Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)
der Polizei nur der Mörder kennen. Ich wusste nun, wo ich den Beweis finden würde, der den Zusammenhang zwischen den beiden Mordfällen belegen und mit dem die Polizei den Mörder überführen konnte. Alles, was ich dazu brauchte, war ein Boot.
12. August 2011
5:45 abends (neunundzwanzig Stunden früher)
Während ich in mein Appartement fuhr, dachte ich an Dave. Ich starrte auf mein Handy und bemerkte, dass der Akku leer war. Es war inzwischen Abend und Dave würde vermutlich sauer auf mich sein, aber er würde es verstehen, sobald ich i hm von den Dingen erzählte , die sich in der Zwischenzeit zugetragen hatten.
Zwei Männer standen auf dem Weg zur Haustür. Vielleicht war es nur Einbildung, aber ich hatte das Gefühl, dass sie auf mich gewartet hatten. Mein Gefühl bestätigte sich nicht, da mich beide zwar kurz ansahen, als ich bei der Hütte des Portiers vorbei ging, aber dann wieder in Richtung Straße blickten. Bei der Haustür drehte ich mich noch einmal um. Die Männer waren verschwunden.
Im Appartement legte ich mich auf die Couch und dachte darüber nach, welche Schritte ich als nächste setzen sollte. Ich musste einen Beweis dafür finden, dass das Mädchen aus dem Wagen ebenso wie Patricia ermordet worden war. Es musste einen Zusammenhang geben, mit dem ich mich dann an die Polizei wenden konnte. Nur welchen?
Ich starrte auf die Bilder, die ich im Atelier gemalt hatte. Patricia konnte ich eindeutig identifizieren. Aber wer waren die anderen Mädchen? Alle saßen in einem Rollstuhl, alle waren im gleichen Alter, sofern man das anhand der Zeichnungen beurteilen konnte. Und dann der Werwolf als Mörder. Aber wieso hatte Any mir den Mörder in dieser Form geschickt? Ich blickte auf das Bild, wo die Schlange in den Hals des Wolfes biss. Dann durchzuckte es mich wie ein Blitz. Ich kannte diese Schlange. Sie schlich sich von hinten an, leise und gefährlich und biss das Monster in den Hals. Der Werwolf als Sinnbild des Bösen. Any wusste, wie sehr ich mich vor dem Werwolf fürchtete. Sie wusste, was ich damit verbinden würde und dass ich auch den Hinweis mit der Schlange verstehen würde. Any hat te mir den Mörder geliefert. Klar und deutlich. Und sie zeigte mir auch, dass es noch mehr Mädchen gab, die in Gefahr waren. In diesem Moment wurde mir bewusst, wie verdächtig ich mich machen würde, wenn die Polizei diese Bilder sah. Ich konnte sie ihnen erst zeigen, wenn ich die Schuld des Mörders – und damit meine Unschuld – beweisen konnte. Ich musste sie verstecken.
Nach langem Hin und Her entschied ich mich für das Bild im Schlafzimmer. Natürlich würde man die Zeichnungen früher oder später finden, doch nur dann , wenn man auch danach suchte, u nd außer mir wusste niemand, dass sie existierten. Ich nahm das Bild von der Wand und klemmte die fünf Blätter hinter den knienden Feuerwehrmann.
Ein leises Klacken bei meiner Wohnungstür. Noch während ich mich umdrehte, stand ein Mann im Zimmer. Ich konnte nicht sagen, ob es einer der beiden war, die ich unten getroffen hatte. Er richtete eine Waffe auf mich.
»Wo sind sie?«, fragte er und kam langsam näher. Ich ging davon aus, dass er die Mädchen meinte, obwohl mir der Zusammenhang nicht klar war. Wo die beiden Mädchen waren, wusste er genau so gut wie ich: im Leichenschauhaus. Also konnte er nur die drei anderen meinen, was mich verwirrte. Ich war davon ausgegangen, dass sie die nächsten Opfer gewesen wären, aber dieser Mann machte den Eindruck, als wäre das Verbrechen bereits geschehen.
»Was meinen Sie?«, fragte ich und hob die Hände.
»Wir wissen, dass du sie hast«, zischte er.
Der Mann schien von meiner Schuld überzeugt zu sein. Aber warum? Welche Hinweise machten ihn so sicher? Und vor allem: Woher hatte er sie?
Die letzte Frage konnte ich mir beantworten. Der Mörder hatte ihn auf mich angesetzt u nd da der Mann sich nicht als Polizist auswies, ging ich davon aus, dass er in engem Kontakt mit den Mädchen gestanden hatte. Vielleicht ein Vater? Vermutlich, denn er schien fest entschlossen, die Schusswaffe einzusetzen, um an die Informationen zu gelangen. Für eine Diskussion war jetzt nicht die Zeit.
»Ich habe sie nicht«, sagte ich . »Aber ich will sie finden, genau wie Sie.«
»Halt‘s Maul!«
Die Tür fiel ins Schloss . Kurz blickte der Mann nach hinten. Ich packte die Pistole, drückte sie zur Seite und schleuderte den Mann gegen die Wand. Sein Hinterkopf krachte gegen die Mauer. Er wankte benommen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher