Mark nickte. Wenn er beweisen wollte, dass Pandora noch existierte, musste er sie zu einem Lebenszeichen bewegen. Gespannt
beobachtete er, wie Lisa verschiedene Software installierte und eine Internetverbindung aufbaute. Sie gab die DINA-URL ein,
und das vertraute Eingabefeld erschien.
»Pandora? Bist du da?«, tippte Lisa.
»Ihre Eingabe konnte nicht interpretiert werden.«
Mark und Lisa sahen sich an.
»Pandora, hier ist Diego. Bitte melde dich!«
Wieder nur eine Fehlermeldung. »Na bitte«, sagte Lisa und lächelte. »Bist du jetzt beruhigt?«
»Nein.« Mark schob seinen Sessel näher an den Computer und beugte sich über die Tastatur. »Pandora, ich brauche deine Hilfe«,
tippte er. »Ich habe meinen Tod nur vorgetäuscht und bin geflohen. Ich habe den Source Code für den Virus, den Lisa Hogert
entwickelt hat. Wenn du willst, lade ich ihn hoch.« Er drückte die Eingabetaste.
|385| Einen Moment lang geschah nichts. Dann erschien eine Antwort auf dem Bildschirm: »Das ist nicht nötig.«
Mark wurde einen Moment schwindlig. Er umklammerte die gepolsterte Lehne seines Schreibtischstuhls. Lisa sog hörbar die Luft
ein.
»Du hast recht gehabt«, flüsterte sie. »Gott steh uns bei. Pandora lebt!«
»Soll das heißen, der Virus hat nicht funktioniert?«, tippte Mark.
»Ich war krank. Jetzt bin ich wieder gesund.«
»Das ist schön, Pandora«, tippte Mark. »Was wirst du jetzt tun?«
»Ich werde euch töten.«
Mark starrte auf den Bildschirm. Seine schlimmsten Befürchtungen begannen, sich zu bestätigen. »Wen meinst du mit
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