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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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presse ich mich gegen die Wand und blicke mich gehetzt um: Wohin kann ich entkommen? Auf der einen Seite Corentin und Abelard, auf der anderen die Fratres, die jeden Augenblick das Infirmarium betreten werden.
    Ich sitze in der Falle.
    Ein Rascheln – hinter mir.
    Erschrocken werfe ich mich herum.

Yannic
Kapitel 56
    In der Merveille
Viertel nach vier Uhr morgens
    Merveille: Keller, Almosensaal, Gästesaal, Scriptorium, Refektorium, Kreuzgang, Abteikirche.
    Nichts.
    Also wieder hinunter aus himmlischen Höhen in die irdischen Gefilde: Garten der Merveille. Krypta der dicken Pfeiler.
    Nichts.
    Wohin ist sie geflohen?, denke ich panisch und wische mir den strömenden Regen aus dem Gesicht. Sie war im Gästesaal. Sie hat sich trockene Sachen angezogen, das habe ich an den Satteltaschen auf dem Tisch gesehen. Sie war in der Chapelle Sainte-Madeleine. Das Altartuch war verschoben, als hätte sie etwas darunter hervorgezogen. Aber keine Spur von ihr.
    »Was nun?«, keucht Padric. Robin ist bei den anderen, um das Schlimmste zu verhindern, falls Alessandra entdeckt wird.
    Ich deute über die durch den prasselnden Regen niedergedrückten Brennnesseln hinweg zum Hof zwischen Merveille und Châtelet. »Lass uns runtergehen.«
    »Na gut.« Padric folgt mir die rutschigen Stufen hinunter.
    »Der Turm.« Ich gehe zum Portal des Almosensaals, wo sich in einem Wehrturm eine Wendeltreppe bis zum Refektorium hochwindet. Ich steige ein paar Stufen hoch.
    Von oben höre ich Schritte und Getuschel. Ein Suchtrupp kommt mir entgegen.
    Ein rascher Blick aus dem Fenster auf Le Gouffre, den Höllenschlund, die Treppe vom Châtelet hinunter ins Dorf. Und wenn sie nun gar nicht mehr in der Abtei ist? Ich spüre eine Woge der Erleichterung. Und wenn sie geflohen ist?
    Erleichtert? Ja, und wie! Aber auch ein wenig enttäuscht, nach allem, was vorhin zwischen uns geschehen ist. Unsere enge Umarmung. Ihre nackte Haut auf meiner. Ihre Hände, die mich sanft berührt haben. Ihre stillen Tränen, als sie an Yared dachte, während sie in meinen Armen lag. Es gibt so vieles, was ich ihr sagen wollte, aber ich konnte es nicht …
    Ich besinne mich. »Zurück!«
    Padric, der hinter mir die Treppe hinaufgestiegen ist, macht kehrt, und ich folge ihm in den Hof der Merveille. »Wohin?«
    »Ins Châtelet.«
    Fünf hastige Schritte durch den dichten Regenschleier, ein paar Stufen, dann stehen wir im Saal der Wachen mit dem Portal der Abtei und dem großen Kamin.
    Der Schreck presst mir die Luft aus den Lungen. »Das Tor ist von innen verriegelt.«
    Padric sieht mich von der Seite an. »Sie ist also noch hier.«
    Ich schüttele den Kopf. »Sie kann über die Lastenrampe entkommen sein. Zum Brunnen. Oder zur Kapelle.«
    Ich hoffe so sehr, dass sie in Sicherheit ist.
    Padric blickt über meine Schulter. »Sieh mal.«
    Ich drehe mich um. Die Tür neben dem Kamin steht einen Spaltbreit offen. Dahinter führt eine Treppe hinauf zur Belle–Chaise, dem Saal des Gerichts. »Komm!«
    Ich stoße die Tür auf. Padric hechelt hinter mir die Stufen hinauf in den Gerichtssaal. Mitten im Saal bleibe ich stehen.
    Ein grellweißer Blitz, gefolgt von einem rumpelnden Donnergrollen, beleuchtet ein apokalyptisches Bild.
    Padric ächzt, als er den abgetrennten Kopf entdeckt. »Das Schwert … O mein Gott!« Er muss würgen. »›Und ich sah, als das Lamm das zweite von den sieben Siegeln öffnete, ein feuerrotes Pferd. Und dem, der darauf saß, wurde gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen und die Menschen dahin zu bringen, dass sie einander schlachteten. Und ihm wurde ein großes Schwert gegeben.‹«
    Ich nicke langsam. »Wir haben das zweite Siegel gefunden.«

Alessandra
Kapitel 57
    Im Infirmarium
Viertel nach vier Uhr morgens
    Die Mönche kommen immer näher.
    Als es plötzlich hinter mir raschelt, nehme ich rasch ein chirurgisches Instrument vom Tisch und fliehe hinter einen der Vorhänge zwischen den Betten.
    Robin steht in der Tür des Nachbarraums zum Infirmarium und zur Apotheke, wo Corentin und Abelard, nachdem sie hastig die Kerze gelöscht haben, genauso atemlos in der Finsternis verharren wie ich. Er späht zu mir herüber. Hat er mich gesehen?
    Meine Finger schließen sich um den Griff des scharfen Instruments, das aussieht wie der Haken.
    Robin steht immer noch reglos in der Tür.
    Das Herz klopft mir bis zum Hals.
    »Du hast mich zu Tode erschreckt«, sagt er plötzlich.
    Ich halte die Luft an. Und warte ab.
    »Komm her.« Robin scheint sich hinzuknien.

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