Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
dann war da noch dieser
pensionierte Rechtsanwalt. Wie hieß der noch? „Hasenkrug“, rief er zu seinem
Assistenten hinüber, „wie hieß noch mal der Rechtsanwalt, der mit unserem
Mordopfer aneinandergeraten war?“
„Ähm ...“, zögerte Hasenkrug und
wühlte in seinem Notizblock. „Scherrmann. Jan Scherrmann.“
Richtig. Scherrmann. Ja, den
würde er also auch aufsuchen. Und dann würde er weitersehen.
Als Büttner sein klimatisiertes
Büro verließ und vor die Tür trat, schlug ihm die feuchte Hitze wie ein nasser
Lappen entgegen, und in Sekundenschnelle schoss ihm der Schweiß aus allen
Poren. Keuchend griff er nach seinem Taschentuch und wischte sich übers
Gesicht. Er hatte so gehofft, dass die Gewitter der letzten Nacht endlich eine
Abkühlung bringen würden, aber genau das Gegenteil war eingetreten. Die schwüle
Luft hing schwer und erdrückend über der Stadt, und zu allem Elend wehte zudem
nicht der Hauch eines Lüftchens. Solch eine Wetterlage hatte er in Ostfriesland
noch nie erlebt. Vielmehr fühlte er sich an seine Flitterwochen erinnert, die
er und seine Frau in Tansania verbracht hatten. Nur war er damals fast dreißig
Jahre jünger und um etliche Kilogramm leichter gewesen. Die tropische Hitze
hatte ihm damals nichts ausgemacht. Heute hingegen brachte sie ihn fast um.
Hoffentlich war es wenigstens in Canhusen etwas kühler, dachte er. Irgendeinen
Vorteil mussten die Ermittlungen auf dem Land schließlich mit sich bringen.
„Kommen Sie, Chef?“, rief ihm
Hasenkrug vom Parkplatz her zu. Er wirkte ganz munter, ihm schien die Hitze
nichts auszumachen.
„Erst, wenn Sie die Klimaanlage
mindestens fünf Stunden haben laufen lassen“, rief Büttner zurück, denn mit
Entsetzen hatte er festgestellt, dass sein Fahrzeug mitten in der prallen
Mittagssonne stand.
„Ist es nicht herrlich, dass
endlich mal richtig Sommer ist“, freute sich Hasenkrug, als sich Büttner wenig
später schnaufend in seinen Sitz fallen ließ, und schaute begeistert gen
Himmel, an dem nicht das kleinste Wölkchen zu sehen war.
„Ganz entzückend“, keuchte
Büttner und fingerte nervös an den ins Armaturenbrett eingelassenen Knöpfen und
Schaltern herum, um die Klimaanlage richtig in Schwung zu bringen. Zweifelsohne
würde er seine Ankunft in Canhusen sonst nicht mehr erleben.
„Wir holen uns den Tod, Chef“,
schimpfte Hasenkrug, als ihm plötzlich ein Schwall eisigkalter Luft
entgegenschlug, „hier herrschen ja gleich Temperaturen wie in einem
Kühltransport!“
„Quatsch. Hier ist es jetzt genau
richtig. Schließen Sie schnell die Tür, damit wir diesem Dampfdrucktopf da
draußen endlich entkommen.“
Hasenkrug runzelte die Stirn, gab
aber keine Widerworte. Der Chef würde schon sehen, was er davon hatte. Bestimmt
lagen sie beide am nächsten Tag mit einer fetten Erkältung im Bett. Leise vor
sich hinfluchend lehnte er sich in seinem Sitz zurück, während sich Büttner in
den fließenden Verkehr einfädelte.
Sie fanden Eike Diekhoff im
Außengehege seines Hühnerstalls. Das Federvieh hatte sich ein schattiges
Plätzchen auf einer Stange am Maschendrahtzaun gesucht und schaute den
Polizisten träge entgegen. Die Tiere schienen von der Hitze völlig apathisch zu
sein.
„Moin, Herr Diekhoff“, grüßte der
Kommissar und unterdrückte den Wunsch, sich ebenfalls auf einer der Stangen
niederzulassen. „Mein Name ist Büttner, das ist mein Kollege Hasenkrug. Wir
sind von der Kriminalpolizei.“ Er hielt dem Bauern seine Dienstmarke unter die
Nase.
„Moin. Ich dachte mir schon, dass
Sie hier auftauchen würden.“
„So. Und was hat Sie zu dieser
Eingebung veranlasst?“
„Immo sagte mir, dass er vorhin
am Telefon mit Ihnen über meinen ... Clinch mit Lübbo Krayenborg gesprochen
hat. Tja, und da war es ja wohl naheliegend, dass Sie vorbeikommen würden.
Möchten Sie einen Tee?“
„Geht auch Wasser?“
„Jo. Geht auch.“ Eike Diekhoff
musterte den korpulenten Mann von oben bis unten, als er ihn und seinen
Kollegen zum Wohnhaus führte. „Sie sehen reichlich mitgenommen aus, Herr
Kommissar. Bringt Sie ganz schön ins Schwitzen, der Mordfall, wa?“
„Sagen Sie mir einfach, dass Sie
den alten Mann auf dem Gewissen haben, dann geht es mir auch schon wieder gut“,
sagte Büttner gedehnt.
„Tja, das tut mir leid. Da muss
ich Sie enttäuschen. Ich war’s nicht.“ Diekhoff zeigte auf zwei Stühle, als die
Männer in der Küche angekommen waren und ging dann zum Kühlschrank, um eine
Flasche
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