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Das Teehaus im Grünen

Das Teehaus im Grünen

Titel: Das Teehaus im Grünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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waren ihre Gedanken dort, wo sie sie nicht haben wollte: bei Gordon. Und es ging ihr durch den Sinn, wie gefährlich es für Liebende ist, sich zu streiten.
    Sie erzählte Vicky von dem Brautkleid und setzte hinzu: »Ich habe sie gern, und sie tut mir leid; aber sie ist wirklich schrecklich dumm.«
    »Ach, sind wir das nicht alle?« fragte Vicky ganz gemütlich. Und in Erinnerung an jenen albernen Streit konnte ihr Lucy nur traurig zustimmen.
     
     
     

8
     
    »Es gibt Augenblicke, wo ich den schwerfälligen James direkt liebhabe«, behauptete Vicky impulsiv. »Seine Gefriertruhe hat uns das Leben gerettet.«
    In den ersten beiden Wochen hatten sie nämlich feststellen müssen, daß die Zahl ihrer Gäste von Tag zu Tag gewaltig schwankte. Es gab einen schwarzen Freitag, an dem alle Autos vorbeirauschten; die Fahrer hatten das Wochenende im Kopf, an dem sie in Homesward einkaufen wollten. Nur armselige zehn Leute kamen einzeln in den Tea-Room getröpfelt. Aber an dem darauffolgenden Samstag gab es tüchtig zu tun. Während der morgendlichen Teestunde waren sämtliche Tische besetzt; da kamen noch weitere vier Gruppen, die die unvermeidlichen Pasteten zum Lunch haben wollten, und auch am Nachmittag war wieder alles besetzt.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir das hätten bewältigen können, wenn ich nicht auf Vorrat hätte backen können«, stöhnte Vicky, als sie um fünf Uhr mit den letzten vollen Teebrettern kämpfte. »Wir müßten vor Dankbarkeit vor James auf den Knien liegen.«
    Sie brauchten nun auch nicht mehr so früh am Morgen mit der Arbeit zu beginnen. Vieles konnte am Abend vorher erledigt werden. Wenn Gäste erschienen, schoben sie einfach ein paar tiefgefrorene Pasteten in den Ofen, und sie schmeckten wie frisch gebacken. Und ihnen verdarb nichts mehr.
    »Und denk nur an das Eis, das dauernd verlangt wird!« setzte Lucy hinzu.
    Auf die heimkehrenden Arbeiter konnten sie immer rechnen, nur nicht am Freitagabend; da zog es sie nach Hause zu ihren Frauen. Sie waren großzügige Gäste, die nicht auf Extrageschichten bestanden. »Wir nehmen, was da ist«, sagten sie, und alle waren der gleichen Meinung: daß sie daheim viel liebevoller begrüßt wurden, wenn sie beladen mit Kuchen und Pasteten anlangten...
    Es kamen natürlich auch unangenehme Burschen, die Vicky dreiste Komplimente machten, ihren Tee verschütteten und die Kuchenkrümel auf den Fußboden wischten. Aber weder ihre Vertraulichkeiten noch der Schmutz schien sie zu ärgern. Heiter lächelnd wischte sie den Tee auf und wehrte alle Annäherungsversuche ab.
    »Es hat keinen Sinn, sich darüber aufzuregen«, meinte sie zu Lucy, die solche Gäste nicht gern sah. »Wir wollen doch nicht, daß die Leute sagen: >Geh nicht in den Tea-Room, er wird von zwei kleinlichen Jungfern geführt, die keinen Spaß verstehen.<«
    An einem Nachmittag war eine lärmende Gesellschaft bei ihnen eingekehrt, als Seymour vorfuhr. Er kam wie gewöhnlich, um Lucy bei ihren finanziellen Problemen zu helfen; aber in letzter Zeit schweiften seine Augen immer öfter von den Geschäftsbüchern ab. Gerade war Vicky lachend damit beschäftigt, sich einen allzu aufdringlichen Burschen vom Leibe zu halten, als Seymour die Stufen heraufkam.
    »Unsinn!« wehrte sie die plumpen Zudringlichkeiten ab. »Natürlich müssen Sie das Wechselgeld annehmen! Wir nehmen kein Trinkgeld.«
    »Anscheinend auch keine Küsse«, brummte er. Da stand plötzlich ein großer, furchterregender Mann zwischen ihm und dem hübschen Mädchen. Seymour hatte der überraschten Vicky das Geld aus der Hand genommen und hielt es dem Burschen hin.
    »Ich nehme an, es gehört Ihnen«, sagte er streng, und der junge Mann steckte es verschüchtert ein. Aber dann hörte man, wie er seinen Kameraden übermütig zurief: »Donner, das war ein Schlag! Die ist verheiratet! So eine kesse Puppe und heiratet einen Menschenfresser!«
    Vicky blickte James Seymour an; er war feuerrot geworden; sie lachte und sagte: »Vielen Dank! Aber er meint es nicht so böse, wissen Sie.«
    »Kommen solche Kerle oft?«
    »So dann und wann. Aber sie lassen mich ganz kalt, und schließlich ist auch noch Lucy da.«
    Er sah den lärmenden, langhaarigen Jünglingen voller Widerwillen nach. »Vertreiben die nicht Ihre anderen Gäste?«
    »Ach nein. Man trifft diese jungen Kerle heutzutage ja überall; sie sind im Grunde ganz friedlich. Und warum sollten sie schließlich nicht so komische Anzüge tragen und ihre Haare lang wachsen lassen?

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