Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
Deckel der Silberdose ist mit Wachs wasserdicht verschlossen, der Zunder ist noch trocken. Ich blicke hinüber zur Prieuré de Genêts und sende meine Nachricht:
    E–O–G–H–A–N–W–I–S–H–Y–O–U–W–E–R–E–H–E–R–E
    Dann warte ich auf seine Antwort. Drei Minuten. Vier. Fünf. Nichts.
    Also nochmal.
    Nicht der Funken einer Antwort. Ich will mich schon abwenden, als es plötzlich von Genêts herüberblitzt.
    E–O–G–H–A–N–A–U–F–T–O–M–B–E–L–A–I–N–E–E–N–G–L–I–S–C–H–E–R–A–N–G–R–I–F–F–S–T–E–H–T–B–E–V–O–R–B–R–I–N–G–T–E–U–C–H–I–N–S–I–C–H–E–R–H–E–I–T–A–D–R–I–A–N–O
    Ich stutze. Wieso auf Italienisch?
    »Eoghan auf Tombelaine. Englischer Angriff steht bevor. Bringt Euch in Sicherheit. Adriano.« Der Venezianer Adriano ist Eoghans Stellvertreter. »Hast du in der letzten Stunde mal aus dem Fenster gesehen, Adriano? Acqua Alta! Und nicht nur ein oder zwei Ellen hohe Wellen auf der Piazzetta! Wie soll ich denn hier weg?«
    Kein Licht von der Tombelaine. Aber ich bin sicher, dass die Engländer mitgeschrieben haben.
    Wo ist Eoghan?
    Ich lösche die Laterne und schiebe sie unter das Bett, dessen Matratze immer noch schief im Bettgestell hängt. Dann nehme ich den Kodex und mache mich auf den Weg ins Ossuarium, wo ich das Rätsel der apokalyptischen Bilder lösen will.
    Als ich die Treppengalerie betrete, pralle ich erschrocken zurück: Licht im Scriptorium!
    Lautlos husche ich die Stufen hinunter und spähe um den Pfeiler mit dem Bücherregal herum. Die Codices, die Corentin auf der Suche nach der Teufelsbibel aus dem Regal gerissen hat, liegen noch immer auf dem Boden.
    Abelard steht an Raymonds Schreibpult und blättert in einem Folianten. Es ist die Klosterchronik, in der Raymond gelesen hat.
    Der Bibliothekar klappt den Kodex zu, klemmt ihn sich unter den Arm, nimmt die Kerze und verlässt das Scriptorium.
    Ich schleiche hinter ihm her. Bevor es dunkel wird im Saal, stecke ich noch rasch ein paar Wachslichter ein, die in den Kerzenhaltern der Pulte stecken. Gerade als ich die Stufen zum Cachot du Diable hochsteige, höre ich einen leisen Ruf aus dem Gästesaal: »Hier ist sie nicht!«
    Jetzt aber nichts wie weg!
    Abelard geht durch das Promenoir und betritt die Treppengalerie, wo er zwischen den wabernden Weihrauchwolken verschwindet. Mit der Schulter lehne ich mich an den Durchgang und luge um die Ecke. Abelard biegt nach rechts ab. Er will in die Amtsräume des Abtes Robert de Torigni, die nach dem Einsturz des Infirmariums an der Westflanke der Abtei, wo Conans Leichnam gefunden wurde, den Krankensaal und die Apotheke beherbergen.
    Was will er dort?
    Der Eingang liegt auf dem Treppenabsatz schräg gegenüber der Krypta Notre-Dame-sous-Terre. Der erste Raum ist das Infirmarium: drei schmale Betten hinter weißen Vorhängen, alle zurückgezogen und gerafft, ein Tisch mit chirurgischen Instrumenten, die das Herz jedes Folterknechtes der Inquisition angesichts von Qualen und Schmerzen höher schlagen lassen, ein Regal mit medizinischen Büchern, bei denen mich das kalte Grausen packt:. Kein arabisches Werk ist darunter.
    Abelard ist nebenan. Er spricht mit jemandem.
    Ich husche näher heran und lausche: Es ist Corentin.
    Abelard wirft ihm die Klosterchronik auf den Tisch.
    Ich kann nicht alles verstehen, was sie sich an den Kopf werfen, nur so viel: Abelard ist offenbar beleidigt, er verliert gegenüber Corentin, dem Oberhaupt der geheimen Bruderschaft, die Beherrschung und redet sich in Rage. Raymond ist tot. Abelard trauert um seinen Adlatus. Und Yannic ist Subprior – eine Stellung, die eigentlich Abelard als dem Hüter der Lade zusteht.
    »… konntest du ihm so viel Macht geben?«, empört sich Abelard. »Und was willst du überhaupt mit Yann besprechen?«
    »… uns belauscht?«
    Abelards Antwort kann ich nicht verstehen.
    Je länger ich horche, desto klarer wird mir: Abelard meutert, weil er furchtbare Angst hat, dass Corentin Yannic in die Geheimnisse der Bruderschaft einweihen könnte. Und vielleicht sogar zum Hüter des Schreins ernennen.
    Von draußen dringt lautes Gepolter herein: Die Fratres, die nach mir suchen, haben die Treppengalerie erreicht. Eine Kerze rollt über die Stufen nach unten.
    »Wo steckt sie denn bloß?«, flucht Aimery.
    Corentin und Abelard verstummen.
    Schritte kommen auf mich zu!
    Mir bleibt fast das Herz stehen. Zitternd

Weitere Kostenlose Bücher