Das Tor nach Andoran (German Edition)
Dschungel verschlungen.«
Jehaso verbeugte sich tief vor dem Schattenmagier und sah ihn erwartungsvoll an. »Wie kann ich Euch dienen?,« fügte er hinzu, als Mandelao keine Anstalten machte auf seine Frage einzugehen.
»Meine Begleiter und ich sind auf einer Mission, von der das Weiterbestehen Andorans abhängt, aber über die Umstände möchte ich mit dem Siku unter vier Augen reden.« Jehaso zog verblüfft die Augenlider hoch, überlegte kurz und schien zu begreifen. »Ich bin der Siku, wenn Ihr mir folgen wollt, so will ich gerne Euren Wunsch entsprechen.«
Jehaso gab seiner Eskorte einen Wink, der sie veranlasste sich umzudrehen, ehe er Mandelao aufforderte, »folgt mir der Magier von Mydar und seine Begleiter sind meine Gäste.«
Langsam setzten sich die kahlköpfigen in Bewegung und führten Jehaso Mandelao und seine Begleiter durch das Tor. Erst dann folgten ihnen die Soldaten, während die Bewohner von Lanitoa den Schluss bildeten. Gespenstisch leise bewegte sich der Zug durch die Stadt, bis er vor einem großen Gebäude haltmachte. Die anhaltende Stille wurde von keinem lauten Wort oder einen Zuruf unterbrochen, erst nachdem sich die Tore hinter ihnen schlossen, erreichte Julians empfindliches Gehör das Raunen der Menge auf dem Vorplatz.
In der kreisrunden Vorhalle des palastähnlichen Hauses hielt die glatzköpfige Eskorte Jehasos an und stellte sich rechts und links von ihnen auf. Mit ausdruckslosen Gesichtern blickten sie beinahe gelangweilt auf Mandelao und seine Begleiter. Der dunkle aus polierten Steinplatten gefertigte Boden spiegelte verzerrt und schemenhaft ihre weißen Gewänder wider. Über ihren Köpfen an der Decke, die von vier Säulen getragen wurde, gab es zahlreiche Malereien aus dem täglichen Leben der Jalonga, welche die Geschichte des Volkes erzählte. Auf einem Bild erkannte Julian die vier Türme von Mydar, denen die Säulen der Halle glichen, die von großen runden Lichtern erhellt wurde.
Jehaso drehte sich zu Mandelao um, nachdem ihm ein herbeigerufener Diener den scharlachroten Umhang abgenommen hatte und hinter einer der zahlreichen Türen verschwand. Der goldene Brustpanzer, die weiten leinenen Hosen und die hohen bis an die Knie reichenden Stiefel, die unter dem Umhang zum Vorschein kamen, zeigten ihm, dass Jehaso ein Krieger war.
Mit einem Schlag erstarb das freundliche Lächeln Jehasos und im scharfen mitleidslosen Ton fragte er.
»Wer seid ihr? Glaubt nicht, ich wüsste nichts von Mydar und seinem Schicksal. Sagt mir die Wahrheit oder ich lasse euch in den Kerker werfen, wo ihr von mir aus verrotten könnt.« Jetzt zeigte der Siku von Lanitoa sein wahres Gesicht und Julian fröstelte bei der Vorstellung an nasse dunkle Verliese. »Ich bin Mandelao, der Wächter des Rubins,« erwiderte der Schattenmagier ebenso scharf, wie Jehaso die Frage gestellt hatte. Diese Antwort entlockte Jehaso ein galliges Lachen.
»Lügner,« schrie er Mandelao an, »ich habe mit eigenen Augen das verlassene und vom Dschungel überwucherte Mydar gesehen, als ich noch ein junger Soldat war. Also wer bist du?« Mandelao hob zur Antwort die Hand, worauf sich Jehasos Gesicht verzerrte und er sich an den Kopf fasste.
Der Schattenmagier sah keine andere Möglichkeit, als dem Krieger die ganze Wahrheit über den Untergang Mydars in einer Vision zu übermitteln. Es würde schmerzhaft für Jehaso werden, aber so sparte er sich Zeit mit langen Erklärungen, auf die Fragen die Jehaso stellen würde.
Unter dem Eindruck der Bilder, die auf Jehaso hereinbrachen, begann dieser zu schwanken wie ein vom Wind gepeitschter Baum und sein Gesicht verkrampfte sich zu einer starren Maske. Dann nach einer schier unendlichen Zeitspanne löste Mandelao die Verbindung und nun war es an ihm zu schwanken wie sein Gegenüber zuvor.
Durch diese Vision führte er Jehaso vor Augen, was in den Jahren nach dem Raub des Rubins durch Kisho geschehen war. Sie umfasste den Raub und die Ereignisse bis an den heutigen Tag. Dazu mobilisierte Mandelao seine außerhalb Mydar bescheidenen magischen Kräfte, um die Vision zu erzeugen. Sie beraubte ihn seiner physischen Kräfte, was Mandelao an den Rand eines Zusammenbruchs brachte. Im letzten Augenblick konnten Gandulf und Julian den Sturz des Magiers verhindern, indem sie an seine Seite sprangen und ihn stützten. Mandelao fixierte aus blutunterlaufenen Augen Jehaso.
»Nun weißt du die ganze Wahrheit über Mydar und seinen Untergang. Aber es gibt noch eine Chance Jehaso. Wenn es
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