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Das tibetische Orakel

Titel: Das tibetische Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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hier einbrechen.«
    Das klang nach einem Angebot.
    Shan sah seine Begleiter an. Er hatte kein Geld, und seine wenigen Habseligkeiten waren in den Bergen bei Yapchi zurückgeblieben. Winslow nahm seinen Rucksack ab, den er immer noch bei sich trug, und schaute hinein. Er runzelte die Stirn, blickte kurz auf und suchte dann weiter. Seinen Kocher und die Gaspatrone hatte er Dremu geschenkt, seine Süßigkeiten den Kindern beim Dorf. Er zog das Fernglas hervor. Mit großen Augen nahm der junge Mann es aus seiner Hand entgegen und hängte es sich um den Hals. Dann schloß er ihnen wie ein emsiger Krämer die einzelnen Schränke auf.
    Als sie zehn Minuten später aufbrachen, trug jeder von ihnen einen Schutzhelm und Shan einen Ölbefleckten braunen Overall über der eigenen Kleidung. Somo und Winslow hatten sich die grünen Firmenjacken übergestreift, wobei die Tibeterin dank eines dicken Pullovers wie ein breitschultriger Mann aussah.
    »Wir haben noch immer keinen Plan«, klagte die purba. »Ich sollte ins Büro zurückkehren. Vielleicht kann ich irgendwas am Computer machen und dadurch von uns ablenken.«
    »Nein«, raunte Winslow verschwörerisch. »Diesmal machen wir's auf die Cowboy-Tour.«
    Er führte sie durch die Reihen der Wohnanhänger zur anderen Seite des Geländes, wo zwei große Helikopter vor einem kleinen Hangar standen. Eine der Maschinen wurde mit Vorratskisten beladen. Sie mußten nur fünf Minuten warten, dann waren die Ladearbeiter fertig, und eine schlanke Gestalt mit enger roter Nylonjacke, Baseballmütze und dunkler Sonnenbrille trat aus dem Gebäude, ging auf den Hubschrauber zu und schnippte dabei lässig eine Zigarette weg. Winslow deutete auf einen Stapel kleiner Kartons. Jeder von ihnen nahm einen und ging auf den Helikopter zu. Der Mann öffnete die Cockpittür.
    »Es hieß doch, die Fracht sei vollständig an Bord«, protestierte er ungeduldig.
    »Das stimmt auch«, erwiderte Winslow, öffnete kurzerhand die Schiebetür zum Laderaum hinter der Kabine, stieg ein und ließ Shan und Somo an sich vorbeiklettern, bevor er die Tür wieder zuzog. Die Cowboy-Tour, dachte Shan unbehaglich.
    Der Pilot seufzte, als sei er derartige Scherze gewohnt. »Tut mir leid, ich darf heute niemanden mitnehmen. Die Personalabteilung macht mir die Hölle heiß, wenn ich ohne den nötigen Papierkram Passagiere befördere.«
    Er schloß die Cockpittür und fing an, auf einer Schalttafel über seinem Kopf mehrere Kipphebel umzulegen.
    »Wohin soll's gehen?« fragte Winslow.
    »Lager Neun, im Südwesten. Die Briten.«
    »Perfekt«, sagte Winslow jovial. »Wir wollen auch nach Südwesten. In die Nähe von Yapchi.«
    »Nicht heute. Yapchi ist morgen dran.«
    Der Pilot klang völlig gelassen, aber Shan sah, daß seine Hand sich dem Mikrofon des Funkgeräts näherte. Neben dem Hangar standen zwei Männer in den braunen Jacken des Sicherheitsdienstes der Firma und wandten ihnen den Rücken zu. Der Motor lief heulend warm.
    »Der Plan hat sich geändert«, sagte Winslow.
    Der Pilot drehte sich zu ihm um, seufzte und nahm das Mikrofon. »Tut mir leid, aber ich muß jetzt los. Wenn ihr nach Yapchi wollt, geht in die Personalabteilung und erledigt die Formalitäten. Ich starte morgen nach dem Frühstück.«
    Er drückte einen Knopf am Mikrofon, und aus dem Lautsprecher erklang ein Rauschen.
    »Aber es ist ein Notfall«, sagte Winslow und lächelte den Mann immer noch an.
    »Das glaube ich kaum«, gab der Pilot barsch zurück und hob das Mikrofon an die Lippen.
    »Im Namen der amerikanischen Regierung beschlagnahme ich diesen Helikopter«, verkündete Winslow ernst und zog seinen Paß aus der Tasche.
    Der Pilot ließ das Mikrofon sinken. »Guter Witz«, sagte er achselzuckend. »Ich mag die Amerikaner, aber am besten geht ihr jetzt einfach, und niemand wird etwas von der Sache erfahren. Falls ich die Sicherheit rufen muß, wird's übel. Und es landet in den Akten.«
    Er betrachtete sie genauer. »Die Leute vom Sicherheitsdienst sind ohnehin schon wegen irgend etwas verdammt sauer.«
    Winslow nahm seine Landkarte, deutete auf eine bestimmte Stelle und hielt dabei seinen Paß mit zwei Fingern am Kartenrand fest. »Ein schneller Hubschrauber würde bei einer so unbedeutenden Kursänderung doch kaum länger brauchen.«
    Der Pilot sah den Paß an, runzelte die Stirn und hob erneut das Mikrofon.
    Winslow drückte es herunter. »Hören Sie gut zu«, sagte er auf englisch. »Jemand ist in Lebensgefahr.«
    »Jetzt reicht's«, sagte der

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