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Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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»Leidenschaften? Macht ist alles, was ihn interessiert. Er hält sich für Englands wahren König.«
    »Richtig, aber kein Mensch ist gern weniger, als er scheint. Bislang musste der Lord die Macht – egal, wie hoch er gestiegen ist – stets teilen.«
    »Nur dem Anschein nach«, sagte Scheyfve erbost.
    »Vorsicht! Wer dem Schein traut, traut dem Teufel! Lasst Euch nicht blenden und ins Dunkel ziehen. Dudley ist nicht die Quelle des Lichts, das ihn umgibt. Er ist nur ein Schatten der Macht, er ist schwach. Soll ich nun ziehen?«
    Wieder führte Scheyfve den Becher zum Mund. Enoch hatte recht, der zweite Schluck war schon erträglicher. Und der Gedanke, dass Dudley nicht wirklich mächtig war, erst recht. Über den Rand des Bechers nickte er dem Propheten auffordernd zu.
    Enoch wählte – ohne hinzuschauen – eine Karte und deckte sie auf. Sie zeigte einen Menschen, der, aus dem Schlaf hochgeschreckt, die Hände vor sein Gesicht schlägt. Vor schwarzem Hintergrund hingen neun Schwerter an der Wand, ein Holzschnitt im Bettkasten zeigte zwei Fechter, von denen einer zu Boden gegangen war. Die Decke des Bettes war mit Rosen bestickt.
    »Die neun Schwerter!«, rief der Seher triumphierend. »Es ist die Gegenkarte zu Euren neun Kelchen! Wer sie zieht, sollte lernen, auf Gottes Gnade zu hoffen – dafür stehen die Rosen.« Er nickte. »Fürwahr, das ist weise.«
    Scheyfve tippte auf die Schwerter. »Und was haben die vielen Klingen zu bedeuten? Plant Dudley einen Krieg?«
    »Mag sein. Im Tarot stehen Schwerter für das dünne Element der Luft und für die Herrschaft des Verstandes.«
    Scheyfve musste husten. »Und Dudley hat ganze neun davon? Soll das heißen, der Lord ist klüger als ich?« Missmutig stellte er den Becher ab.
    »Im Gegenteil, es heißt, dass Dudley Opfer eines überreizten Verstandes ist, der ihm nichts mehr nutzen kann! Er hat Angst. Er kann nicht länger als Erster Minister hinter einem Thron stehen. So wie die Kanzler König Heinrichs des Achten, von denen die größten auf dem Schafott endeten: Thomas Morus, Cromwell und Wolsey. Auch Dudleys Vater verlor als Schatzmeister unter Heinrich seinen Kopf. Dudley ahnt, dass es auf Dauer ein tödlicher Fehler ist, einen Herrscher beherrschen zu wollen.«
    Scheyfve zog nachdenklich die Brauen zusammen und bedeutete Enoch, zu schweigen.
    »Wollt Ihr sagen, dass es Dudleys Ziel ist, sich selbst auf den Thron zu bringen statt Jane Grey?« Er schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich, egal, wie lange Edward noch lebt. Ein solches Testament würde er nie aufsetzen, und das Parlament würde nicht zustimmen! In Dudleys Adern fließt kein Tropfen königliches Blut, und den Titel eines Herzogs hat er sich selbst verliehen.«
    »In der Tat«, erwiderte Enoch. »Dudley muss eine andere Hoffnung hegen, um seine Macht vollkommen zu machen. Hier.« Er hielt Scheyfve die Karten hin. Der griff beherzt zu und murrte unwillig. Er sah ein Paar, das strahlend einen Regenbogen begrüßte. Neben ihm tanzten sorglose Kinder, wieder schwebten Kelche über allem. »Das Bild einer glücklichen Bauernfamilie. Danach sehnt Dudley sich gewiss nicht.«
    »Nein, Ihr seid es, der sich auf ein geruhsames Landleben im Kreis Eurer Familie freut. Bedenkt, dass nicht Dudley diese Karte gezogen hat. Aber auch er kennt den Wert einer Familie. Sie verleiht uns nicht notgedrungen das Gefühl von Liebe, aber sie verbindet uns mit Vergangenheit und Zukunft. Sie ist das, was auf Erden der Unsterblichkeit am nächsten kommt. Aus dem Tod seines Vaters hat Dudley gelernt, dass es wichtig ist, das Beil zu besitzen, doch das Beil besitzt nur der, der auch das Gesetz ist.«
    »Das Gesetz ist und bleibt der König«, sagte Scheyfve.
    Enoch nickte. »Gewiss, und Dudley ist nur der Königsmacher, aber er ist auch Vater. Damit hat er dem sterbenden Edward etwas voraus ...«
    »Wartet, wartet!«, unterbrach Scheyfve ihn hastig. »Ich beginne zu verstehen. Dudley will seinem Sohn sichern, was er für sich nicht erreichen kann.«
    Enoch nickte wieder.
    Scheyfve überlegte. Schließlich führte er prostend den Becher an den Mund und schmeckte den Wein. Mit einem Mal war er mild und süß. »Dudleys Sohn Guildford ist im Testament des Königs nur als Prinzgemahl vermerkt. Darum lebt Edward noch, unter entsetzlichen Schmerzen und in ständiger Todesfurcht. Der Lord wird ihn erst erlösen, wenn Edward seinem Sohn genau wie Jane Grey den Titel eines Regenten verliehen hat. Die Kinder von Jane Grey und Giuldford

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