Das Tor nach Andoran (German Edition)
diesem Scheusal nicht vertrauen kann, aber warum warnst du uns? Du stehst doch selbst in seinen Diensten,« fragte Sertan mit schneidender Stimme und sein Vater beobachtete Gallan mit fragendem Blick.
Gallan lachte herb auf, um darauf verbittert zu antworten. »Ich kann es dir nicht verdenken Sertan, dass du mir nicht vertraust, aber es ist nicht so, wie du denkst. Ich stehe nicht mehr in seinen Diensten. Ich habe erkannt, welche Bestie in Wirklichkeit Kisho ist.«
Der oberste Rat und sein Vater wechselten einen vielsagenden Blick, ehe Sertan hektisch fragte. »Wie viel Zeit bleibt uns noch bis Kishos Horden hier sein werden?«
Er stellte die Vision Belgans mit keinem Wort infrage. Seine Prophezeiungen waren zutreffend und man konnte sich auf sie verlassen. Gallan zuckte mit den Schultern. »Belgan vermutet sechs bis sieben Tage, wenn die angeschwollenen Flüsse sie nicht länger aufhalten. Ihr müsst Späher ausschicken, die euch rechtzeitig vor einem Angriff warnen. Sende Boten in alle Dörfer, um sie vor der Gefahr zu warnen. Macht ihnen klar, dass sie nur im Schutz von Ituma halbwegs sicher sind und wir nur gemeinsam eine Chance gegen die Armee des Barons haben.«
Garan und Sertan hörten konzentriert den Worten Gallans zu, und als dieser geendet hatte, erhob sich Sertan von seinem Stuhl.
»Gallan hat recht, ich schicke sofort einen Spähtrupp und Boten los, welche unsere Brüder warnen zudem berufe ich hiermit den Kriegsrat ein.« Bevor Sertan aus dem Zimmer ging, wandte er sich Gallan zu.
»Du weißt ich habe deine Entscheidung nie akzeptiert und für gut geheißen, aber ich bin nie dein Feind gewesen.« Gallan, der die angebotene Hand Sertans ergriff, fühlte dessen festen Händedruck. »Du bist ein Sohn unseres Volkes, deshalb fordere ich dich auf, dem Kriegsrat beizuwohnen.« Sertan drehte sich um und verlies den Raum. Gallan sah dem Rat gedankenvoll nach.
Zum Kriegsrat kam jeder Krieger in das Versammlungshaus, das im Großen und Ganzen dem Erdhaus glich das Belgan draußen vor der Stadt bewohnte. Der Schamane hatte sich nie mit der städtischen Bauweise anfreunden können, die sich in Gallans Jugend durchzusetzen begann. Damals beschlossen die Räte eine Stadt nach dem Vorbild Shihoras zu errichten, weil sich die Erdhäuser weit verstreut über die Ebene erstreckten, und es so jedem Feind ein Leichtes war, die übergroßen Dörfer zu überfallen und zu plündern. Es wurde einfach unmöglich ein derart auswucherndes Dorf wirkungsvoll zu schützen und so entschlossen man sich, hinter dem Schutz einer Stadtmauer zu leben. Im Notfall und bei drohender Gefahr konnten die beharrlichen Nayati die es vorzogen weiterhin in ihren kleine Siedlungen und Dörfern nach der althergebrachten Tradition in der Ebene zu leben, hinter diese Mauern flüchten.
In Erinnerung an die alte Lebensweise beschloss man, das Versammlungshaus im Stil eines Erdhauses zu errichten, nur um ein Vielfaches größer.
Gallan beobachtete seinen Vater, nachdem Sertan gegangen war. Die Jahre hatten ihre Spuren auf dem braunen Gesicht seines Vaters hinterlassen, aber sein langes Haar, glänzte immer noch schwarz. Schlank, hochgewachsen und aufrecht stand der alte Mann in seinem Lederhemd und seiner Leinenhose vor ihm. Prüfend betrachteten seine dunklen Augen Gallan, als er die Arme ausbreitete und seinen verloren geglaubten Sohn mit ihnen umschloss.
»Ich bin glücklich, dass du wieder einer von uns bist, Sohn. Ich habe lange auf diesen Augenblick warten müssen, aber nun ist er endlich gekommen.«
Gallan sah keinen Vorwurf in den Augen seines Vaters, dafür aber Erleichterung. Verwundert bemerkte er den wässrigen Glanz, der sich in den Augen Garans widerspiegelte. Gallan gelang es nicht, auch nicht mit äußerte Willenskraft, seine Tränen zurückzuhalten.
»Es war mein Fehler Vater,« stammelte er tränenerstickt und verbarg sein Gesicht an der Schulter seines Vaters. Gallan fühlte den Druck den Garans Arme ausübten, als dieser ihn umarmte und mit bebender Stimme sprach. »Schon gut mein Junge jetzt wird alles gut. Hauptsache du bist wieder zu Hause. Deine Mutter hat jeden Tag vor dem Hausaltar gestanden und zum großen Geist gesprochen, dass er dich beschützt und eines Tages nach Hause bringt,« hörte Gallan ihn sagen. »Aber jetzt gibt es Wichtigeres zu tun, als zu heulen. Komm mit zum Kriegsrat, dort wartet man bestimmt schon auf dich.«
Garan klopfte Gallan ermutigend auf die Schulter, dann löste er die Umarmung.
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