Das Tor nach Andoran (German Edition)
empfand, durfte sie nicht nachgeben und es schmerzte sie in der Seele, ihn enttäuschen zu müssen. Sie war ein Einhorn und sie würde wieder zu einem werden, oder sterben.
»Seht wir nähern uns der Stadt,« rief Mandelao. Mit ausgestrecktem Arm zeigte er ans Ufer, wo sich hinter einer dünn bewachsenen Uferböschung Felder abzeichneten, auf denen Menschen ihrer Arbeit nachgingen. Zwischen den Feldern erhoben sich die Umrisse von Häusern, die miteinander durch breite Wege verbunden waren. Einige von ihnen sahen von ihrer Arbeit auf und folgten mit ihren Blicken der Barke, die von Mandelao näher ans Ufer gesteuert wurde. Kurz darauf ertönte vom Ufer ein durchdringendes Hornsignal, das sich fortpflanzte und ihre Anwesenheit verkündete. Weiter vor ihnen floss der Fluss an einer Halbinsel in weitem Bogen vorbei und gab einen beeindruckend Blick auf das Drachengebirge frei. Als die Barke den Bogen umfahren hatte, ragte vor ihnen eine zehn Meter hohe Festungsmauer mit Wehrtürmen auf, auf denen Julian deutlich Soldaten ausmachen konnte. Eines der Tore wurde aufgerissen und gut hundert Krieger marschierten aus der Stadt hinunter an den gemauerten Kai, wo sie Aufstellung nahmen.
»Ist das jetzt das Begrüßungskomitee oder bereiten sie sich auf den Angriff vor,« wollte Gandulf von Mandelao wissen, der besorgt die Vorbereitungen beobachtete.
Mandelao hielt weiter auf den Kai zu, während er zu Granak sagte. »Ich denke der ganze Aufwand gilt Dragan und Jalara. Es wäre klüger, wenn sie sich etwas im Hintergrund hielten, bis ich den Bewohnern erklärt habe, dass keine Gefahr von ihnen ausgeht.«
Der Troll protestierte lautstark und meinte. »Wenn sie uns doch angreifen, möchte ich aber Dragan an meiner Seite haben, man kann ja nie wissen.«
Mandelaos Gesicht nahm einen mürrischen Ausdruck an, gleichzeitig befahl er barsch. »Mach was ich sage, das sind Jalonga, die ehemaligen Diener der Mydaren. Sie sind friedlich, verlass dich darauf und nun mach, was ich sage. Schicke Dragan und Jalara weg, ehe es noch Missverständnisse gibt.«
Ehe Granak erneut widersprechen konnte, mischte sich Riana ein. »Sie sollen sich nur zurückziehen, bis wir die Bewohner überzeugt haben, dass ihnen von Jalara und Dragan keine Gefahr droht. Befolge Mandelaos Anordnung, es ist nur zum Besten von Dragan und Jalara.« Granak murrte etwas vor sich hin, gab aber den Echsen zu verstehen sich abseits von ihnen zu halten.
Die Barke legte sanft am Kai an, wo vier Soldaten vortraten und die ihnen zugeworfenen Halteseile festmachten. Alle Augen waren auf Mandelao gerichtet, der seinen scharlachroten goldbestickten Umhang anlegte und würdevoll auf die Rampe zuging, die an die Bordwand der Barke gelegt wurde. Ehrfürchtiges Raunen ging durch die Reihen der Soldaten, die zurücktraten und eine Gasse für Mandelao öffneten, um ihm Platz zu machen.
»Wo ist der Siku von Lanitoa?, ist es nicht üblich, dass er einen Magier aus Mydar mit allen Ehren begrüßt?«
Seit der Umarmung Rianas glaubte Julian, die Gefühle Anderer intensiver zu erkennen. Die Soldaten vor ihnen waren eindeutig verunsichert und verschämt. Viele von ihnen starrten auf den Boden und vermieden es Mandelao anzusehen. Lastendes Schweigen legte sich über den Kai. Am Tor, auf der Festungsmauer und in der näheren Umgebung am Fuße der Mauer scharte sich eine zunehmende Menge von Zuschauern, die Mandelao und seine Begleiter bestaunten.
Die Menge am Tor geriet in Bewegung, teilte sich und machte einer Gruppe Platz. Angeführt wurde sie von einer scharlachrot gekleideten Gestalt, die einen Kopfschmuck aus schillernd buten Federn auf dem Haupt trug. Zu beiden Seiten wurde sie von kahlköpfigen in weiße Gewänder gekleidete Männer eskortiert.
Langsamen Schrittes und würdevoll näherte sich der Aufmarsch dem Kai. Inzwischen fanden sich die Gefährten neben Mandelao ein. »Sieht so aus als komme da das Empfangskomitee und du kommst doch noch zu deiner ehrenvollen Begrüßung,« stichelte Granak halblaut, was ihm einen finsteren Blick von dem Schattenmagier einbrachte.
Fünf Schritte vor Mandelao hielt der mit dem Kopfschmuck an. Irritiert, den Blick auf Mandelao und seine Begleiter geheftet, räusperte er sich, ehe er zu sprechen begann.
»Mein Name ist Jehaso. Ich bin das Oberhaupt von Lanitoa und heiße Euch und Eure Begleiter willkommen. Es ist schon lange her, dass uns ein Magier aus Mydar mit seinem Besuch beehrte. Man sagt Mydar sei verlassen worden und werde vom
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