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Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Titel: Das Testament der Jessie Lamb: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Rogers , Norbert Stöbe
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mich einfach besser fühlen«, erklärte ich. »Ich … ich will nicht, dass es immer so weitergeht.«
    Sie nickte.
    »Ich will, dass es aufhört.«
    Es entstand ein längeres Schweigen, dann erkundigte sie sich nach meinen Eltern. Das war eine Erleichterung für mich; ihre erbärmliche Geschichte herunterzurattern war einfach, und ich hoffte, dass ich dabei vernünftiger und objektiver rüberkam. Schließlich überreichte sie mir eine Karte mit ihrer Telefonnummer und sagte mir, ich könne jederzeit mit ihr sprechen. Mir war unbehaglich zumute; ich hatte den Eindruck, es wäre nichts herausgekommen bei dem Gespräch. Ich hätte nur ein paar Dummheiten gesagt.
    »Sie halten mich doch nicht für verrückt, oder?«
    Sie lächelte. »Ich glaube nicht an das Verrücktsein.« Wir schüttelten uns zum Abschied die Hand.
    Als ich den Flur entlangging, bedauerte ich, ihr gesagt zu haben, dass alles , was die Menschen tun könnten, sinnlos sei – nichts bewirkte etwas, und ihr Leben gerate immer mehr aus den Fugen. Die einzige Lösung ist der Neuanfang. Und die einzige Erleichterung besteht darin, dass man einen Beitrag dazu leistet. Das ist nicht verrückt. Das ist vollkommen vernünftig. Verrückt sind all jene, die im alten Trott weitermachen.
    Ich musste aufs Klo, deshalb ging ich automatisch in den Keller hinunter. Ich dachte mir nichts dabei – aber als ich aus der Damentoilette kam, erblickte ich auf einmal Dad, der in sein Labor wollte.
    »Jessie, was machst du denn hier?«
    »Ich war bei der Beratung.«
    Er starrte mich an. »Du kommst besser mit ins Labor.« Ich sagte mir, das sei wohl das Beste, denn früher oder später musste er begreifen, dass es mir ernst war. Außer uns war niemand da, und er setzte Wasser auf und machte Kaffee, während ich mir das große Mikroskop anschaute.
    »Darf ich es einschalten?« Er knipste es für mich an, die Beleuchtung ging an, und ich zupfte mir ein Haar aus und legte es unter das Objektiv. Ich versuchte das Bild scharf zu stellen, wie er es mir gezeigt hatte, doch die Vergrößerung war zu hoch, und ich sah nicht einmal den Rand des Haares, nur große, verschwommene Schatten, die alles Mögliche darstellen mochten. Er bot mir keine Hilfe an. »Da«, sagte er und stellte den Kaffee auf den Arbeitstisch. »Mit wem hast du gesprochen?«
    »Sie war jung, dunkelbraunes Haar. Sehr ernsthaft.«
    »Susie Kenyon. Hast du dich wirklich für das Programm angemeldet?«
    »Was glaubst du, weshalb ich mich untersuchen und beraten lasse?«
    »Aber …«
    »Was, aber?«
    »Ich verstehe das nicht. Was ist passiert, als ich weg war?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ist irgendetwas vorgefallen? Was dich dazu gebracht hat? Hat jemand mit dir geredet?«
    »Nein.«
    »Aber warum tust du das? Das verstehe ich nicht.«
    Schon wieder! Immer und immer wieder! »Um einen Beitrag dazu zu leisten, dass MTS aufhört.«
    »Hör zu«, sagte er. »Es gibt viele andere Menschen in aller Welt, die sich damit befassen. Wissenschaftler. Menschen, deren Job das ist.«
    »Aber bis jetzt hat niemand eine Lösung gefunden, nicht wahr?«
    »Das ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Dad, du hast selbst gesagt, dass sich Mädchen melden müssten und dass man ihnen das hoch anrechnen würde.«
    »Jessielein, dabei habe ich doch nicht an dich gedacht! Hör mal, Kleines, wenn du etwas verändern willst, weshalb benutzt du dann nicht deinen Verstand? Wie wär’s, wenn du den Abschluss machen und in die MTS -Forschung gehen würdest? Wenn du einen Beitrag leisten würdest, dieses elende Problem zu lösen , anstatt …«
    »Viele Leute forschen. Das hast du selbst gesagt.«
    »Es gibt immer Möglichkeiten, den Menschen zu helfen. Überleg dir, wie du einen echten Beitrag leisten kannst, anstatt es bei einer heroischen Geste bewenden zu lassen.«
    »Das ist keine Geste .«
    Ehe Dad etwas erwidern konnte, stieß Ali die Schwingtür auf und trat rückwärts ins Labor. Er zog einen Rollwagen hinter sich her. »Alles bestens«, sagte er zu Dad und lächelte mich an.
    »Erzähl Jess, was du eben gemacht hast, Ali«, sagte Dad. »Sie interessiert sich brennend dafür.«
    Ali verzog das Gesicht. »Interessant würde ich das nicht nennen. Es geht um die Schlafenden Schönen, weißt du. Wir müssen ihnen Blutproben abnehmen.«
    »Ist eine ihrer Mütter da?«, fragte Dad.
    »Die Eichhörnchenfrau. Hat sich erkundigt, ob sie dem Baby Mozart vorspielen darf.«
    »Was hast du ihr geantwortet?«
    Ali zuckte mit den Schultern. »Hab gemeint, sie

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