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Das Tier

Das Tier

Titel: Das Tier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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dringend Nahrung benötigte. Einige Pfund Lebensmittel, vorzugsweise Fleisch, und er wäre in spätestens zwei Tagen wieder vollkommen heil. Vor allem, da die Kugel jetzt draußen war.
    Er wollte sich nicht erinnern, den wundervollen Frieden nicht mit seiner Geschichte stören. Da es allerdings ein geringer Lohn für Doktor Leromes Herzensgüte war, stellte Thars sich seinem Schicksal.
    „Vielleicht haben Sie schon einmal von der ,Gemeinschaft der Valorsaner‘ gehört?“, begann er. „Nein? Nun, sie ist geheim. Mein Vater hatte sie gegründet, ich habe seinen Platz geerbt. Wobei ich nach seinem Tod nicht der Führer wurde, das lag mir nicht im Blut. In diese Gemeinschaft werden nur die brillantesten Köpfe aufgenommen. Forscher, Wissenschaftler, Philosophen. Das Ziel ist es, der Menschheit zu dienen. Es gibt verschiedene Gruppen, die daran arbeiten, Heilmittel gegen Krankheiten zu finden und die Rätsel von Natur und Universum zu ergründen. Mein Vater hatte sogar die Vision, eines Tages auf Valorsa zu stehen und dort eine neue Kolonie von ‚besseren’ Menschen zu gründen.“ Versonnen blickte Thars in den Himmel. Valorsa war am helllichten Tage nicht zu sehen, aber der rötlich leuchtende Planet hatte schon immer die Phantasie der Menschen bewegt.
    „Ich bin kein brillanter Kopf, Doktor. Um genau zu sein, bin ich die große Enttäuschung meines Vaters, ein fehlgeschlagener Versuch, den vollkommenen Sohn heranzuziehen … Ich hatte mir eingebildet, dass mit seinem Tod auch das Gefühl, mich beweisen zu müssen, fortgegangen sei. Das war ein Fehler. Leider nicht mein einziger.
    Vor etwa einem Jahr trat die Gruppe von ‚Projekt Valorsa’ an mich heran. Sie hatten ein Mittel entwickelt, das bei Versuchstieren unglaubliche Effekte zeigte. Dieses Mittel wurde Evolution genannt. Die Ratten, die das Mittel bekamen, wurden intelligenter, ihre Sinne schärfer, ihre Ausdauer viel höher als bei ihren Artgenossen. Auch ihre Wundheilung war stark beschleunigt und ihre Lebenserwartung gesteigert. Über zehn Jahre hatten die Wissenschaftler an Evolution gearbeitet und präsentierten mir, dem unwissenden Neuling, stolz ihre Ergebnisse. Es gab keinen einzigen Fall, in dem es negative Auswirkung gegeben hätte. Die Ratten zeigten keine Aggressionen, auch wenn sie durchweg die dominante Rolle im Gehege übernahmen. Selbst als man mehrere optimierte Ratten zusammen in einen Käfig setzte, geschah nichts weiter. Die Tiere beschnupperten sich gegenseitig und arrangierten sich. Das war schon fast unheimlich, unnatürlich … So haben wir das in dem Moment nicht wahrgenommen, wir waren euphorisch und wollten die Versuche auf Menschen ausweiten. Nach langen Diskussionen beschlossen wir, selbst den Test zu übernehmen. Mit Evolution 4, der Endstufe in der Entwicklung des Serums . Dafür gab es jede Menge kluge Argumente, etwa, dass es unethisch wäre, ahnungslose Menschen zu missbrauchen, man wüsste schließlich nicht, ob es nicht doch Nebenwirkungen haben würde. In Wahrheit wollten wir diejenigen sein, die als Erste die absolute Perfektion erreichten …
    Außer mir wurde fünf Wissenschaftlern das Mittel gespritzt.“
    Thars schloss die Augen. Er wollte sich nicht daran erinnern. An die furchtbaren Tage, in denen er brüllend vor Pein am Boden gelegen hatte, während sein Körper sich veränderte. Er war mindestens dreißig Zentimeter gewachsen, seine Knochen hatten sich verdickt und verhärtet. Als seine Sinne, allen voran sein Geruchssinn, sich auf ein übermenschliches Maß entwickelten, hätte er fast den Verstand verloren.
    „Bei jedem geschah etwas anderes“, erzählte er weiter. Es tat unerwartet gut, das Geheimnis endlich teilen zu dürfen, zumal der Doktor keine Abscheu oder Entsetzen zeigte.
    „Zunächst hatte es diese extremen körperlichen Auswirkungen. Ich konnte plötzlich Dinge vom Geruch her unterscheiden, für die ich nicht einmal Namen kenne. Der Reifezustand eines Apfels etwa, er riecht jeden Tag anders. Haar- und Augenfarben, Blumen, Tierarten … Ich muss sie nicht namentlich kennen, es entsteht ein Bild vor meinen Augen, das mir zeigt, was ich rieche, selbst wenn es weit entfernt ist. Ich kann zudem Charakterzüge wittern und die Lebensgeschichten der Menschen. Das, was sie ausmacht, Schlüsselmomente und wichtige Erinnerungen. Das was sie mögen, ablehnen, lieben oder hassen. Was sie kurz zuvor berührt, getan oder auch gegessen haben. Und selbstverständlich alles das, was sie gerade im Moment denken

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