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Das Tartarus-Orakel

Titel: Das Tartarus-Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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ausgefranst. Zaid brachte es zu den anderen.
    »Das ist eine Skizzenleinwand, ein einfaches Hilfsmittel, das die Herrscher des Altertums verwendeten, um die Fortschritte beim Errichten königlicher Bauten in abgelegenen Gegenden überwachen zu können. Diese Stück Stoff wurde von königlichen Boten zum Bauplatz gebracht, wo sie eine Skizze anfertigten. Anschließend brachten sie das Tuch zurück zum König, der sich auf diese Weise ein Bild davon machen konnte, wie weit die Arbeiten fortgeschritten waren.
    Ich habe dieses Tuch in einem Armengrab unter der Stadt Ash Shatra im Zentralirak gefunden – im Grab eines Reiters, der in der Nähe der Stadt gestorben war, nachdem er von Räubern ausgeraubt, für tot gehalten und liegengelassen wurde. Obwohl er in einem Armengrab bestattet wurde, glaube ich, dass es sich in Wahrheit um einen königlichen Boten handelte, der mit einer Skizzenleinwand von den Hängenden Gärten auf dem Rückweg zu Nebukadnezar war. Schaut es euch gut an. Es ist, soweit ich weiß, die einzige Abbildung der Hängenden Gärten von Babylon.«

    »Sieht aus wie eine Höhle in einer Bergwand«, sagte West. »Nur dass man die natürliche Öffnung zu einem prachtvollen Tor umgebaut hat.«
    »Was soll dieses auf dem Kopf stehende Dreieck darstellen, das von der Decke der Höhle hängt?«, fragte Pooh Bear.
    »Sieht aus wie ein riesiger Stalaktit …«, sagte Stretch.
    »Und die Konstruktion unmittelbar darunter, am Boden der Höhle, ist offenbar eine Zikkurat, die noch vom Bauhügel umgeben ist«, sagte West. »Man schüttete Erdhügel auf, wenn man eine Zikkurat bauen wollte, und trug sie wieder ab, wenn das Werk vollendet war.«
    Zaid warf West einen Blick von der Seite zu. »Wenn das eine große Zikkurat wäre, Captain, dann müsste der Stalaktit gut fünfzehn Stockwerke hoch sein. Es wäre gigantisch.«
    »Was haben diese Gitterlinien über den beiden Bauwerken zu bedeuten?«, fragte Lily.
    »Darüber habe ich lange nachgedacht, mein Kind«, erwiderte Zaid. »Ich glaube, es handelt sich um eine Art altes Gerüst – ein aus mehreren Etagen bestehendes Provisorium, das man zum Anlegen der Gärten verwendete. Eins muss man bedenken: Dieses Tuch hält den Fortgang der Bauarbeiten fest – es stellt die im Entstehen begriffenen Gärten dar. Deshalb vermute ich, dass sie ein Hilfsmittel beim Bau sind.«
    »Lily, was bedeuten die Schriftzeichen?«, fragte Pooh Bear.
    »Mein Bruder«, erwiderte Zaid, »das ist nicht im Wort des Thoth geschrieben. Das ist die übliche Keilschrift, verfasst vom Boten des Königs –«
    »Lily kann Keilschrift lesen«, sagte West. »Mach schon, Lily.«
    Lily las den Text. »Hier steht: Bericht über Fortschritte beim Bau. Arbeiten verlaufen planmäßig. Neunzehn Arbeiter tot. Zweiundsechzig verletzt. Verluste hinnehmbar. «
    »Verluste hinnehmbar«, wiederholte Stretch. »Anscheinend haben sich die Despoten in dieser Region im Lauf der Jahrtausende nicht geändert.«

    Sie wandten sich wieder Lilys Übersetzung von der sechsten Eintragung im Text des Kallimachos zu:

    Das Hängende Paradies des alten Babylon.
    Zieht der aufgebenden Sonne entgegen,
    Von der Stelle, da die beiden Lebensspender eins werden.
    Im Schatten des Zagros-Gebirges
    Erblickt ihr die mächtigen Fälle,
    Die der Dritte Große Baumeister ersann,
    Um den Pfad zu verbergen, den er hauen ließ.
    Ein Pfad, der zum Eingang des Paradieses führt,
    Das der mächtige Nebukadnezar für seine Braut schuf.

    »Tja, der Anfang ist einigermaßen klar«, sagte West. »Man zieht von der Stelle aus in Richtung Osten, wo die beiden Lebensspender eins werden. ›Die Lebensspender‹ ist der Name, den die Mesopotamier dem Euphrat und dem Tigris gaben. Das bezieht sich also offenbar auf den Punkt, an dem sie zusammenfließen.«
    »Bagdad?«, fragte Pooh Bear. »Die Stadt steht am Zusammenfluss von Euphrat und Tigris. Ist das nicht die Stelle, wo sich das alte Babylon befand?«
    »Genau genommen nein«, erwiderte West. »Babylon liegt etwas unterhalb der heutigen Stadt Hilleh, südlich von Bagdad. Und du hältst dich bei deiner Vermutung auch nicht streng genug an den Text. Die beiden Flüsse kommen bei Bagdad einander sehr nahe, aber sie werden dort nicht zu einem. Sie vereinigen sich erst viel weiter südlich, bei der Stadt Qurna. Dort werden sie zu einem gewaltigen Strom – dem Schatt-el-Arab, der in Richtung Süden fließt, nach Basra, und in den Persischen Golf mündet.«
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass die

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