Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
ZUM E NGEL ERHOBEN WURDE .
E INST HIESS ER E NOCH . A N DER S EITE VON E RZENGEL
M ICHAEL FÜHREN WIR DEN ENDLOSEN K AMPF GEGEN
S AMAEL , DEN P RINZEN DER D UNKELHEIT . I CH TRAGE EURE
G EBETE ZU G OTT UND ÜBERMITTLE EUCH SEINE
B OTSCHAFTEN ALS SANFTE E INFLÜSTERUNGEN . M EINE
S TIMME IST LEISER ALS DER F LÜGELSCHLAG DES
S CHMETTERLINGS . N UR DIE KÖNNEN IHN VERNEHMEN , DIE
DER DUNKLEN S EITE ABSCHWÖREN .
I M A UFTRAG DES H ERRN BESCHÜTZE ICH DIE L IEBENDEN ,
UND ICH BIN DER G EIST ALLER M USIK .
F ARBE : G OLDTÖNE
E DELSTEIN : T ÜRKIS
S YMBOL : K ELCH
T IERE : S CHMETTERLING
T AROTKARTE : D ER N ARR
Sandalphons Botschaft: Genieße den Augenblick und sei gewiss,
dass Dunkelheit stets Licht gebiert.
I.
G REENWICH P ALACE
P FINGSTSONNTAG, 21. M AI 1553
Gemächlich löste sich die königliche Barke vom Bootsanleger. Mit einem Schlürfen tauchten die Ruder ins Wasser und hoben sich wieder. Das grün-golden bemalte und beflaggte Prunkboot drehte sich in die Strömung. Im Hafenturm von Greenwich Palace wurden zum Abschied Taschentücher geschwenkt. Ein Knall. Der Wind ergriff die karmesinroten Segel, und die Ruder wurden überflüssig. Die Ruderblätter hoben sich aus dem Wasser, die Bootsleute ließen sie in der Luft verharren, während der Steuermann Kurs auf eine Flottille aus unzähligen Booten nahm, die sich in der Mitte des Flusses versammelt hatte.
Eine heiße Maisonne sog aus den Ufern die Feuchtigkeit heftiger Regenfälle, Dunstschleier trieben über das Wasser und hüllten Teile der Festgesellschaft in Nebel. Auf den Decksplanken brannten Fackeln und glommen Kohlebecken.
Der halbe Hof war auf der Themse versammelt. In gebührendem Abstand schaukelten Barken von Handwerkszünften, Kaufmannsgilden und Klerus auf den Wogen. Am gegenüberliegen Ufer wimmelte es vor Mietbooten, Nachen und Flößen, in denen schaulustige Landarbeiter und Gesellen sich bei Käsebroten, Ale und Zwiebeln auf das Spektakel eines höfischen Hochzeitszuges freuten.
»Dudley verliert keine Zeit, um seine Macht zu sichern«, bemerkte Sir Henry Sidney angewidert und wandte sich von dem geöffneten Palastfenster ab, durch das er beobachtet hatte, wie die Staatsbarke ablegte. Nebelschleier drangen in den Raum. Fahle Spiegel an den Wänden vervielfachten den Schein von Kerzen, die den Dunst gelblich beleuchteten.
Lunetta van Berck interessierten die Sorgen des Höflings ebenso wenig wie die Ambitionen des Lordprotektors Dudley, der heute seinen Sohn mit der möglichen Thronerbin Jane Grey vermählen würde. Lunetta stand wartend abseits, ihre Hände umklammerten einen Leinenbeutel, als wolle sie den Stoff würgen.
»Sagt mir endlich, wo Samuel ist«, forderte sie und fixierte Sidney mit kaltem Blick. »Nach allem, was wir für Euch und unsere Bruderschaft getan haben, verdiene ich zumindest diese Auskunft.«
Sidney wich ihren Augen aus.
Lunetta trat näher an ihn heran, ihre Hände waren so kalt wie ihr Blick. »Ist er tot?«
»Ich weiß es nicht.«
»Warum forscht Ihr nicht nach ihm? Warum veranlasst Ihr keine Bekanntmachung über das Verschwinden eines Höflings und reichen Bürgersohns von London? Warum schickt Ihr keine Männer aus, um ihn im ganzen Land zu suchen?«
»Das kann ich unmöglich offen tun«, wehrte Sidney ab. »Er ist Sekretär des spanischen Botschafters, ein heimlicher Anhänger der Jesuiten, und ich bin der Freund des Königs ...«
»Und ein weit heimlicherer und feigerer Katholik als mein Sohn«, sagte Lunetta heftig. »Samuel handelte in Eurem Auftrag. Ihr habt versprochen, ihn zu schützen, so wie wir immer und immer wieder Eure Freunde und Glaubensbrüder geschützt haben! Ihr seid Opal-Bruder, vergesst das nicht.«
»Ich kann nichts tun. Nicht jetzt.«
Eine Kanonensalve wurde abgefeuert, Fanfarenstöße begleiteten die Fahrt der Königsbarke. Sidney wandte sich – froh über den Lärm – stumm dem Fenster zu. Der Wind drehte und wehte den Klang von Lautenspiel über das Wasser, begleitet von perlendem Lachen. Auf Flößen mit bizarren Pappaufbauten, Burgen, Bergen, Elfenpalästen, begannen Gaukler und Tänzer einen Kampf mit Riesen und Höllengetier. Sogar einen Drachen hatte man auf schwimmende Bohlen montiert. Sein mechanischer Schwanz peitschte über das Holzdeck. Aus glühenden Nüstern spie er Feuersalven über die Köpfe der kreischenden Zuschauer. Funken regneten auf das Wasser hinab und verloschen.
Wieder rollte eine Kanonensalve über das Wasser. Die Schar der Boote
Weitere Kostenlose Bücher