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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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trotz des Sturms ekelerregend. Zwei große gefleckte Hummer richten sich auf, recken ihre langen Fühler und spreizen kampfbereit ihre kräftigen Scheren.
    Abelard will sie aus der Reuse nehmen, aber Corentin winkt ab. »Lass sie drin. Dann hat sie ihren Spaß und fühlt sich nicht so allein.« Mit seinen Händen deutet er das schmerzhafte Zwicken von Hummerscheren an und lacht hämisch.
    Ich fluche leise. Kein Vergleich zu dem Attentat auf Yared und mich in Jerusalem, als der Assassino uns giftige Skorpione unter die Bettdecke schob, aber auch nichts für ein empfindliches Gemüt. Die Reuse ist groß genug für Hummer, jedoch nicht für einen Menschen, der sich in der Enge des Drahtgeflechts mit gefesselten Händen gegen die kräftigen Scheren nicht wehren kann.
    »Na los, rein mit dir!« Abelard hält die Klappe aus geflochtenem Draht auf und hilft mir, als ich auf den tonnenförmigen Käfig klettere und umständlich mit den Füßen voran durch die enge Öffnung an der Oberseite hineingleite. Sobald ich mit angezogenen Beinen und hinter dem Rücken verschränkten Armen auf dem Boden kauere, schließt er den verrosteten Metallriegel, den ich von innen kaum erreichen kann. Und mit gefesselten Händen schon gar nicht.
    »Und ab mit ihr!«, kommandiert Corentin, der sich weit über die Mauer lehnt, um an Abelard vorbei zu mir herübersehen zu können. Der eine Hummer stürzt sich sofort mit seinen Scheren auf meine Reitstiefel, der andere marschiert bereits an meinen Beinen nach oben.
    Verdammt! Der Hummer hat mein Knie erreicht, guckt mich aus schwarzen Stielaugen an und schwenkt drohend seine Scheren.
    »Lass sie hinunter ins Wasser!«, befiehlt Corentin.
    »Schon dabei!« Abelard packt die rostige Kette, stemmt sich mit dem Fuß gegen den Käfig und lässt ihn langsam zur Seite kippen, bis ich mit dem Kopf nach unten über den gischtigen Wellen hänge. Salzwasser spritzt mir ins Gesicht und dringt in Mund und Nase. Sofort muss ich husten.
    Ich blicke in die dunkelgrauen Wellen. Die Farbe des Wassers lässt mich an Kälte und an einen langsamen Tod denken.
    »Wie tief ist es?«, keuche ich.
    »Noch nicht tief genug«, zischt Abelard, während er mich langsam an der Kette hinunterlässt. »Aber das wird sich schnell ändern. Der höchste Stand der Flut ist gegen Viertel nach drei. Wenn wir nach der Vigil zurückkommen.«
    »Ich kann’s kaum erwarten!«, knirsche ich mit salzigem Sand zwischen den Zähnen.
    Er lacht trocken. »Kann ich mir denken! Und los geht’s!«
    Mühsam wende ich den Blick und spähe hinauf zur Terrasse vor der Kapelle, wo sich die Mönche die Köpfe verrenken, um zu sehen, wie Abelard mich ins Wasser hinablässt. Sie sehen ernst aus. Wie bei einem Begräbnis.
    Yannic lehnt an der Mauer und schaut hinaus aufs Meer. Padric hat ihm den Arm um die Schultern gelegt und redet auf ihn ein.
    Mit einem Ruck senkt sich mein Käfig in die Fluten. Die Wellen, die gegen den Granitfelsen der Saint-Aubert-Kapelle branden, schwappen über mich hinweg. Der Hummer an meinem Bein wird weggespült und landet zwischen meinen Füßen. Ich trete nach ihm, verfehle ihn jedoch. Dann schnappt eine Schere in meine Stiefelspitze. Tut das weh!
    Die Reuse sinkt tiefer ins Wasser, prallt weich auf den Sandboden, schwankt unter dem Aufprall einer Woge, gleitet einige Fußbreit über den aufwirbelnden Sand und droht zu kippen und mich unter die Wasseroberfläche zu reißen. Doch ich stemme die Beine ins Drahtgeflecht und werfe mich in die Gegenrichtung. Der Käfig bleibt aufrecht stehen. Mühsam richte ich mich in der engen Reuse auf, die Beine angewinkelt, der Rücken gekrümmt, die Schultern verdreht. Aber der Kopf ist über Wasser – noch!
    Ich blinzele mir das Meerwasser aus den Augen. Corentin blickt zu mir herunter und schlägt das Kreuzzeichen. »Gott steh dir bei!«
    »Du Todesengel! Meine Rache wird furchtbar sein!«
    Lachend wendet er sich ab, steigt die Treppe hinunter und lässt sich von Jourdain die steile Felsklippe hinaufhelfen, um über die Granitfelsen in die Abtei zurückzukehren. Nach und nach verschwinden die Fackeln von der kleinen Plattform vor der Kapelle, nur ein Schatten bleibt in der Finsternis zurück.
    Yannic lehnt sich gegen den Sturm und blickt zu mir herab. Padric, der schon die Treppe hinabgestiegen ist, kehrt zu seinem Freund zurück, legt ihm den Arm um die Schultern, zieht ihn mit sanfter Gewalt von der Brüstung weg und redet auf ihn ein. Nach einem letzten Blick zu mir folgt ihm Yannic,

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