Das Tor nach Andoran (German Edition)
ihm gerade noch bis zu den Schultern. In ihrem ernsten Gesicht gruben sich die ersten tiefen Falten des Alters ein und ihre einst ebenholzschwarzen Haare durchzogen graue Strähnen. In Ihren dunkelbraunen Augen spiegelte sich ein Hauch von Wehmut und Trauer, der von Gallan Besitz zu ergreifen drohte, darum küsste er Lesena auf die Stirne und fragte.
»Wo ist Vater, ich hab eine dringende Nachricht von Belgan an ihn und die Räte der Stadt.« Das von der Aufregung gerötete Gesicht seiner Mutter verwandelte sich in einen nachdenklichen Ausdruck. »Garan sitz mit Sertan zusammen und berät mit ihm, welche Ursachen und Folgen die ungewöhnliche Witterung für den Stamm haben kann. Sie befürchten, wenn das Wetter nicht besser wird, sind die Ernten in Gefahr und es droht eine Hungersnot.«
Lesena nahm Gallan bei der Hand und führte ihn durch die Küche über einen kurzen Gang zu Garans Arbeitszimmer. Von drinnen hörte Gallan gedämpfte Stimmen, als seine Mutter die Hand hob, um anzuklopfen. Gallan hielt die Hand seiner Mutter zurück. »Ich glaube er wird nicht erfreut sein mich zu sehen.«
»Ach Quatsch,« widersprach Lesena energisch. »Er wird dich schon nicht fressen und im Grunde seines Herzens wird er glücklich sein dich zu sehen,« antwortete sie ihm und klopfte an die Tür. Mit sanfter Gewalt schob sie ihren Sohn durch die Tür ins Arbeitszimmer und schloss sie hinter ihm wieder.
Gallans Augen mussten sich erst dem herrschenden Dämmerlicht anpassen, um seinen Vater auszumachen. Er saß aufrecht mit dem Rücken zu ihm, während er gestenreich auf sein Gegenüber einredete. »Warte noch mit dem Essen Lesena, wir sind noch nicht fertig.«
Garan unterbrach das Gespräch und drehte sich zu Gallan um. Der Gesprächspartner seines Vaters sah Gallan wie einen Geist an und blinzelte verdutzt. Noch bevor Sertan etwas sagen konnte, grüßte Gallan.
»Möge dir Frieden beschert sein Sertan und der große Geist dich schützen.« Gallan fand die Begrüßung anhand der Botschaft die er überbringen sollte für absurd, dennoch ließ er sich im Augenblick nichts anmerken und begrüßte auch seinen Vater mit dieser üblichen Grußformel. »Auch dir wünsche ich Frieden und den Schutz des Geistes Vater.«
Garan erhob sich langsam aus seinem Stuhl und schien nicht glauben zu können, wer ihm gegenüberstand. Er hob die rechte Hand, sodass Gallan die Handfläche sehen konnte, und erwiderte den Gruß.
»Sei gegrüßt mein Sohn, es ist lange her, seit du das Dorf verlassen hast, auch ich wünsche dir den Schutz des großen Geistes.«
Sertan folgte dem Beispiel und grüßte Gallan mit versteinertem Gesicht. Seine Haut glänzte über den Backenknochen und mit zusammengepresstem Mund musterte er Gallan, wobei seine rauchgrauen Augen ihn zu durchdringen schienen. Sertan trug die traditionelle Kleidung der Nayati, die aus ledernen Beinkleidern und einer prächtig bestickten Jacke aus demselben Material gefertigt war. Sein langes ergrautes Haar wurde im Nacken von einem Lederband zusammengehalten.
Er repräsentierte den höchsten der vier Räte der Stadt, zu denen auch sein Vater gehörte.
Gallan ging auf seinen Vater zu, der mit erhobener Hand abwartend dastand. »Was führt dich in das Dorf zurück mein Sohn?,« fragte er distanziert, senkte die Hand und bot ihm Platz an seiner Seite an.
Gallan wartete ab bis Garan und Sertan wieder saßen, ehe er selbst auf dem angebotenen Stuhl Platz nahm. Er wusste nicht, wie er beginnen sollte, um die Nachricht des Schamanen zu überbringen. Zumal ihn Sertan mit versteinertem Gesichtsausdruck wortlos musterte und keinen Zweifel offen ließen, was er von ihm, dem angeblich Abtrünnigen hielt. Gallan entschloss sich, ohne Umschweife über seine Beobachtungen während des Ritts und den Visionen Belgans zu berichten.
»Der schwarze Baron hat die westlichen Stämme mit seiner Armee überfallen. Auf meinem Ritt sah ich zahlreiche Rauchsäulen entlang meiner Route aus ihren Städten und Dörfern aufsteigen. Dangarar brannte als erste Stadt, dann folgten Ester und Sihora. Belgans Vision legt nahe, dass sie auch über die östlichen Städte und Dörfer herfallen werden.«
Erstaunt sahen ihn die beiden Räte an und sein Vater fragte überrascht. »Du warst bei Belgan?«
Gallan nickte. »Auf meinem Ritt kam ich als Erstes bei ihm vorbei.« Gallan wollte weder seinem Vater noch Sertan von dem Einhorn und Belgans Vorwürfen erzählen und ließ es daher aus.
»Ich wusste schon immer, dass man
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