Das Tartarus-Orakel
nichts.
Brust: nichts.
Dann aber, als der Spektralanalysator in Kopfhöhe kam, fing er an zu piepen.
Pooh Bear und Sky Monster schnappten nach Luft, sprachlos.
West schloss nur die Augen, verfluchte sich.
Die ganze Zeit hatte er gedacht, sie hätten einen Verräter in ihren Reihen – vor allem Stretch und Zaid hatte er im Verdacht gehabt –, aber es hatte keinen Verräter gegeben.
Er war es gewesen.
Er hatte die Amerikaner jedes Mal an ihren Aufenthaltsort geführt.
Vier Tage seines Lebens – die vier Tage, die er nach seinem Manöverunfall in Coronado in einem amerikanischen Militärhospital verbracht hatte.
Vier Tage, in denen ihm die Amerikaner einen Mikrochip eingesetzt hatten, damit sie ihm in den folgenden Jahren auf der Fährte bleiben konnten.
Warum? Wer weiß – vielleicht, weil er tüchtig war, weil sie jedem nachspüren wollten, egal ob Freund oder Feind.
West konnte es kaum glauben. Australien war ein Bündnispartner von Amerika. Und so vergalten es die USA. Amerika, so schien es, behandelte seine Verbündeten nicht anders als seine Feinde. Nein, es war noch einfacher: Die USA betrachteten jeden, der kein Amerikaner war, als möglichen Feind.
Er dachte über Judah nach. Irgendwo inmitten von Judahs Ausrüstung stand ein mit GPS-Empfänger bestückter Computer, mit einer Weltkarte auf dem Bildschirm und einem kleinen, blinkenden Punkt, der Jack West jr. darstellte – ein Punkt, der ihn seit 15 Jahren darstellte.
Die Amerikaner hatten vom ersten Tag an über den Unterschlupf in Kenia Bescheid gewusst.
Und sie hatten auch über die Mine im Sudan Bescheid gewusst, sobald er dort gelandet war; genauso an der tunesischen Küste – als außer ihm und Wizard niemand etwas wissen konnte. Das hieß aber auch, dass Judah und die Amerikaner wussten, dass er Zaid aus Guantanamo Bay befreit hatte. Das hatte ihnen vermutlich ganz und gar nicht gefallen.
West schritt vor den Augen von Pooh Bear und Sky Monster, die nur stumm und wie benommen dasaßen, durch die Kabine. Bei der hintersten Konsole angekommen, ergriff er die Elektroschockpistole, mit der er zuvor schon den Peilchip in Zaids Nacken unschädlich gemacht hatte.
Er richtete sie auf seinen Kopf, als wollte er sich erschießen– und drückte den Abzug durch.
In diesem Moment fuhr ein Techniker in einem amerikanischen Black-Hawk-Hubschrauber, der gerade in Basra zur Landung ansetzte, von seinem mit GPS ausgerüsteten Laptop hoch.
»Colonel Judah, Sir! Jack Wests Peilsignal ist soeben erloschen.«
»Wo war er, als das Signal verschwand?«
»Dem GPS nach zu urteilen, noch immer in der Nähe der Hängenden Gärten«, sagte der Techniker.
Judah lächelte. »Der Peilchip ist biometrisch, ins lebende Hirngewebe eingepflanzt. Wenn West stirbt, fällt auch der Chip aus. Vermutlich ist er beim Einsturz der Zikkurat verletzt worden und hat so lange durchgehalten. Ruhe in Frieden, Jack … nun wirst du nie erfahren, dass du uns Schritt für Schritt geführt hast. Glücklicherweise brauchen wir dich jetzt nicht mehr. Kallis. Lassen Sie Ihre Männer Verpflegung und Munition fassen und brechen Sie nach Luxor auf.«
Luxor International Airport
Luxor, Südägypten
20. März 2006, 2 Uhr
Am Tag von Tartarus
In den frühen Morgenstunden des Tages, an dem sich der Tartarus-Sonnenfleck der Erde zuwenden sollte, lag ein 300 Mann starkes europäisches Truppenaufgebot in Lauerstellung um den Flughafen von Luxor, bereit, über die amerikanische Truppe herzufallen, die in dieser Nacht in der südäygptischen Stadt erwartet wurde.
Das vom Nil geteilte Luxor ist eine ziemlich große Stadt, die hauptsächlich vom Tourismus lebt. Am Ostufer des Flusses befinden sich die Tempel von Karnak und Luxor, zwei der eindrucksvollsten Bauten Ägyptens. Der Tempel von Luxor steht unmittelbar am Fluss, nur durch eine prachtvolle Uferstraße, die so genannte Corniche, von ihm getrennt.
Am Westufer von Luxor ragt eine Reihe hoher, brauner Berge und schroffer, trockener Hügel vom Wüstenboden auf. Das erste Tal in diesen staubigen Hügeln ist das berühmte Tal der Könige – so genannt wegen der zahlreichen, bewusst schlicht gehaltenen Gräber, die einst mit sämtlichen Reichtümern der Pharaonen gefüllt waren. Hier befinden sich die Gräber von Tut-ench-Amun, Ramses dem Großen und Hunderter anderer Gottkönige. Auch heute noch wird alle paar Jahre ein neues Grab entdeckt.
An diesem Westufer findet man auch eines der rätselhaftesten Bauwerke des alten Ägypten
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