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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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womit sie sich in der Reichweite damals verfügbarer Tauchtechnologie befunden hätten.
    Die ersten Tauchglocken wurden bereits Ende des 17. Jahrhunderts erprobt. Um 1900 hatte ein Kapitän namens John Ernest Williamson eine flexible Eisenröhre entwickelt, an der Tauchglocken bis in eine Tiefe von 80 Metern hinuntergelassen werden konnten. 1912 hatten seine Söhne die Erfindung in eine Vorrichtung für Unterwasserfilmaufnahmen umgebaut. Mit anderen Worten: Wäre die
Titanic
in jener Nacht nur noch ein bisschen weiter gefahren, hätte das Wrack in kürzester Zeit gefunden und erforscht werden können – noch zu Lebzeiten der Beteiligten.
    So aber sank die
Titanic
auf etwa 3800 Meter Wassertiefe, wodurch sie nicht nur erst siebzig Jahre später ausführlich erforscht werden konnte, sondern auch zahlreiche Spuren des Geschehens vom Zahn der Zeit bzw. von den Mechanismen und Organismen der Tiefsee beseitigt worden waren. Um im Bild der Gerichtsmedizin zu bleiben, war damit aus einer frischen eine stark verweste Leiche geworden.
     
    Seit 1985 gab es fast jedes Jahr weitere Expeditionen zu dem Wrack, so dass die Überreste der
Titanic
zu den am häufigsten besuchten Tiefsee-Schiffswracks überhaupt gehören. Die Literatur über diese Expeditionen und das Wrack füllt inzwischen wohl eine kleine Bibliothek, der ich hier kein weiteres Werk hinzufügen möchte. Nur eine wichtige Ergänzung ist notwendig. Denn wer nun gedacht hatte, dass sich die
Titanic
-Forscher mit Feuereifer auf die Suche nach der Ursache für die Katastrophe machen würden, sah sich seltsamerweise getäuscht. Statt kriminalistisch gingen die Expeditionen fast ausschließlich museal an das Wrack der
Titanic
heran. So filmten sie beispielsweise »bis zum Erbrechen« das Deck und seine Aufbauten und Kabinen, aber kein einziges Mal ist mir eine systematische Fahrt am Rumpf entlang begegnet. Egal, welche Dokumentation man auch sieht, immer wieder sieht man bis zum Abwinken museale Gegenstände, aber niemals die Stellen, um die es eigentlich geht, nämlich die Bruchstellen und Verletzungen am Rumpf.
    Der Rumpf der
Titanic
wird in der Berichterstattung vielmehr sorgsam ausgeblendet. Daher betrachte ich das Wrack nun allein unter dem Gesichtspunkt der »Todesursache«, das heißt der Ursache für den Untergang. Auch das haben zwar schon manche Buchautoren getan, allerdings immer und ausschließlich mit der Prämisse, dass die
Titanic
durch den Zusammenstoß mit einem Eisberg unterging. Von Anfang an lautete dabei die Fragestellung, wo »der Eisberg« die
Titanic
traf, wo »der Eisberg« das Schiff »aufschlitzte« usw. Um im Bild zu bleiben, gleicht das dem Verhalten eines Gerichtsmediziners, der schon vor der Öffnung der Leiche weiß, woran der Mensch gestorben ist bzw. der jede Verletzung von vorneherein als Folge einer bestimmten Einwirkung betrachtet und für andere Befunde nicht mehr offen ist. Meines Wissens ist bisher niemand mit der Frage an das Wrack herangetreten, ob die
Titanic
überhaupt von einem Eisberg getroffen wurde.
     
    Ja, aber ist das nicht eine seltsame Frage? Ich selbst habe doch festgestellt, dass sich die
Titanic
in dichtem Eis befand! Schon, aber damit ist die Ursache für den Untergang ja noch nicht festgestellt. Denn schließlich konnten nicht einmal die überlebende Ausguckbesatzung und die überlebende Schiffsführung eine überzeugende Beschreibung des Zusammenstoßes liefern. Lag es wirklich nur am Alkohol? Oder müssen wir auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Eisberge nicht die Ursache für den Untergang der
Titanic
darstellten, sondern nur eine Nebenrolle spielten, wenn nicht sogar lediglich die Kulisse waren?
    Aber langer Rede kurzer Sinn: Wir haben ja das Wrack. Dabei sind wir in der Situation eines Gerichtsmediziners, dem die Kriminalpolizei eine verweste Leiche auf den Tisch legt. Sämtliche Schilderungen, wie fragwürdig auch immer, stimmen ja darin überein, dass der Eisberg die
Titanic
tangential von vorne traf – dass er das Schiff also im vorderen Steuerbordbereich zuerst berührte und anschließend daran entlangschrammte. Dabei soll Eis abgehobelt und auf das Deck gefallen sein. Doch als 1985 erstmals eine Tauchexpedition das Wrack der
Titanic
besuchte, zeigten sich am Steuerbordrumpf nicht die geringsten Spuren vom Zusammenprall mit einem Eisberg. So fand man den riesigen Steuerbordanker akkurat in seiner Position vor. Er hatte von dem Eisberg offenbar nichts mitbekommen. Den Anker sieht man

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