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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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eingetroffen.«
    »Was konkret war der Inhalt des Artikels?«, ließ Rhyme nicht locker.
    Sie zögerte. Als sie zu ihrer Erklärung ansetzte, klang sie ungehalten. »Charles Singleton, mein Vorfahr, war Sklave in Virginia. Aufgrund eines Gesinnungswandels ließ sein Besitzer alle Sklaven frei. Und weil Charles und seine Frau schon so lange bei der Familie gelebt und den Kindern des Besitzers lesen und schreiben beigebracht hatten, schenkte er ihnen eine Farm im Staat New York. Im Bürgerkrieg diente Charles als Soldat. Danach kehrte er heim, und 1868 warf man ihm vor, er habe einen Bildungsfonds für Schwarze bestohlen. Das ist alles, worum es in diesem Artikel ging. Ich war gerade bei der Stelle, an der Charles auf der Flucht vor der Polizei in den Fluss sprang, als dieser Mann aufgetaucht ist.«
    Rhyme fiel auf, dass sie zwar über ein beachtliches Ausdrucksvermögen verfügte, doch dabei sehr gedrängt sprach, als wolle sie die Worte lieber für sich behalten. Mit gebildeten Eltern auf der einen Seite und unbedarften Freundinnen wie Lakeesha auf der anderen schien es nur einleuchtend, dass das Mädchen gewissermaßen eine linguistisch gespaltene Persönlichkeit aufwies.
    »Du weißt also nicht, was aus Charles geworden ist?«, fragte Sachs.
    Geneva schüttelte den Kopf.
    »Wir müssen wohl davon ausgehen, dass der Täter sich für deine Nachforschungen interessiert hat. Wer wusste vom Thema deines Aufsatzes? Dein Lehrer, nehme ich an.«
    »Nein, ich habe ihm keine Einzelheiten verraten. Ich glaube, ich habe nur Lakeesha genauer eingeweiht. Sie könnte es irgendwo erwähnt haben, aber das bezweifle ich. Hausaufgaben spielen keine besonders große Rolle für sie, wenn Sie verstehen, was ich meine. Nicht mal ihre eigenen. Letzte Woche bin ich in Harlem in einer Anwaltskanzlei gewesen, um mich nach alten Strafakten aus dem neunzehnten Jahrhundert zu erkundigen, aber ich habe dem Anwalt dort nicht viel erzählt. Doch Dr. Barry wusste natürlich Bescheid.«
    »Und er hat es gegenüber dieser anderen Person erwähnt, die sich ebenfalls für die Zeitschrift interessiert hat«, betonte Rhyme. »Nur, um es mal durchzuspielen: Wir nehmen an, es steht tatsächlich etwas in diesem Artikel, von dem der Täter nicht möchte, dass es bekannt wird – vielleicht über deinen Vorfahren, vielleicht über etwas völlig anderes.« Ein Blick zu Sachs. »Ist jemand von uns am Tatort?«
    »Ein Streifenbeamter.«
    »Lasst die Angestellten befragen. Findet heraus, ob Barry erzählt hat, dass jemand sich für diese alte Zeitschrift interessiert. Lasst außerdem seinen Schreibtisch durchsuchen.« Rhyme fiel noch etwas ein. »Und ich möchte eine Aufstellung seiner Telefonate während des letzten Monats.«
    Sellitto schüttelte den Kopf. »Linc, also wirklich … das klingt ziemlich dürftig, meinst du nicht auch? Wir reden über – was? Das neunzehnte Jahrhundert? Das ist kein kalter Fall, das ist ein gefrorener.«
    »Ein Profi, der fingierte Spuren hinterlässt, einen Mord versucht und einen begeht – direkt vor den Augen mehrerer Polizisten –, und das alles bloß, um diesen Artikel zu stehlen? Das ist nicht dürftig, Lon. Das schreit geradezu zum Himmel.«
    Der massige Cop zuckte die Achseln und rief das Revier an, um dem Beamten vor Ort sämtliche Anweisungen übermitteln zu lassen. Dann beantragte er eine gerichtliche Verfügung, um Einsicht in die Unterlagen von Barrys dienstlichen und privaten Telefonanschlüssen nehmen zu können.
    Rhyme musterte das schmale Mädchen und kam zu dem Schluss, dass ihm keine Wahl blieb; er durfte die unangenehme Tatsache nicht für sich behalten. »Dir ist klar, was all das bedeuten könnte, nicht wahr?«
    Einen Moment lang herrschte Stille, und er konnte an Sachs’ besorgtem Blick zu Geneva erkennen, dass zumindest die Polizistin den Ernst der Lage erfasste. »Lincoln will sagen, dass der Mann höchstwahrscheinlich immer noch hinter dir her ist«, erklärte Amelia schließlich dem Mädchen.
    »Das ist doch Blödsinn«, rief Geneva Settle.
    Rhyme ließ einen Augenblick verstreichen. »Leider nein, fürchte ich«, sagte er dann ernst.
     
    Thompson Boyd saß an dem Internetzugang eines Fotokopierladens in Downtown und hatte die Website eines örtlichen Fernsehsenders aufgerufen, deren Nachrichtenteil alle paar Minuten aktualisiert wurde. Die Überschrift der Meldung, die er las, lautete:
     
    MUSEUMSANGESTELLTER ERSCHOSSEN; ZEUGE DES ÜBERFALLS AUF EINE SCHÜLERIN.
     
    Boyd stieß einen fast

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