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Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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reichte ihr das fertige Untergewand aus Muschelseide, das später durch einen Schlitz im mantelartigen Obergewand blitzen würde. Cass streifte das Kleid über Schnürbrust und Flachshemd, der Marquis nestelte lose Ärmel aus gepufftem weißen Batist durch die Ösen in den Schulternähten. Ah, darüber die damastenen Schleppärmel der Robe und der Brustvorsatz!
    »Magnifique! Die Farbe trifft es genau. Wartet, ich hole das Oberkleid. Es ist fast fertig. Und später versuchen wir es mit dem Reifrock.« Pfeifend eilte er in den angrenzenden Raum.
    Cass warf einen schnellen Blick zum Spiegel. Trinke nicht aus dem vergifteten Brunnen der Eitelkeit!  Verärgert runzelte sie die Stirn. Schmücke dich nicht um der Bewunderung willen. Gottes Liebe allein ist unwandelbar.
    Schluss mit diesem Unsinn! Sie wusste sehr wohl, dass sie keine Schönheit nach höfischem Geschmack war. Blond und sanft, aber ... Sie wagte es kaum zu denken: Jesus Christus! Sie konnte – auf ihre Weise – hübsch sein! Hatte Antoine de Selve sie schon immer so gesehen? Ihr nicht nur geschmeichelt?
    Hör nicht auf die, die sagen, alles an dir sei grau wie von Stein. Du bist meine Taube, die Makellose!
    Sie fühlte eine Welle unbändiger Freude in sich hochsteigen. Wie so oft in den letzten Tagen wurde ihr fast übel vor Glück. Fast? Verfluchtes Mieder! Cass drehte sich vom Spiegel weg, wollte noch die Hand vor den Mund schlagen. Zu spät. Sie erbrach sich in hohem Bogen auf die Truhe und ihr Wollkleid.
    Sie keuchte, rang nach Atem, würgte noch einmal, spie Erbrochenes aus. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so sterbenselend und ausgeliefert gefühlt. Diese plötzliche Übelkeit ... Cass stockte der Atem. Rührte sie von ... Gift? Sie meinte ersticken zu müssen, als ein trockenes Würgen ihre Kehle verschnürte. Angstvoll rang sie nach Atem, krümmte sich, biss die Zähne aufeinander, zwang den Anfall nieder.
    Sie wischte sich zitternd die Stirn. Langsam richtete sie sich auf. Es hieß, ein weißes Pulver rufe genau diese Art des Erbrechens hervor, gefolgt von entsetzlichen Durchfällen. Schon unter Heinrich dem Achten war es mehrfach eingesetzt worden – damals gegen katholische Bischöfe und meist von bestochenen Köchen. Edwards Vater hatte eigens ein Gesetz über die Bestrafung von Giftmördern erlassen. Seither wurden sie bei lebendigem Leib in Öl gesotten. Vergebens! Die Giftmischerei blieb ein beliebtes Mittel der unblutigen Vernichtung.
    Edward argwöhnte seit Kurzem, dass die Spanier oder Katholiken seines Kronrates ihm diesen Tod in kleinen Dosen verabreichten. Der ganze Hof schwirrte von dem Gerücht, seine Gegner wollten den Machtwechsel herbeizwingen. Der junge König hatte ihr einige seiner früheren Vertrauten aufgezählt, die aus unerklärlichen Gründen erkrankt und gestorben seien. Hatte sie sich verraten?
    Aber sie war doch nur Cass, eine Ketzerwaise, die Ziehtochter von ... Sie starrte in den Spiegel. Nackte Todesfurcht starrte zurück.
    Dudley!
    Er würde nicht zögern, sie zu töten, falls er ihren Verrat entdeckt hatte!

10.
    »He, wach auf!« Nat spürte eine harte Stiefelspitze zwischen den Rippen. Sie roch wie immer nach Pferdepisse. Er grunzte missmutig. Nichtstun war eine verdammt schwierige Aufgabe in Greenwich. Zumindest in den Stallungen. Auf den Palastkorridoren sah das anders aus. Unbedeutende Höflinge wie der Page – also die Mehrzahl – waren Meister im Nichtstun, bemantelten dies jedoch durch eifriges Geschwätz und sinnloses Gerenne. Verflixte Bohnenstange! Unwillig drehte Nat sich auf seinem Strohlager zum Pagen um.
    »Wasn jetzt schon wieder?«
    »Ich hab einen Auftrag für dich.«
    Der Page beugte sich zu ihm herunter und schielte nach allen Seiten. Wichtigtuer! Als ob ihn hier jemand beachten würde! Die Stallungen von Greenwich glichen einem Bienenkorb, niemand zählte hier Gesichter. Jeder niedere Höfling quartierte zwischen den Pferdeboxen ein paar dienstbare Geister ein, die ihm laut Hofprotokoll und Rang nicht zustanden.
    Junge Streuner wie Nat balgten sich nachts um die Strohlager und um das Essen, das ihre selbst ernannten Herrschaften aus den Küchen für sie abzweigten. Dafür verlangten diese Angeber eine Menge Gefälligkeiten. Schließlich waren sie auf den Korridoren so ausführlich mit Nichtstun beschäftigt, dass für Verrichtungen wie Stiefelputzen oder das Ausbürsten ihrer Kleider kaum Zeit blieb. Beides hatte Nat heute schon erledigt.
    »Du musst sofort einen Brief

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