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Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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das Fluchen und das Werbegeschrei.
    Konnte es sein, dass es Eilboten aus Greenwich waren? Dudleys Boten, die den Tod des Königs verkünden würden? Sein Sohn hatte ihn heute Morgen gewarnt. Samuels Dienstherr Scheyfve glaubte, Edward habe schon sein Testament gemacht, und Katholiken wie Protestanten rüsteten zum Gefecht um die Thronfolge. Es war höchste Zeit, Vorkehrungen zu treffen, die geheime Korrespondenz der Opal-Bruderschaft zu sichten und das Notwendige zu verbergen. Die Zeiten gemäßigter Toleranz konnten bald zu Ende sein.
    Das Knarren der Kontortür riss Lambert van Berck aus seinen Gedanken. Er klappte seinen Schreibkasten zu, verräumte Tintenfass, Siegellack und Streusandbüchse, als ließe sich am Schreibwerkzeug der Inhalt der Botschaften ablesen, die er nachts verfasste. Eine Stimme riss ihn herum.
    »Du hast wieder nicht geschlafen?«
    Lunetta, seine Frau, stand im Türrahmen, hielt ein Talglicht in der Rechten und schaute ihn sorgenvoll an.
    »Doch, doch«, beschwichtigte Lambert sie, glitt aus seinem Lehnstuhl und zog sie über die Schwelle ins Kontor und in seine Arme.
    »Guten Morgen, meine Schöne.« Er nahm Lunettas Gesicht zwischen beide Hände und küsste ihre Stirn. So wie er es seit neunzehn Jahren an jedem Morgen tat, wenn er nicht auf Reisen war. Lunetta lehnte sich still an ihn. In einer Stunde würde das Kaufmannshaus zum Leben erwachen, und es bliebe weder Zeit noch Gelegenheit für vertrauliche Gespräche. Lambert strich eine Strähne ihres dunklen Haars aus ihrer Stirn. Lunetta griff nach seinem Daumen. »Du blutest?«
    »Nur ein Unfall mit dem Federmesser. So wie es sich für einen biederen Kaufmann gehört«, scherzte ihr Mann.
    »Es könnte ein Omen sein«, flüsterte Lunetta. Sie griff nach einer Karaffe mit uisge beatha – jenem schottischen Wasser des Lebens, das in London immer beliebter wurde –, schenkte einen Schluck davon in einen Pokal und benetzte den Daumen ihres Mannes mit der Flüssigkeit.
    »Das brennt«, tadelte ihr Mann, »und außerdem trinke ich ihn lieber.« Er nahm den Pokal und leerte ihn in einem Zug. »Möchtest du auch?«
    Lunetta schüttelte den Kopf. »Ach Lambert, ich habe kein gutes Gefühl dabei, gerade jetzt eine Glaubensverfolgte zu beherbergen! Wenn Edward stirbt, brechen ungewisse Zeiten an. Ein Machtwechsel zieht immer Verhaftungen nach sich. Wir hätten diesmal ablehnen sollen.«
    Lambert zog sie wieder zu sich heran. »Lunetta, beschwöre keine Geister. Deine Zeiten als Tarotspielerin sind lange vorbei! Wir sind sicher. Jahrelang haben wir die neue Bibel heimlich unter Waffenlieferungen herschmuggeln müssen, aber seit Edward auf dem Thron sitzt, macht sie uns reich. Das Wort Gottes ist ertragreicher als Kölns Schwerter und Solingens Klingen, und im Gegenzug helfen wir verfolgten Katholiken. Da soll einer sagen, Toleranz sei dumm. Sieh mich an. Ich bin Mitglied des Londoner Magistrats und der Gilde der City Merchants. Ein feister Pfeffersack, wie Samuel sagt.«
    Lunetta trat nachdenklich ans Fenster. »Gebe Gott, dass ihm nichts geschieht. Nenn mich feige, aber ich wollte nie, dass Samuel sich in unsere Geheimnisse verstrickt. Ich will, dass er seinen Weg geht, auch wenn es ein anderer ist als unserer.«
    »Er hat einiges wiedergutzumachen. Seine alten Geheimnisse hätten uns weit gefährlicher werden können«, erwiderte Lambert ungeduldig.
    Lunetta legte ihm besänftigend eine Hand auf die Schulter. »Du nimmst ihm noch immer übel, was er als Vierzehnjähriger getan hat. Er ist reifer geworden, Lambert. Verzeih ihm seinen damaligen Leichtsinn und seine Leidenschaft.«
    Der Kaufmann ballte seine Hände zur Faust und starrte auf die gegenüberliegende Häuserfront. Schlagläden wurden aufgestoßen. Ein Nachbar, den wohl auch die Pferde aus dem Schlaf gerissen hatten, hielt ein Nachtlicht in die Gasse und grüßte gähnend herüber. Lambert verneigte sich kurz, während er Lunetta mit wutbebender Stimme antwortete: »Leidenschaft, pah! Hätte Samuel die nur auf unsere Hausmägde gelenkt anstatt auf Politik und Religion! Davon versteht ein junger Hitzkopf nichts.«
    Lunetta seufzte. »Sei froh, dass er unter unserem Gesinde kein allzu großes Unheil angerichtet hat! Mein Gott, die Mädchen haben ihn verfolgt wie der Faden das Weberschiffchen. Er ist hübsch und wird reich erben, zudem weiß selbst unsere Spülmagd, dass wir sie im Falle eines Malheurs nicht im Stich gelassen hätten. Sie hätte für immer ausgesorgt.«
    Lambert machte eine

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