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Das tibetische Orakel

Titel: Das tibetische Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Pilot, machte sich von dem Amerikaner los und legte die Hand auf den Griff der Cockpittür.
    Winslow seufzte und schaute zu dem Rucksack, der neben ihm stand. Shan mußte erschrocken daran denken, daß der Amerikaner Lins Pistole besaß. Winslow warf Shan einen kurzen Blick zu und streckte dem Piloten seinen Paß entgegen. »Ich bin amerikanischer Diplomat - sehen Sie.«
    Er klappte das Dokument auf. »In der Botschaft in Peking hat man uns vor Taschendieben gewarnt, weil amerikanische Diplomatenpässe auf dem chinesischen Schwarzmarkt überaus wertvoll sind. Schmuggler zahlen ein Vermögen dafür. Ein guter Paß, der erst in fünf oder sechs Jahren ausläuft, kann bis zu zehntausend amerikanische Dollar einbringen.«
    Der Pilot ließ die Tür los und nahm den Paß, um ihn sich genauer anzusehen. »Mein Paß ist noch sieben Jahre gültig«, sagte Winslow. »Ich gehe einfach bei uns ins Büro, melde ihn als gestohlen und bekomme einen neuen.«
    »Und dieser hier wird als ungültig registriert«, wandte der Pilot ein.
    »Das spielt keine Rolle. Die meisten Leute wissen, daß sie ihn auch weiterhin überall dort benutzen können, wo es keinen automatischen Datenabgleich gibt. Also an den meisten Grenzposten der Welt.«
    Der Pilot starrte sie nacheinander kurz an, steckte den Paß ein und startete die Rotoren.
    Wenn du stirbst, wirst du ein lautes Rauschen vernehmen, wie von starkem Wind, verbunden mit einem Gefühl, als würdest du schweben, und die Welt um dich herum wird sich empor schwingen. Shan mußte unwillkürlich an die Worte des Todesritus denken, während sie über die zerklüftete Landschaft dahinrasten. Er trug den Kopfhörer, der am Sitz vor ihm gehangen hatte, schaute aus dem kleinen Fenster und zog sich an einen fernen Ort tief in seinem Innern zurück. Der Flug in einem Hubschrauber konnte durchaus eine Art Meditationsübung sein, denn man begriff dabei, wie unermeßlich groß und vergänglich die Welt war.
    Der Pilot hatte keine Einwände, als Winslow ihn bat, das Lager Yapchi zu umfliegen und sich statt dessen in niedriger Höhe aus Richtung Westen zu nähern, um nicht gesehen zu werden. Es lag in seinem eigenen Interesse, daß die Kursabweichung niemandem auffallen würde, und auch die ursprüngliche Route verlief westlich von Yapchi. Als sie sich der Stelle näherten, die Winslow auf der Karte markiert hatte, ging der Pilot tief herunter und folgte den Konturen des Bergrückens, bis Shan plötzlich merkte, daß sie schwebten. Winslow und der Pilot deuteten auf ein Plateau dicht unterhalb der Kammlinie und zogen die Karte zu Rate. Dann flog die Maschine auf einmal hundert Meter weiter, richtete sich auf und sank. Die Landung verlief relativ unsanft. Winslow riß die Tür auf, und sie sprangen hinaus. Die Pilot salutierte spöttisch, zögerte, ließ den Blick über die kahle Gegend schweifen und sah dann die drei Gestalten neben seinem Helikopter an. Er öffnete das Gurtschloß, wühlte im Laderaum herum und warf einige Gegenstände zur offenen Tür hinaus. Zwei Decken, einen Erste-Hilfe-Kasten, eine Daunenweste und zuletzt eine Tüte amerikanische Kartoffelchips.
    Wenige Sekunden später war der Hubschrauber verschwunden, und sie standen auf dem hohen Grat allein im Wind. Winslow reichte die Weste an Somo weiter, während Shan die anderen Sachen in eine der Decken wickelte, die er sich über die Schulter warf. Dann lief er zu einem Felsvorsprung in der Nähe, denn so ungeschützt im Freien fühlte er sich seltsam unbehaglich.
    »Sie wollen Miss Larkin finden«, sagte er zu Winslow, als der Amerikaner ihn einholte. »Somo und ich möchten zu den purbas. Ich glaube, sie stecken alle an ein und demselben Ort.«
    »Das können Sie nicht wissen«, widersprach Winslow.
    »Herrje, Sie wittern wirklich überall eine Verschwörung.«
    Shan seufzte. »Im Helikopter ist mir etwas klargeworden. Als Somo von Larkins Zugriff auf den Computer erzählt hat, habe ich sie gefragt, warum ihr so bereitwillig Auskunft erteilt wurde. Das war die falsche Frage. Ich hätte mich erkundigen müssen, wieso überhaupt jemand von Larkins Vorgehen wissen konnte, obwohl sie doch so sehr auf Geheimhaltung bedacht war. Es gibt darauf nur eine logische Antwort: Die purbas arbeiten aus irgendeinem Grund mit ihr zusammen. Außerdem erklärt es Zhus großes Interesse an ihr. Eine Ausländerin, die aktiv die Widerstandsbewegung unterstützt, wäre für die Regierung.«
    Shan hielt mitten im Satz inne. Winslow grinste ihn an.
    Somo zuckte

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