Das Tibetprojekt
Exzessen, von finsterem Geisterglauben und Okkultismus. Sicher erkannten sie, dass diese blutige und gewalttätige
Religion in Zukunft eine treibende Kraft sein würde. Und die musste gestoppt werden. So drangen sie in geheimer Mission nach
Tibet ein. Ich denke, Rom hat seine besten Männer geschickt, Mönche mit großem politischen Weitblick und Entschlusskraft.
Und ich glaube, dass sie es auch waren, die in dem Chaos und dem Sittenverfall Tibets ihre Chance erkannten und die neue Schule
gründeten. Den Orden der Reformierten.«
»Die Dalai Lamas.«
»Ja, die Gründung eines völlig neuartigen Ordens war Teil einer Strategie, über Tibet und den Buddhismus die Mongolen zu befrieden
und damit Europa vor der Herrschaft Luzifers zu retten. Eine gewaltige, heilige Geheimdienst-Operation. Vielleicht haben sie
das legendäre Lhasa auch damals schon für den Stammsitz des Satans gehalten. Aber das wichtigste Ziel war ein neuer Glaube
in Tibet. Sie wussten, dass sie die Mongolen nur über den Umweg der tibetischen Religion kontrollieren und aus Europa heraushalten
konnten.«
»Geniale Sache. Und das haben sie ja dann geschafft.«
»Ja, haben sie. Aber aus völlig anderen Gründen. Die Sache lief zunächst schief. Die Bekehrung klappte nicht. Im Gegenteil,
der neue, von Christen geschaffene Orden zog jetzt selbst in den Krieg. Grausamer und blutiger als alle anderen vor ihm. Die
Missionare müssen verzweifelt |346| zugeschaut haben, wie ihnen alles aus den Händen glitt. Offensichtlich konnten auch das Kreuz und die Bibel diese Bestien
im Himalaja nicht zähmen. Aber das Praktische daran war, dass sich nun die tibetischen Orden mit ihren jeweils alliierten
Mongolenfürsten untereinander so zerfleischten, dass sie keine Zeit mehr für Europa hatten. Das war unsere Rettung.«
»Übernimm mal den Suchscheinwerfer«, sagte Li Mai und zeigte auf die Armaturen. »Aber wofür schämt sich dann der Vatikan und
warum unterdrückt er das historische Material?«
Decker leuchtete eine enge Schlucht aus, durch die sie sich im Schritttempo vorantasteten. Er sah das Mondlicht am anderen
Ende und erst, als sie es erreichten, sagte er erleichtert: »Keine Ahnung. Wahrscheinlich war es ihnen peinlich. Sie haben
sich vor Gott schwer versündigt, weil sie seine Lehre in die Hände von Unmenschen gaben. Oder sie wissen, dass sie den Kampf
gegen das Böse in Tibet nicht gewonnen haben. Der Glaube und das Gute haben hier völlig versagt. Wie sagte der Kardinal: Satan
spielt mit uns. Das heißt, die Dämonen Tibets haben sich stärker erwiesen als die Heilige Schrift.«
»Dennoch«, unterbrach ihn Li Mai. »Ich finde, er übertreibt. Die Inquisition war auch nicht schön, und dafür haben sie sich
sogar entschuldigt.«
»Die Inquisition ist vorbei. Tibet ist zwar auch lange her, aber es ist nicht vorbei. Es gibt ja noch Dalai Lamas.«
Li Mai riss die Augen auf, als sie plötzlich verstand. »Du glaubst ...«
»Nicht was ich glaube, ist entscheidend, sondern was der Vatikan glaubt. Und in den Augen der Päpste sind die Dalai Lamas
eine von ihnen ins Leben gerufene Schöpfung. Satan hat jedoch eine Spottgeburt daraus |347| werden lassen und mit ihnen gemacht, was er wollte. Jedesmal, wenn ein Dalai Lama schrie und umgebracht wurde, hat Satan gelacht.
Und Rom musste zusehen. Als der 6. Dalai Lama sich dem Suff und den Huren hingab, hat Satan gelacht. Und Rom bis auf die Knochen gedemütigt. Und dann kam das
teuflische Finale. Er schickte die Missgeburt an ihre Heimatadresse zurück. Nach Europa.«
»Wie meinst du das?«, fragte Li Mai.
»Es ist bekannt, dass der Vatikan mit dem Dritten Reich kommunizierte. Wer weiß, was hinter verschlossenen Türen in Rom geschah,
als Hitler sich für Tibet interessierte. Wie sah der Papst die Nazis und vor allem: Was dachte er, als die SS zum Sitz Satans
gereist ist, also genau dorthin, wo der Vatikan so kläglich gescheitert war? Dachte der Vatikan an göttliche Rache und Vergeltung?
Vielleicht hoffte der Papst ja, dass die Nazis die Hölle in Tibet zufrieren lassen und Satan aus seinem Sitz auf Erden verjagen
würden.«
»Aber die Nazis planten ja wohl das genaue Gegenteil.«
»Richtig. Das muss ein Schock für den Vatikan gewesen sein. Satan und Hitler zusammen! Vielleicht hat Rom sie ja schon als
Einheit und damit Armageddon am Horizont heraufziehen sehen.«
»Aber das sind doch nur Theorien. Das Dritte Reich ist untergegangen, Hitler und
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