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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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seiner Waffe verlieh er seiner Aufforderung Nachdruck.
    »Wer ist
uns
?«, fragte Li Mai.
    Der Killer schwieg gelassen.
    Decker verstand. Das war die Endstation der Reise. Keine Ausgrabung des Gokangs. Keine historischen Funde von unschätzbarem
     Wert.
    Aber dafür sein Leben.
    Er hatte wohl keine Wahl. Nun ja, es hätte anders ausgehen können.
    Schlimmer. Viel schlimmer.
    |374| Tödlich.
    Gleichzeitig dachte er:
Es ist alles wahr. Der Gokang ist hier im Gebäude! Hitler hatte hier etwas vor, und wir standen unmittelbar vor dem Beweis.
     
    Decker gingen tausend Gedanken durch den Kopf. Hier vor ihm stand ein Mann, der vielleicht alle Fragen beantworten konnte.
     Für diesen Mann ist all das selbstverständlich, was er sich in mühsamer Arbeit hatte zusammenreimen müssen. Die ganzen Vermutungen,
     Theorien, Annahmen, Querverbindungen und Thesen. Für diesen Mann waren sie gelebte Gewissheit.
    Er musste ihn einfach zum Reden bringen. Es war eine perverse, aber einmalige Chance. Decker raffte seinen ganzen Mut zusammen.
     »Die Kriegerrasse. Die Religion. Das war der Plan. Der Tempel des Schreckens ist hier, stimmt’s?«
    Der S S-Mann sah ihn scharf an: »Sie haben ausgesprochen gute Arbeit geleistet, Herr Dr.   Decker. Die beste seit über 60   Jahren. Vielleicht verdient das etwas Anerkennung.« Er überlegte kurz. »Nun, Sie werden verstehen, dass Sie von mir kein Ja
     oder Nein erhalten auf diese Frage. Aber ich möchte Ihnen ein wenig zu eigenen Schlüssen verhelfen. Sie wären aufgrund Ihrer
     guten chinesischen Kontakte, die übrigens noch nie jemand vor Ihnen hatte, eventuell auch von selbst dahinter gekommen.« Er
     kreuzte die Hände vor seinem Körper und hob leicht den Kopf an. »Wie Sie wissen, ist dies das einzige Kloster, das von den
     Chinesen nie zerstört wurde. Dafür wird es einen Grund geben.«
    Decker überlegte und warf ein: »Ja. Die UNESCO.   Sie hat den Potala Palast als Weltkulturerbe eingestuft und China aufgefordert, ihn nicht zu vernichten.«
    |375| Der Sturmbannführer spitzte etwas die Lippen und erwiderte mit einem zynischen Unterton: »Das war aber erst später. Was war
     denn vorher, als die anderen Klöster gebrannt haben?«
    Decker überlegte: »Mao hatte Respekt vor der Geschichte. Vielleicht hat die UNO schon länger um Nachsicht gebeten.«
    »Glauben Sie wirklich, das hätte Mao interessiert? Fragen Sie doch mal unsere Chinesin hier, warum der Palast heute noch steht.«
     Er blickte Li Mai provozierend an. Decker erinnerte sich an Li Mais Worte gegenüber dem Vatikan. Das chinesische Staatsgeheimnis.
    Sie wollte gerade antworten, als Göritz den Zeigefinger auf den Mund legte und
schscht
machte.
    Sie hörten es alle gleichzeitig.
    Hubschrauber.
    Sie kamen näher.
    Decker war entsetzt. Die wenigen Minuten, die er hatte, um mit diesem Geist aus der Vergangenheit zu reden, wurden auch noch
     unterbrochen. Er schaute Li Mai an. »Hast du Sie gerufen?«
    »Nein.«
    Göritz grinste: »Gnädigste, die Zeit läuft uns davon. Wenn Sie dann bitte   ...«, er deutete auf die Tür zum Verlies und gab ihnen zu verstehen, dass sie dort hineingehen sollten.
    »Einen Moment noch. Warten Sie«, fiel ihm Decker ins Wort. Er durfte diesen Mann nicht einfach so ziehen lassen. Er musste
     eine Antwort haben. »Was wollten Sie eben andeuten?«
    Göritz ließ für eine Sekunde von seiner Disziplin ab und zögerte. Decker glaubte, ihn bei seinem Stolz gepackt zu haben und
     hoffte auf sein Glück.
    |376| Und tatsächlich, mit etwas Arroganz fuhr Göritz fort: »Mao hasste den Klassenfeind. Glauben Sie, Genf oder irgendwer im Westen
     hätte da an seine kulturelle Verantwortung appellieren können? Nein. Der Potala-Palast gehörte dem Dalai Lama, dem Mann, der
     ihn bis zu seinem Tod in der internationalen Gemeinschaft anschwärzte und demütigte. Glauben Sie nicht, er hätte den Potala
     nur allzu gerne gesprengt?«
    Decker sah Li Mai an und suchte in ihrem Blick einen Kommentar. Aber sie sah nur Göritz an.
     
    Die Helikopter waren jetzt oben auf oder über dem Dach angekommen, und vermutlich waren die Sondereinheiten schon auf dem
     Weg zu ihnen hier unten. Alles, was sie einen Augenblick aufhalten könnte, war vermutlich das Fallgitter.
    »Ich fürchte, wir müssen unsere kleine Unterhaltung jetzt wirklich abbrechen. Wenn Sie dann bitte in den Raum gehen würden.
     Ich möchte nicht gezwungen sein, Gewalt anzuwenden. Und Sie verstehen, dass ich nicht möchte, dass Sie mir folgen. Man wird
    

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