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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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gekleidete Gestalt aus den Schatten im hinteren Teil des Raumes und trat in den Schein der aufgestellten Kerzen. »Komm herein, Ryan«, sagte Pater Sebastian leise, besänftigend. »Auf dich wartet ein Geschenk.«
    Ryan brach der Schweiß aus allen Poren, als er gegen diese unsichtbaren Mächte ankämpfte, die ihn antrieben, in diesen Raum zu gehen.
    »Durch mein Blut lebst du und bist mir zu Gehorsam verpflichtet«, sprach der schwarz gekleidete Priester.
    Kaum hatte Ryan diese Worte vernommen, spürte er, wie sich diese Macht, die in ihm wohnte, mit den Energien in dieser unheimlichen Kammer vereinigte, und wusste,
dass er nicht imstande sein würde, Pater Sebastians Befehl zuwiderzuhandeln.
    Wie von eigener Kraft getrieben, lösten sich seine Finger nacheinander vom Türrahmen.
    »Ich befehle dir, dich meinem Willen zu beugen.« Die Stimme des Priesters klang längst nicht so bedrohlich wie die Worte selbst.
    Wie in Zeitlupe schob Ryans linker Fuß sich über die Schwelle, und in dem Augenblick wurde er von einer eigentümlichen Gelassenheit ergriffen.
    Plötzlich fühlte er sich, als käme er nach Hause.
    Er schaute zu Melody und Sofia. Beide lächelten ihn an.
    Es war ein willkommenheißendes Lächeln, so als ob eine Familie - ihre Familie, drei Kinder und ein Vater - endlich vollzählig war.
    Aber das war alles gar nicht wahr!
    Der Priester war nicht Ryans Vater, und Sofia und Melody waren nicht seine Schwestern. Etwas stimmte hier nicht - stimmte ganz und gar nicht.
    »Ausgezeichnet«, lobte ihn Pater Sebastian. »Bitte, nimm deinen Platz ein.«
    Ryan zitterte am ganzen Körper, während er sich weiterhin gegen jeden einzelnen Schritt sträubte, der ihn zu dem dritten Startpunkt dieses Kreidelabyrinths hinführte, doch sein Verstand schien die Kontrolle über seinen Körper verloren zu haben. Der gehorchte nur noch den Befehlen von diesem seltsamen Wesen … diesem Etwas , das sich irgendwann in ihm eingenistet hatte.
    Diesem Etwas und Pater Sebastians hypnotisierender Stimme.
    Und als ob er plötzlich seinen Körper verlassen hätte, konnte Ryan sich selbst dabei zusehen, wie er sich an den dritten Ausgangspunkt dieses Labyrinths bewegte.

    Pater Sebastian legte ein kleines Bündel auf den Deckel des Steinsarkophags, zog dann feierlich die rote Schleife auf und schlug den schwarzen Samt auseinander. Zwischen den dunklen Stofffalten sah Ryan etwas glitzern: Es war ein großes, silbernes Kruzifix, das Pater Sebastian aus der samtenen Umhüllung nahm und es in die Höhe hielt, als wollte er es Ryan anbieten. Doch dann drehte er es um, und da erkannte Ryan, dass das nicht nur ein gewöhnliches Kruzifix war.
    Es war gleichzeitig ein Dolch, und während der Priester seine rechte Hand um den Kopf des Gekreuzigten schloss, presste er das messerscharf zugeschliffene Ende des Kreuzes an seine Lippen und küsste es.
    Die Klinge funkelte im Schein der Kerzen, und Ryan liefen eiskalte Schweißtropfen an den Wangen herab.
    Nachdem der Priester die heilige Waffe auf dem kalten Marmordeckel des Sarkophags abgelegt hatte, wandte er sich wieder dem samtenen Bündel zu, schlug noch eine Stofflage zur Seite und entnahm ihm eine antike Schriftrolle mit ausgefransten Rändern und einer abgegriffenen Spindel. Ganz behutsam entrollte er die Schrift und begann den lateinischen Text vorzulesen.
    Nach ein paar Sätzen nur begann erst Sofia, dann auch Melody mit ihm gemeinsam den Text zu rezitieren.
    Und obwohl Ryan diese Worte noch nie zuvor gehört hatte, kamen auch ihm die Verse wie selbstverständlich über die Lippen.
    Dabei sagte er sie nicht nur auf, er verstand sie auch.
    Sie alle sprachen ein Gebet, in dem sie um Einigkeit baten.
    Und um Kraft.
    Ihre Stimmen schwollen an zu einem Bittgesang, und obwohl die Kerzen auf einmal heller zu brennen schienen,
spürte Ryan, dass sich der Raum mit etwas anderem füllte.
    Etwas Dunklem.
    Etwas Bösem.
    Jeglicher Widerstand, den er beim Betreten des Raums noch gespürt hatte, schwand dahin, und während ihr Gesang immer lauter wurde, fingen Sofia und Melody und Ryan an, sich langsam entlang der Kreidelinien zu bewegen, erst in eine Richtung, dann in eine andere, sie kamen einander sehr nahe, aber nur, um im letzten Moment wieder voneinander abzuschwenken.
    Ganz langsam durchmaß Ryan den Raum, einen Fuß geduldig vor den anderen setzend, wie in Trance. Dann und wann begegneten ihm die beiden Mädchen, ein jedes folgte seinem eigenen Pfad, aber sie berührten einander niemals, ihre Wege

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