Das System
Begeisterung über die künstliche Intelligenz haben müssen.
Er überlegte kurz, ob er noch einmal zu ihr fahren und sie um Verzeihung bitten sollte. Aber das hatte wohl nicht viel Sinn.
Lisa würde ihm wahrscheinlich verzeihen, aber sie würde ihm nicht helfen, Pandora zu vernichten. Außerdem wollte er sie nicht
noch mehr in die Sache hineinziehen – immerhin war nach wie vor die Polizei hinter ihm her. Seine einzige Chance war jetzt,
John Grimes irgendwie doch noch dazu zu bringen, den DINA-Kernel-Server abzuschalten – was etwa dem Versuch gleichkam, Gewitterwolken
zu überzeugen, nicht zu regnen.
Mary, fiel ihm ein. Vielleicht konnte sie heimlich …
»Ihren Fahrschein bitte.« Mark sah erschrocken auf. Er hatte den jungen Kontrolleur mit dem Bürstenhaarschnitt nicht kommen
sehen. Er hatte doch ein Ticket gekauft … Er |193| suchte seine Taschen ab, während der Mann gelassen wartete und ihm damit signalisierte, dass er nicht von seiner Seite weichen
würde. Als er in die Hosentasche griff, spürte er etwas Ungewohntes. Überrascht zog er Lisas Haustürschlüssel hervor. Er hatte
vergessen, ihn gestern nach dem Pizzaholen wieder zurück in die Schale auf dem kleinen Eckschrank zu legen.
»Junger Mann, Ihren Fahrschein bitte!«, sagte der Kontrolleur mit einigem Nachdruck, obwohl Mark deutlich älter war. Er entschuldigte
sich und kramte schließlich das Ticket hervor. Offensichtlich enttäuscht, dass er sich diesmal keine Fangprämie verdienen
konnte, zog der Kontrolleur weiter.
Die U-Bahn fuhr in die nächste Station ein. Eine Ansage informierte alle Passagiere, dass aufgrund einer Signalstörung der
Verkehr vorübergehend ausgesetzt werden müsse, und die Bahn entschuldige sich für die Unannehmlichkeiten. Mark zuckte zusammen.
Die Signale wurden sicher von einem Computer kontrolliert. Einem Computer, der mit dem Internet verbunden war, wie alle anderen
Computer … Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich bildete er sich alles nur ein. Vermutlich wurde er allmählich paranoid,
was angesichts der Morde und seiner Flucht kein Wunder war.
Er stieg aus, zählte sein Geld – er besaß noch knapp zweihundert Euro - und beschloss, eine Taxifahrt zu Lisa zu riskieren.
Kurze Zeit später klingelte er an ihrer Wohnung. Niemand öffnete. Er wartete einen Moment, dann schloss er die Tür auf, um
den Schlüssel in die Schale zu legen. Ein seltsames Geräusch drang aus dem Schlafzimmer, ein dumpfes, klagendes Stöhnen.
»Lisa? Sorry, wenn ich dich geweckt habe, aber ich hatte aus Versehen deinen Schlüssel mitgenommen.«
Das Geräusch wurde intensiver, flehender: »Mmmm …«
Verwirrt ging Mark den kurzen Flur entlang. »Lisa?«
Er warf einen vorsichtigen Blick durch die Schlafzimmertür, |194| die leicht geöffnet war. Der Anblick versetzte ihm einen Schock.
Lisa lag nackt auf dem Futon. Arme und Beine waren mit Handschellen und Stoffstreifen an die Füße des niedrigen Bettgestells
gefesselt, so dass sie hilflos auf dem Rücken ausgestreckt war. Ihr Brustkorb hob und senkte sich von heftigen Atmenzügen.
Sie sah Mark mit aufgerissenen Augen an, schüttelte wild den Kopf, während sie verzweifelt versuchte, sich verständlich zu
machen, obwohl ihr Mund mit silbrigem Klebeband bedeckt war. »Mmmm…«
»Lisa! Was …« Er lief zu ihr, um sie zu befreien.
Er nahm den Mann nur aus den Augenwinkeln wahr, nutzte jedoch den Schwung seiner Bewegung, um über Lisas nackten Körper hinwegzuhechten.
Ein harter Schlag traf ihn an der Schulter, der eigentlich seinem Kopf gegolten hatte. Er landete auf der anderen Seite des
Futons und rollte sich ab, doch jemand warf sich auf ihn, packte seine Oberschenkel. Jemand, der sehr schwer und kräftig war.
Mark rammte seinen Ellenbogen nach hinten und traf den Schädel des Angreifers, der aufstöhnte. Doch der Griff um seine Beine
lockerte sich nicht. Wenn der Mann es schaffte, ihn mit seinem ganzen Gewicht zu Boden zu drücken, hatte Mark keine Chance
mehr.
Verzweifelt sah er sich um. Neben dem Bett stand ein kleiner Nachtschrank mit einer metallenen Tischlampe darauf. Er versuchte,
sie zu erreichen, doch sie war zu weit entfernt. Es gelang ihm nur, einen Fuß des Schränkchens zu greifen. Er zog das Möbel
ein Stück zu sich heran. Die Lampe fiel herab und rollte in seine Griffweite.
Doch jetzt hatte sich der Angreifer weiter vorgearbeitet und Marks linkes Handgelenk zu fassen bekommen. Er zog den Arm zurück
und presste
Weitere Kostenlose Bücher