Das Teufelslabyrinth
starke Männer, unsere Väter, die sich von allem losgesagt hatten, woran sie glaubten, nur um sich und ihre Kinder und die Kinder ihrer Kinder vor den Inquisitoren zu schützen.«
»Deine Opfer wiegen nicht leichter als ihre, Paquito «, erwiderte Farrooq und legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter.
»Ach, das ist nichts«, murmelte Abdul, doch das Glitzern in seinen Augen verriet seinem Bruder, wie schwer es für ihn gewesen war. Schon im nächsten Moment waren seine Augen wieder klar, und er atmete tief durch. »Bald wird die Welt die Rache Allahs erfahren, und danach gibt es keine Kirche mehr.«
»Insha-allah«, intonierte Farrooq. »Gottes Wille geschehe.«
»Insha-allah«, echote Abdul. Er stand auf und umarmte seinen Bruder. »Und jetzt«, fuhr er fort und wischte sich rasch eine Träne aus dem Augenwinkel. »Lass uns zusammen beten, ein letztes Gebet, bis die Tat vollbracht ist.«
»Und dann?«
»Und dann werde ich wieder in meine Priesterverkleidung schlüpfen und diese Scharade noch ein paar Stunden weiterspielen, während du auf die Sirenen wartest - und die Schlagzeilen.«
»Ich glaube, heute ist der glücklichste Tag meines Lebens«, sagte Tom Kelly.
»Mein glücklichster wird der Tag sein, an dem der Papst in Stücke gerissen wird«, antwortete Pater Sebastian.
Pater Sebastian drehte den Schlüssel im Schloss der untersten Schublade seiner alten Eichentruhe und ließ diese auf einer Rollschiene herausgleiten, die er selbst eingebaut hatte, nachdem er entschieden hatte, dass der Inhalt dieser Schublade zu wertvoll war, um ihn einem Banksafe anzuvertrauen. Von außen unterschied sich die untere Lade in nichts von den anderen vieren. Doch während die anderen aus dem originalen Eichenholz mit den Schwalbenschwanzverbindungen bestanden, war die unterste Schublade etwas Besonderes: In ihr fand eine Stahlbox Platz, die genau den Innenraum der Lade ausfüllte und in der diverse andere, genau ineinanderpassende Boxen steckten. Jede dieser Boxen erfüllte einen speziellen Zweck: Eine war feuerfest, eine andere wasserdicht; wieder andere boten absoluten Schutz gegen alle weltlichen Gefahren, die ihm eingefallen waren, gegen Mikroben, Strahlen, ja, beinahe alles außer einem atomaren Supergau. Nachdem er die Kombinationsschlösser in den Deckeln der ersten drei Boxen geöffnet hatte, klappte er die anderen Boxen auf, bis er sich schlussendlich zu dem wertvollen Schatz vorgearbeitet hatte, der wohlbehütet und versteckt in der innersten Box lag. Es war die Rosenholzschatulle, die er und sein Bruder als Kinder im Garten ihres Hauses in Spanien entdeckt hatten. Die Schatulle war in ein Stück von einem Gebetsteppich eingewickelt, den er im Speicher eben jenes Hauses unter den Sachen seine Vaters gefunden hatte.
Etliche Momente lang betrachtete er schweigend dieses Kästchen, konnte es kaum fassen, dass die Zeit schlussendlich doch noch gekommen war. Alles, was er seit dem Moment getan hatte, als er und sein älterer Bruder ein Grab für ihren Iguana ausgehoben und dabei die Schatulle
mit dem vermissten Kruzifix und der Schriftrolle gefunden hatten, würde schließlich in einem Akt der Gerechtigkeit gipfeln, der seit knapp sechs Jahrhunderten überfällig war.
Seit diesem Tag war seine Entschlossenheit, das schreckliche Unrecht zu rächen, das man seine Familie zugefügt hatte, allmählich zu einer hell lodernden Wut entflammt, die keine Macht der Welt hätte besänftigen können.
Aber jetzt, knapp dreißig Jahre nach diesem schicksalhaften Fund, würde seine Mission zu einem glücklichen Ende kommen.
Die Bedeutungsschwere dieses Augenblicks zog ihn erst auf die Knie, dann ganz auf den Boden, wo er sich auf den Bauch legte, die Arme gegen Mekka ausstreckte und Allah dankte, der ihn geleitet hatte. Allah, der seine Gebete erhört und der katholischen Kirche einen Papst geschenkt hatte, der mit den uralten Riten vertraut war. Allah, der dafür gesorgt hatte, dass dieser Papst die Tragweite dessen begriffen hatte, was er in dem Video gesehen hatte, das der als Sebastian Sloane bekannte Priester ihm durch den törichten - aber höchst gefügigen - Kardinal Morisco hatte zukommen lassen.
Jetzt war es Allah, der ihm den Papst schickte, ihm, Abdul Kahadija. Diesen Namen hatte der Mann, der eigentlich Pater Sebastian Sloane hieß, angenommen, nachdem er die Wahrheit über die Geschichte seiner Familie entdeckt, sich zu dem wahren islamischen Glauben seiner Vorväter bekehrt und der Häresie der
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