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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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verborgenes Interesse
     am Dalai Lama oder dem tibetischen Buddhismus sein könnte.
     
    Ratlos nahm er noch einmal das Dossier des BND über die deutschen Expeditionen nach Tibet zur Hand. Sie hatten wirklich stattgefunden.
     Dann schaute er in die Akte Harrer. Dazu gehörte auch das Buch
Sieben Jahre in Tibet
. Decker hatte es letzte Nacht kurz angelesen und sich darin einige Passagen angestrichen. Auch hier wurde ein sehr friedliches
     Bild von Tibet gezeichnet. Harrer schreibt, dass er in all den Jahren dort niemanden getroffen hat, der auch nur den leisesten
     Zweifel an der Lehre Buddhas hegt. Er spricht auch über die verschiedenen Sekten, stellt aber fest, dass deren Unterschiede
     nur in Äußerlichkeiten bestehen. Er selbst kann sich der gläubigen Inbrunst, die alle ausstrahlen, nicht verschließen und
     schon nach kurzem Aufenthalt sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, gedankenlos eine Fliege zu töten.
     
    Klingt nicht gerade nach SS.
    Ist die Geschichte mit den Nazis falsch oder lügt Harrer?
     
    Dann dachte Decker wieder an den Mord. Mit Falten auf der Stirn zog er das Foto mit der Hand aus dem Stapel hervor.
    Das Hakenkreuz. Ein heiß umstrittenes Symbol. Und uralt. Es ging auf die frühen Germanen und die Runen |126| zurück. Hitler wollte sicher an diese Tradition anknüpfen als etwas angeblich Urdeutsches. Aber Decker sah einfach keinen
     Zusammenhang zwischen dieser alten Geschichte und dem Mord heute. Er starrte auf das Foto und versuchte, die Bedeutung des
     Hakenkreuzes auf der Hand des toten Professors zu enträtseln. Dann fiel ihm noch etwas auf.
    Die Uhr! Der Tote trug eine Taucheruhr. Das hatte er bisher in all der Aufregung gar nicht wahrgenommen, obwohl er ein Faible
     für gute Uhren hatte. Er selbst trug ja eine Fliegeruhr, die auch Li Mai schon aufgefallen war. Mit der Neugier des Liebhabers
     nahm Decker eine Lupe heraus, um das Foto genauer zu untersuchen. Er wollte sehen, was es für ein Hersteller war. Aber leider
     zeigte das Foto nur einen Ausschnitt der Uhr. Der Firmenname war nicht mit auf dem Bild. Aber das Zifferblatt kam ihm dennoch
     irgendwie bekannt vor. So eins hatte er schon mal gesehen. Er überlegte einen Moment. Eine Uhr ist wie ein Gesicht. Jede hat
     etwas Besonderes. Aber es wollte ihm nicht einfallen. Schade. Er seufzte. Männer und Uhren. Er legte das Foto aus der Hand
     und sah auf seine eigene Uhr. In dem Augenblick traf es ihn.
Mensch, natürlich   ... Das muss ich jetzt wissen.
    Er zog einen der bereitstehenden Laptops zu sich heran, ging ins Internet und rief die Seite des Herstellers auf. Er suchte
     eine Zeit lang und verglich einige Details der verschiedenen Modelle. Dann hatte er es.
    Da war sie.
    Der Professor war offensichtlich ein Kenner. Und er trug die gleiche Marke wie Decker. Eine
Sinn
. Die Firma war bekannt für ihre Piloten- und Spezialuhren. Der Professor hatte sich für ein Modell mit Stoppuhr entschieden,
     das für Einsätze bei extremsten Bedingungen |127| und Temperaturschwankungen gebaut wurde. Es gehörte auch zur Ausrüstung der GSG 9.
Verdammt gute Wahl, Herr Professor.
Und für Expeditionen im Himalaja durchaus zweckmäßig. Fragt sich nur, wie ein Wissenschaftler zu so einer Uhr kommt. Egal.
    Gerade als er das Foto zufrieden wieder weglegen wollte, durchfuhr ihn irgendwo in den Tiefen seines Gehirns eine Intuition.
     Er lenkte seinen Blick noch einmal auf die Uhr.
    Da stimmt doch was nicht.
Er schaute genau hin. Der Zeiger. Das Gehäuse. Die Knöpfe. Auf dem Foto sah alles genauso aus wie auf der Abbildung der Website.
     Aber dann formierte sich langsam der Widerspruch und wurde ihm bewusst.
    Der Tote trug die Uhr am linken Handgelenk.
    Alle Chronographen der Welt und normalerweise auch dieses Herstellers hatten ihre Knöpfe auf der rechten Seite des Gehäuses.
    Aber nicht dieses eine Sondermodell.
    Bei diesem Typ waren die Knöpfe für die Stoppuhr links am Gehäuse. Das hatte den Vorteil, dass man sie auch erreichen konnte,
     wenn man dicke Handschuhe trug. Decker schaute angestrengt auf das Foto. Wenn es also tatsächlich die linke Hand des Toten
     zeigte, dann mussten die Knöpfe an der Uhr des Toten zum Ellbogen hin zeigen.
    Das taten sie aber nicht!
    Sie zeigten zum Handgelenk, wie bei normalen Uhren. Das konnte doch nicht sein. In seinem Kopf drehte sich alles. Er schaute
     noch einmal hin. Er täuschte sich nicht. Aber wie zum Teufel   ... Decker schaute seine beiden Hände an. Wie kann ich links und rechts auf einem

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