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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Tastatur, einem Monitor und einer quadratischen Klappe mit einem Glasfenster,
     das etwa fünfzig Zentimeter Kantenlänge aufwies. Das Fenster war aus sieben Zentimeter starkem Panzerglas, und es gab keinen
     Öffnungsmechanismus.
    Eigentlich war der Schrank nur eine Art Bahnhof in einem komplexen, unterirdischen Logistiksystem, einem verzweigten Netz
     aus Transportschienen, automatischen Verpackungsanlagen und Kühlräumen, das von einem zehn Meter dicken Stahlbetonmantel umgeben
     war. Und das war auch gut so, denn der Inhalt des Schranks stand sicher ganz oben auf der Liste der Sehnsüchte aller terroristischen
     Vereinigungen weltweit. In seinem unterirdischen Bauch lagerten experimentelle Impfstoffe gegen Krankheiten, die es noch gar
     nicht gab, die aber dank der Gentechnik im Bereich des Möglichen waren. Und natürlich wurden hier auch Krankheitserreger aufbewahrt,
     gegen die Ebola wie Schnupfen aussah. Deshalb wurde der Schrank von einem unbestechlichen Computersystem gesteuert, das die
     wirklich gefährlichen Stoffe nur nach umfangreichen Sicherheits- und Identitätsprüfungen herausrückte.
    |381| Niemand außer einem Wahnsinnigen würde wohl jemals auf die Idee kommen, einen Erreger, der eine Sterblichkeitsquote von 99,85
     Prozent und die Ansteckungsrate einer gewöhnlichen Grippe aufwies, als Waffe einzusetzen. Jeder vernünftig denkende Mensch
     musste wissen, dass er damit nicht nur den Feind, sondern auch die eigene Bevölkerung vernichten würde. Es gab keinen sicheren
     Schutz gegen solche Viren, denn einmal in die Natur entlassen, mutierten sie schnell. Der eigentliche Zweck des Forschungszentrums
     bestand daher darin vorauszuahnen, was ein verrückter Diktator oder Terrorist in einem Biotech-Labor irgendwo am Ende der
     Welt eines Tages heranzüchten würde, ob absichtlich oder nicht, und dann so gut wie möglich darauf vorbereitet zu sein.
    Wie jeder hier wusste auch Grant längst, dass diese Hoffnung vergeblich war. Wenn tatsächlich jemand eines Tages einen Virus
     der Sicherheitskategorie »Extrem gefährlich« freisetzte, würde der größte Teil der Weltbevölkerung dran glauben müssen, inklusive
     der Idioten, die den Virus losgelassen hatten. Man konnte nur beten und hoffen, dass das nie passieren würde. Insofern hatte
     das Forschungszentrum zumindest einen wichtigen Zweck schon erfüllt: Es hatte auch dem letzten Phantasten im Pentagon klargemacht,
     dass alle Träumereien von der Weltherrschaft durch Biotechnik Unfug waren.
    Aus diesem Grund waren die Wissenschaftler in »Devil’s Kitchen«, wie sie das Labor inoffiziell nannten, dazu übergegangen,
     sich mit lösbaren Aufgaben, wie der Bekämpfung der Vogelgrippe oder von AIDS, zu beschäftigen. Die Charge, die Grant anforderte,
     war ein neuartiger Virenhemmer, der zwar nicht wie ein Impfstoff Menschen immunisieren, aber die Ausbreitung von Viren verlangsamen
     konnte. Für den Fall einer Grippe-Pandemie, die Virologen seit langem befürchteten, sollte er vor allem die amerikanischen
     Streitkräfte schützen. Er sollte nun an einigen Soldaten getestet werden, die |382| unter einer gewöhnlichen Grippe litten und sich freiwillig für den Test gemeldet hatten, vermutlich ohne genau zu wissen,
     auf was sie sich einließen. Das Medikament war bisher noch nie an Menschen angewendet worden, aber alle Tierversuche waren
     sehr erfolgreich verlaufen.
    Ein kleiner Metallkoffer mit großen, orangefarbenen Biohazard-Aufklebern und einem elektronischen Zahlenschloss wurde von
     einem Förderband in die Ausgabeklappe gefahren. Grant tippte seinen Sicherheitscode ein und legte eine Handfläche auf den
     Scanner – mehr war bei der niedrigsten Gefahrenklasse nicht notwendig.
    Mit einem leisen Klick öffnete sich die Klappe. Grant nahm den Koffer heraus und brachte ihn durch die Sicherheitsschleuse
     zu dem Militärkurier, der ungeduldig auf die Uhr sah. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat«, sagte Grant. »Aber wir
     hatten hier gestern einen Computerausfall, und …«
    »Schon gut«, sagte der Leutnant, der die Charge entgegennahm. »Bei uns war auch das blanke Chaos. Vielleicht sollten Sie hier
     mal ein Gegenmittel gegen Computerviren erfinden.«
    Grant lächelte leicht. »Tut mir leid, nicht unsere Baustelle.«
    Der Kurier verabschiedete sich mit militärischem Gruß und trat in die Luftschleuse, die das Labor von der Außenwelt hermetisch
     abriegelte. Grant sah ihm einen Augenblick nach und kehrte dann durch die

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