Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
nicht zu beschädigen. Andere Männer hätten sich vielleicht von ihrer Schönheit oder ihrer Figur angezogen gefühlt; trotz des Overalls war unschwer zu erkennen, wie ihr Körper wohl aussehen mochte. Boyd hingegen lagen derartige Gedanken wie immer fern. Dennoch glaubte er einen Hauch von Vergnügen zu verspüren, während er die Frau bei der Arbeit beobachtete.
    Er musste an etwas aus seiner Vergangenheit denken … Thompson runzelte die Stirn, sah die Frau hin und her gehen, hin und her … Ja, das war’s. Das Muster erinnerte ihn an die Gehörnten Klapperschlangen, auf die sein Vater ihn hingewiesen hatte, wenn sie gemeinsam auf der Jagd gewesen waren oder Spaziergänge unternommen hatten, damals in der texanischen Wüste am Rand von Amarillo, unweit ihres Wohnwagens.
    Sieh sie dir an, Junge. Sieh genau hin. Sind sie nicht prächtig? Aber komm ihnen bloß nicht zu nahe. Ihr Kuss ist tödlich.
    Er lehnte sich an die Wand und fixierte die Frau in Weiß, wie sie hin und her ging, hin und her.
     
     

 … Vier
     
    »Wie sieht’s aus, Sachs?«
    »Gut«, teilte sie Rhyme über Funk mit.
    Sie beendete soeben das Gitternetz – womit eine Technik zur Untersuchung eines Tatorts gemeint war: Man schritt das Areal ab, als würde man einen Rasen mähen, erst in senkrechten Bahnen, dann in waagerechten. Dabei beachtete man nicht nur den Boden, sondern ebenso die Decken und Wände. Auf diese Weise wurde jeder Quadratzentimeter aus verschiedenen Blickwinkeln in Augenschein genommen. Es gab auch noch andere Suchverfahren, doch Rhyme bestand stets auf dieser Methode.
    »Was heißt ›gut‹?«, fragte er gereizt. Rhyme mochte keine Verallgemeinerungen oder »schwammigen« Formulierungen, wie er es nannte.
    »Er hat ein paar Requisiten zurückgelassen«, erwiderte sie. Da die Funkverbindung zwischen Rhyme und Sachs hauptsächlich dazu diente, dem Kriminalisten einen unmittelbaren Eindruck der Tatorte zu verschaffen, hielten die beiden sich bei ihren Gesprächen für gewöhnlich nicht an die für den Polizeifunk gültigen Richtlinien, beispielsweise die Sprechaufforderung durch das Wörtchen Kommen.
    »Ach, wirklich? Damit können wir ihn vielleicht genauso eindeutig identifizieren wie anhand seiner Brieftasche. Was denn konkret?«
    »Da wird’s ein wenig seltsam, Rhyme. Einerseits die typischen Hilfsmittel eines Vergewaltigers: Isolierband, Teppichmesser und Kondome. Darüber hinaus allerdings eine Tarotkarte. Mit dem Bild eines Mannes, der kopfüber an einem Balken hängt.«
    »Ist er ein echter Irrer oder bloß ein Nachahmungstäter?«, grübelte Rhyme. Im Laufe der Zeit hatten viele Mörder Tarotkarten und anderes Esoterikzubehör an den Schauplätzen ihrer Verbrechen hinterlassen – der bedeutendste Fall der letzten Jahre war der des Scharfschützen von Washington D.C. gewesen.
    »Wir haben Glück«, fuhr Sachs fort. »Er hat alles in einer hübschen glänzenden Plastiktüte verstaut.«
    »Hervorragend.« Zwar waren Verbrecher in der Regel so schlau, an den eigentlichen Tatorten Handschuhe zu tragen, doch vergaßen sie häufig die Fingerabdrücke auf allen mitgebrachten Gegenständen. Eine achtlos weggeworfene Kondomverpackung hatte schon manchen Vergewaltiger überführt, der penibel darauf bedacht gewesen war, bei seiner Tat weder Abdrücke noch Körperflüssigkeiten zu hinterlassen. Im vorliegenden Fall mochte der Täter das Klebeband, das Messer und die Kondome abgewischt haben, ohne auch an die Tüte zu denken.
    Amelia verpackte alles in einer Beweismitteltüte aus Papier – das sich meistens besser für eine sichere Aufbewahrung eignete als Kunststoff – und stellte diese beiseite. »Die Sachen lagen auf einem Bücherregal in der Nähe der Stelle, an der das Mädchen gesessen hat. Ich untersuche es jetzt genauer.«
    Sie stäubte die Regalböden mit fluoreszierendem Puder ein, setzte eine orangefarbene Brille auf und richtete eine spezielle Lampe auf den Bereich. Dank der veränderten Wellenlänge des Lichts konnten ansonsten unsichtbare Blut-, Sperma- oder Fingerspuren sichtbar gemacht werden. Sachs schwenkte die Lampe hin und her. »Keine Abdrücke«, meldete sie. »Aber ich kann sehen, dass er Latexhandschuhe getragen hat.«
    »Ah, das ist gut. Aus zwei Gründen.« Rhymes Stimme nahm einen schulmeisterlichen Tonfall an. Er testete Amelia.
    Zwei?, fragte sie sich. Einer war ihr sofort klar: Falls es ihnen gelang, den Handschuh zu finden, konnten sie von der Innenseite Fingerabdrücke nehmen (woran viele

Weitere Kostenlose Bücher