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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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donnerte meine Faust gegen seinen Backenknochen, worauf hin er bewusstlos zusammensackte. Blut rann aus seiner Nase. Den Mund hatte er leicht geöffnet. Ich hörte ihn atmen.
    Mittlerweile war ich sicher, dass der Mann nicht alleine hier war. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der andere hier auftauchte.
    Ich fasste den Mann unter den Achseln und zog ihn aus dem Appartement zum Lift. Dort ließ ich ihn liegen. Die Waffe steckte ich in meinen Hosenbund und warf sie auf dem Weg zu meinem Wagen in einen Mülleimer.
    Ich musste Beweise finden u nd die se konnte mir nur das Mädchen aus dem Wagen liefern. Die Zeit drängte, denn diese Männer jagten mich, weil sie überzeugt waren, ich wäre der Mörder. Der Werwolf hatte gute Überzeugungsarbeit geleistet.
     
     
    12. August 2011
    2:45 nachmittags (32 Stunden früher)
     
    Als ich das Haus meiner Eltern verlassen wollte, kam ich an der Kellertreppe vorbei. Die Tür stand offen und mich ergriff das Gefühl, dass ich im Atelier meines Vaters weitere Antworten finden würde. Wie ein Sog zog es mich die Treppen nach unten und kurz darauf stand ich in jenem Zimmer, wo sich mein Vater zurückzog und sich in die Welt seiner Fantasie flüchtete.
    Nach seinem Tod hatte ich versucht, sein Werk fortzuführen. Ich malte die Primaballerina. Wieder und wieder. Ich wollte sie tanzen lassen, ohne Seile und ohne diesen traurigen Gesichtsausdruck. Jedes einzelne Bild hatte ich an die Wand geheftet und so entstand für mich der Eindruck, ich hätte sie befreit. Vielleicht hatte ich meine Malerei als Therapie gesehen, da mich das Bild aus dem Wohnzimmer als Kind sehr beschäftigt hatte. Meine Vater hatte mir immer wieder erklärt, dass er lediglich eine Puppe gemalt hatte, eine Marionette, als Symbol dafür, dass die Balletttänzerinnen nur nach vorgegebenen Mustern tanzten und nicht ihrer eigenen Kreativität freien Lauf ließen. Auch wenn ich versuchte, seine Erklärung anzunehmen – für mich war das Bild grauenhaft. Wie die anderen Bilder, die Vater gemalt hatte, von denen er ebenfalls behauptete, dass er nicht verstehen konnte, wie ich auf meine Interpretationen kommen würde. Blutende Felsbrust, unsichtbare Monster in dem Fluss. Er sprach sogar mit meiner Mutter, ob es nicht sinnvoll wäre, mich von einem Psychiater untersuchen zu lassen.
    Vom Atelier führte ursprünglich eine schwarze Tür in einen weiteren Raum. Unser Haus war auf eine n Keller gestellt worden, der von einem Abrisshaus übriggeblieben war. Er war um einiges größer als die Grundrisse unseres Hauses und mein Vater hatte vorgehabt, den überflüssigen Raum für mich aufzuheben, als Hobby- oder Fitnessraum. Ich hatte mi ch vor diesem Raum gefürchtet – u nd das hatte einen guten Grund.
    Meine Eltern waren fortgefahren, zu Freunden auf Long-Island. Ich hatte gebettelt , nicht mitfahren zu müssen, was mein Vater sc hließlich auch tolerierte. A n jenem Tag hatte ich diesen Raum zum ersten Mal betreten.
    Ich öffnete die Tür einen Spalt. Es roch muffig und nach Moder. Irgendwo musste auch eine tote Maus oder Ratte liegen, da sich zu dem Geruch Verwesung mischte. Ich wollte mich nur kurz umsehen , weil mein Vater sich immer wieder weigerte, mich hinein zu lassen. »Da gibt es nichts zu sehen«, hatte er beteuert . G enau das wollte ich an diesem Tag überprüfen.
    Ich drückte die Tür ganz auf, be trat den Rau m und versuchte etwas zu erkennen. Aber da war nichts. Mein Vater hatte Recht gehabt. Als ich den Raum enttäuscht wieder verlassen wollte, fiel die Tür ins Schloss. Kurz darauf hörte ich im Atelier ein helles Klingeln, wie Metall, das auf Beton fiel. Es war der Türknauf. Später stellte sich heraus, dass die Tür nur von der Atelier-Seite zu öffnen war – der Knauf an der Innenseite fehlte.
    Ich versuchte verzweifelt die Tür zu öffnen, gab aber nach einer halben Stunde auf. Ich konnte nur warten bis meine Eltern zurückkamen und sie dann auf mich aufmerksam machen.
    Der Betonboden war nass und kalt, und die Dunkelheit schien durch die Augen in mich einzudringen. Ich hörte kleine , flinke Füße über den Boden hetzen und wusste, dass es sich dabei nur um eine Ratte handeln konnte. Die Geräusche kamen näher und ich stellte mir vor, wie dieses Tier früher oder später an mir nagen würde.
    Wasser tropfte von der Decke, was vermutlich vom Regen herrührte, der seinen Weg durch den Rasen auf die Kellerdecke gefunden hatte. Ich begann zu frieren und immer wieder hörte ich dieses Platschen, das durch

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