Das Titanic-Attentat
Besatzung die Masse der 1500 Passagiere überhaupt nicht auf dem Bootsdeck gebrauchen. Schon gar nicht, wenn sie weiter ihren merkwürdigen Plan verfolgen wollten, (bestimmte) Männer vom Einbooten in die Rettungsboote abzuhalten. Bei dem zu erwartenden Chaos mit 2000 Menschen auf dem Bootsdeck wäre das wohl kaum möglich gewesen. Die Offiziere wären schlicht überrannt worden.
Die Stewards und auch Angehörige der übrigen Besatzung verfügten über ein gewisses Herrschaftswissen, nämlich, dass die
Titanic
sinken würde. Des Weiteren konnten sie rechnen: 20 Boote bei 2200 Menschen würden gerade einmal gut für die Hälfte reichen. Also warum noch die Konkurrenz um die lebenswichtigen Plätze wecken? Aus Sicht der Mannschaft und der Stewards wäre das der reinste Irrsinn gewesen.
»Ein paar Matrosen versuchten, uns unten festzuhalten«, erzählte der Dritte-Klasse-Passagier Daniel Buckley: »Als einer von uns die Tür im Treppenhaus der dritten Klasse öffnen wollte, hat so ein Kerl ihn runtergestoßen und die Tür abgeschlossen. Da haben wir sie eingetreten.« [147]
Herrn L.s absurde Erzählungen
Aber auch die, die es an Deck schafften, wurden bei weitem nicht alle gerettet, denn laut Überlieferung wussten die Offiziere der
Titanic
ja nicht, dass man die Rettungsboote voll besetzt fieren konnte. Welche Kapazität bzw. Tragkraft die Boote hätten, je nachdem, ob sie an den Davits hingen oder sich im Wasser befänden, fragte der US -Senator Smith den Zweiten Offizier Charles Lightoller bei der amerikanischen Untersuchung. Lightoller beaufsichtigte auf der Backbordseite des Bootsdecks zusammen mit Kapitän Smith das Fieren der Rettungsboote. Antwort: Bei brandneuen Booten könne man davon ausgehen, dass man sie mit 20 bis 25 Insassen fieren könne. Boot Nr. 4 hatte gemäß der oben zitierten Aufstellung 40 Personen an Bord, Boot Nr. 6 28, Boot Nr. 8 32, Nr. 10 55, Nr. 12 42, Nr. 14 63 und Nr. 16 56. Demnach hätte Lightoller die Boote also nach seinen eigenen Maßstäben überladen.
Aber wie wir ebenfalls gelernt haben, waren die oben genannten Zahlen geschönt und wahrscheinlich viel weniger Menschen an Bord der Rettungsboote. Es ist jedoch auch völlig ohne Rechenkunststücke klar, dass Lightollers Aussagen in dieser Beziehung reiner Unsinn sind. Denn der Sinn dieses Rettungssystems bestand, wie erwähnt, darin, das Schiff so schnell wie möglich leer zu bekommen. Wie hätte man denn die übrigen Passagiere retten sollen?
Angeblich war man davon ausgegangen, dass bei einem Unfall ohnehin andere Schiffe in der Nähe sein würden, um die Passagiere aufzunehmen, so dass man die leeren Boote anschließend zu dem Havaristen hätte zurückrudern können. Denken wir das einmal zu Ende:
Ein Boot wird also mit 25 Insassen gefiert,
zu einem anderen Schiff gerudert,
dort entladen,
zurückgerudert,
an Bord des Havaristen gehievt,
erneut mit 25 Insassen beladen,
wieder gefiert
usw.
Vorausgesetzt, der Havarist wartet freundlicherweise so lange mit dem Sinken. Natürlich nicht, und deshalb ist das vollkommener Blödsinn. Als Begründung für die Unterbesetzung der Boote reicht das nicht. Und natürlich musste auch Lightoller als hoher Offizier sehr gut wissen, dass das Rettungssystem zu keinem anderen Zweck da war, als das Schiff in kürzester Zeit zu evakuieren. Dies auch noch vor dem Hintergrund, dass die zivilen Ozeandampfer bereits im Hinblick auf einen Einsatz als Truppentransporter geplant und gebaut wurden.
Es ist klar, dass eine Evakuierung von Truppen etwa im Kampfeinsatz ohne Zeitverlust über die Bühne gehen muss. Unter Beschuss oder unter Kampfbedingungen hätte man wohl kaum die Zeit, gemütlich halb leere Boote umherzurudern.
Eine vierschrötige Figur
Schließlich hatte der Zweite Offizier Charles Herbert Lightoller, eine buchstäblich »mit allen Wassern gewaschene«, vierschrötige Figur, auch bereits jede Menge Erfahrung mit Schiffsuntergängen und sogar mit Bunkerfeuern. Wer im 19. Jahrhundert an Bord von Segelschiffen auf Dauer überleben wollte, brauchte einen eisernen Willen und eine brutale Durchsetzungsfähigkeit (die durchaus in seinen Gesichtszügen erkennbar war). Nicht nur gegenüber den Schiffskameraden, sondern auch gegenüber den Elementen.
1874 geboren, fuhr Lightoller bereits mit 13 als Schiffsjunge für vier Jahre zur See. Auf einer seiner Reisen verlor das Schiff
(Holt Hill)
gleich zweimal in einem Sturm die Masten: das erste Mal bei einem Unwetter im Südatlantik,
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