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Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Titel: Das Testament der Jessie Lamb: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Rogers , Norbert Stöbe
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ist jetzt irgendwie ungeduldig, verächtlich.«
    »Wir lassen ihn fallen. Es gibt auch noch andere.« Sal traf sich mit Jungs, seit wir elf waren, und keiner hatte bisher von sich aus mit ihr Schluss gemacht. Es schmerzte mich, dass die Sache mit Damien ihr so naheging.
    »Er will, dass ich mit ihnen ausgehe, mit ihm und seinen Fußballkumpeln.«
    »Und warum tust du’s nicht?«
    »Das könnte ich schon. Aber die saufen bis zum Umfallen und unterhalten sich nur untereinander.«
    »Haben die anderen denn keine Freundin?«
    »Am Freitag war ich das einzige Mädchen. Es kommt mir so vor, als würde er sich mit mir langweilen.«
    Da passierte alles Mögliche auf der Welt, und Sal hatte nichts anderes im Kopf als einen dummen Mann. »Vergiss ihn«, sagte ich.
    Ich wünschte, das hätte sie getan. Oder ich hätte sie ernster genommen. Aber ich übernahm die Organisation des Flughafenprotests und war damit und mit der Ausrichtung der Recycle-Modewoche so beschäftigt, dass ich mir keine Gedanken darüber machte. Das ist eines der Versäumnisse, die ich am meisten bedauere.

7
    In dem ganzen Herbst gab es nur einen einzigen Hoffnungsschimmer. Baby Johnson kam mittels Kaiserschnitt zur Welt. Das erste Baby seit MTS ! Alle Zeitungen brachten sein Foto auf der Titelseite, Geschäfte zogen Wimpel auf, und die Menschen hatten ein breites Grinsen im Gesicht. Sogar die Selbstmordrate sank. Die Straße, in der seine Großmutter lebte, war voller Blumen, und in den Fernsehnachrichten sah man das weinende Kind in ihren Armen, während sie sich bei allen bedankte. Baby Johnsons Mutter war fünfzehn gewesen, und die Totenmesse fand in Westminster Abbey statt. Sie hieß Ursula. Ihre Mutter erzählte ihre Geschichte. Als Ursula erfuhr, dass sie schwanger war, wurde noch abgetrieben, weil man hoffte, auf diese Weise vielleicht zu überleben. Es war das erste Mal gewesen, dass Ursula überhaupt Sex gehabt hatte. Sie glaubte, deshalb habe ihr Baby ein Recht darauf, zur Welt zu kommen. Ihre Eltern versuchten ihr das auszureden, doch Ursula ahnte anscheinend, welche Bedeutung ihr Kind für die ganze Welt haben würde, denn sie hatte ein erstaunliches Zutrauen zu ihm.
    Ihr Arzt wusste, dass die Forscher an einer Methode arbeiteten, Schwangere ins Koma zu versetzen und die Babys am Leben zu erhalten, und er erzählte Ursula davon. Sie meldete sich als eine der Ersten für das Experiment Schlafende Schöne. Ihre Mutter berichtete, sie wären die ganze Nacht aufgeblieben, bevor sie die Einverständniserklärung unterschrieben hätten, und sie hätten geweint und um Gottes Segen gebetet. Ursula aber habe keinen Moment lang in ihrer Entscheidung geschwankt, und bevor man ihr die Spritze setzte, habe sie ihre Eltern angelächelt und ihnen für ihr schönes Leben gedankt.
    »Und ich glaube an Märchen«, sagte Mum.
    Dad sagte: »Trotzdem – schön für sie!«
    Mir gefiel, dass Ursula sich entschieden hatte, das Baby zu retten, und dass es gelungen war. Sie hatte ihre Entscheidung selbst getroffen. Aber es gab auch ein paar Schlafende Schöne in der Klinik meines Dads, und ich fragte ihn, ob sie auch wie Ursula seien. Er meinte, das wisse er nicht, nur die Ärzte hätten mit ihnen zu tun, er befasse sich ausschließlich mit technischen Dingen. Dann grinste er und räumte ein, dass vielleicht schon bald weitere Babys geboren würden.
    In den folgenden Tagen kamen in der ganzen Welt weitere Babys zur Welt. Eine Woche später wurde in der Klinik meines Dads Baby Jill geboren, während das andere Kind, Jack, das man zur gleichen Zeit erwartete, bei der Geburt starb. Dad meinte, nach dieser Welle werde es nicht mehr viele neue Schwangerschaften geben, denn alle diese Kinder seien wie Baby Johnson gezeugt worden, als die jungen Frauen noch nicht über die Folgen von MTS Bescheid gewusst hätten. »Seitdem passen alle auf, dass sie nicht schwanger werden. Bei uns werden kaum noch Schwangere eingeliefert. Die Stationen sind fast leer.«
    Das Traurige an diesen wundervollen Babys war, dass sie genau wie alle anderen MTS hatten. Sie hatten es von ihren Eltern geerbt, es steckte in ihren Zellen. In der Zeitung erschien eine Unmenge von Statistiken zur Bevölkerungsentwicklung. Um die Bevölkerung stabil zu halten, muss jede Frau im Schnitt 2,1 Kinder haben, was bedeutet, dass auf zehn Frauen einundzwanzig Kinder kommen sollten. Jetzt aber stirbt eine Frau, um ein einziges Kind zur Welt zu bringen. Und da eine Schwangerschaft gleichbedeutend mit dem Todesurteil

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