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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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der Computer instabil
     ist, kann uns das jeden Moment das Leben kosten, das weißt du. Wir sollten mit der Sojus zur Erde zurückkehren. Ein paar Wochen
     kann die Station unbemannt bleiben, und die nächste Crew kann dann mit einer neuen CPU …«
    »Großer Gott im Weltraum, womit habe ich das verdient!«, rief Orlov auf Russisch. »Wieso muss ausgerechnet ich mit dieser
     Memme fliegen? Was habe ich getan?« Dann brüllte er plötzlich so laut, dass Cantoni das Gefühl hatte, vom Luftdruck ein Stück
     weggeweht zu werden: »Das ist Meuterei! Solange ich Kommandant bin, wird so etwas hier nicht einmal gedacht! Diese Station
     wird nicht aufgegeben, und damit basta! Hast du Furz-im-Hirn eigentlich eine Ahnung, was das alles hier gekostet hat? Weißt
     du, wie viele Menschen dort unten hungern müssen, weil das Geld nicht in Essen investiert wurde, sondern in diesen Haufen
     Weltraumschrott? Hast du verdammtes Weichei eine Ahnung, was für ein Privileg es ist, hier sein zu dürfen? Und jetzt willst
     du die Station aufgeben! Einfach so, weil dir zu warm ist!« Er stieß eine lange Reihe russischer Flüche aus.
    Als die Energie seines Ausbruchs verraucht war, sprach er etwas leiser weiter, aber immer noch funkelte Zorn in seinen Augen.
     »Was denkst du, was an Bord der MIR los war? Wenn da an einem Tag nur die Heizung nicht richtig funktionierte, |109| haben wir das als Erfolg gefeiert! Was wäre wohl passiert, wenn wir bei der ersten kleinen Schwierigkeit einfach abgehauen
     und zur Erde zurückgekehrt wären? Meinst du, wir hätten die MIR dann fünfzehn Jahre in der Umlaufbahn gehalten, mehr als doppelt
     so lange wie ursprünglich geplant? Das hier ist Pionierarbeit, kein verdammter Luxusurlaub!«
    »Schon gut«, sagte Cantoni. Er kam sich jetzt tatsächlich wie ein Feigling vor und konnte nicht anders, als einen gewissen
     Respekt vor Orlovs Treue zur ISS zu empfinden. »Ich habe ja nur gedacht …«
    »Zähl du deine Pilze und überlass das Denken mir«, sagte Orlov.
    Cantoni sah ihn einen Moment lang an, wandte sich um und schwebte durch das Zarya-Modul zum Unity-Verbindungselement, das
     als Knotenpunkt für den geplanten weiteren Ausbau der Station fungierte. Es war gleichzeitig die Verankerung für den großen
     Gitteraufbau, den sogenannten Truss, an dem die riesigen Solarsegel und der kanadische Roboterarm der Station befestigt waren,
     und beherbergte die Luftschleuse, die für den Ausstieg in den Weltraum benutzt wurde.
    Er erreichte das Destiny-Modul und machte sich daran, zu retten, was von seinen Pflanzen noch übrig war. Die Beschäftigung
     würde ihn vielleicht so weit beruhigen, dass er in das Wohnmodul zurückkehren und etwas frühstücken konnte. Die Anzeige neben
     den Terrarien zeigte eine Temperatur von fünfundfünfzig Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von achtzehn Prozent an. Klimabedingungen
     wie in der Sahara im Hochsommer. Kein Wunder, dass die Pflanzen verdorrt waren. Er erhöhte die Wasserzufuhr und schaltete
     die Heizung für die Terrarien aus. Dann begann er, den exakten Zustand der einzelnen Pflanzen auf einem Klemmbrett zu notieren.
    Ein Flackern, das er aus dem Augenwinkel wahrnahm, ließ ihn innehalten. Er sah sich in dem engen Labor um, konnte jedoch nichts
     Ungewöhnliches erkennen. Vielleicht war es eine der Neonröhren gewesen, die an zwei der vier Kanten |110| des langgestreckten, rechteckigen Raumes angebracht waren und den Astronauten ein Gefühl für das gaben, was man auf der Erde
     »oben« genannt hätte.
    Er wollte sich wieder den Pflanzen zuwenden, da bemerkte er das Flackern erneut. Ein Monitor an der Wand, ein Stück weit in
     Richtung des Schotts, hatte sich augenscheinlich von selbst aktiviert.
    Cantoni stieß sich vorsichtig ab und schwebte zum Monitor. Es war einer von drei Bildschirmen, die zur Überwachung und Steuerung
     des siebzehn Meter langen Roboterarms benutzt wurden. Darunter waren ein Laptop und zwei Steuerknüppel angebracht, mit denen
     man den Arm bewegen konnte. Der Arm war dafür angebracht worden, weitere Module an der halbfertigen Station zu montieren.
     Er war schon eine ganze Weile nicht mehr benutzt worden, seit der Ausbau aufgrund der Probleme der Amerikaner mit dem Spaceshuttle
     ins Stocken geraten war.
    Auf dem Bildschirm war die Erde zu sehen, die langsam vorbeiglitt. Er erkannte die Umrisse der französischen Atlantikküste.
     Dann schwenkte die Perspektive plötzlich, und die ISS selbst kam ins Blickfeld. Wie eine lange

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