Das Teehaus im Grünen
Vertrauen darauf machte sie eines Tages einen Fehler. Als er auf der Veranda stand, sagte er nachdenklich: »Es sieht jetzt beinahe so aus wie früher. Wie gut Sie den Rasen in Ordnung halten!«
Vicky fühlte sich veranlaßt, ihm zu erzählen, daß Dan Ireland die erste schwerste Arbeit getan hätte. Sofort nahm sein Gesicht den früheren strengen Ausdruck an. Sie aber konnte es nicht lassen: sie mußte noch ein bißchen weiterbohren.
»Er war früher bei Ihnen angestellt, nicht wahr? Ich möchte nur wissen, warum er nicht in einem anderen Büro einen Job bekommt. Das wäre doch leichter als Gartenarbeit.«
Er hob nur ein wenig die Schultern. »Gartenarbeiter sind sehr gesucht«, sagte er und nahm kurz angebunden Abschied.
Vicky war empört. »Ich kann den Mann nicht ausstehen, wenn er so überheblich daherredet und mich von oben herab anschaut. Wenn wir nur wüßten, was Dan gemacht hat, vielleicht könnten wir ihm dann helfen. Ich weiß schon, er ist flatterhaft, aber ich kann ihn trotzdem gut leiden.«
»Halte du dich aus der Sache heraus. Nan oder er würden es uns schon erzählen, wenn sie wollten.«
Schon am übernächsten Morgen erfuhren sie die ganze Geschichte. Nan kam zu ihnen und lud sie zu einer Tasse Kaffee ein. »Ich bin heute allein. Jack mußte zur Auktion und kann erst am Nachmittag zurück sein. Kommt doch herüber« — sie duzten sich inzwischen — »und leistet mir ein bißchen Gesellschaft. Ich habe heute nacht genäht, bis mir die Augen zufielen.«
Da sie sonntags ihren Tea-Room erst gegen elf Uhr öffneten, sagten sie zu. Nan sah blaß und müde aus; das Brautkleid lag ausgebreitet auf dem Tisch. Es war beinahe fertig, und Nan war dabei, nach einer verzwickten Vorlage Perlen daraufzunähen. Die Freundinnen waren hell begeistert, und Lucy sagte: »Wie schnell du das geschafft hast! Seit ich das Kleid das letztemal gesehen habe, bist du enorm weit gekommen.«
»Ich hatte Glück, weil Jack zu der Auktion mußte. Es ist so schwierig, weil ich immer nur arbeiten kann, wenn er nicht da ist. Aber ich wußte, daß er eine ganze Nacht ausbleiben würde und vermutlich nicht vor heute nachmittag zurückkommt. Also hab ich die ganze Nacht genäht und bin überhaupt nicht ins Bett gegangen.«
»Die ganze Nacht? Dann ist es ja kein Wunder, daß du so erschöpft aussiehst.«
»Ach, das geht vorüber. Es ist solch eine Erleichterung, daß es bald fertig ist. Solange Dan da war, hat es mir überhaupt nichts ausgemacht. Er blieb bis fast ein Uhr und kochte immer neuen starken Kaffee. Aber als er fort war und es ging so auf drei Uhr, hätte ich’s am liebsten aufgegeben.«
»Schade, daß du das nicht getan hast«, meinte Lucy. »So kannst du doch nicht weitermachen.«
Vicky ging in die Küche. »Zur Abwechslung gieße ich jetzt einen Tee auf. Mir scheint, seit Jack fort ist, hast du nur von Kaffee gelebt. Das Kleid ist ein Traum, aber die Perlen machen noch eine Menge Arbeit.«
»Ich werde dir ein bißchen helfen«, erklärte Lucy. »Ich bin zwar keine Schneiderin, aber ich nähe gern etwas mit der Hand, und Vicky kann den Tee eingießen.« Sie fädelte eine Nadel ein und sagte so sachlich wie möglich: »Eigentlich bist du doch ziemlich töricht. Jack würde dir sofort das Geld geben.«
»Natürlich täte er das«, gab Nan zu und strich sich das blonde Haar aus der Stirn. »Aber ich kann ihn nicht um Geld bitten, um damit Dans Schulden zu bezahlen.«
Lucy entgegnete nichts; sie begann sehr sorgfältig eine Perle nach der anderen anzunähen. Nan fuhr fort: »Weißt du, sie können einander nicht ausstehen. Sie sind zu verschieden. Anfangs hat Dan es wohl versucht, aber jetzt gehen sie sich aus dem Wege. Jack ist überhaupt nicht tolerant, und wenn er von dem Geld erführe, wäre er außer sich. Jetzt ist es auch zu spät, weil ich das Kleid hinter seinem Rücken genäht habe. Auch sonst ist noch einiges geschehen, lauter Kleinkram, aber es kommt alles zusammen.«
Lucy fragte nicht weiter, und sie schwiegen, bis Vicky mit dem Tee erschien. Da konnte Nan sich nicht mehr halten. »Ich muß es euch erzählen. Daheim haben wir uns immer alles erzählt, und hier habe ich niemanden als euch. Ihr könnt Dan auch gut leiden und werdet nicht so streng über ihn urteilen.«
Vicky platzte schier vor Neugier, aber sie überwand sich und sagte: »Erzähl’s uns nur, wenn’s dich zu sehr bedrückt, Nan. Nicht, daß es dir später leid tut.«
»Ach, ich werde noch verrückt, wenn ich mich nicht
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