Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
tranken. Er schmatzte und saugte an einem Stück Speck, das an einem Backenzahn festhing, pulte es schließlich mit dem Finger heraus, steckte es wieder in den Mund und schluckte es zufrieden hinunter.
Catlin hingegen bekam keinen Bissen hinunter. Sie rührte nur lustlos in ihrem Brei herum, ohne den Löffel auch nur ein einziges Mal zum Mund zu führen. Die Frage, ob es tatsächlich Nigel war, den die Büttel gefangen genommen hatten, ließ ihr einfach keine Ruhe.
»Weiß man, wer der Mann ist?«, fragte sie betont beiläufig und hoffte, dass niemand ihre Angst bemerkte.
Der Glockengießer und sein Geselle verneinten.
»Aber es gibt Gerüchte«, erklärte John. »Es soll sich um einen Kaufmann handeln.«
»Oder um einen Schweineschlächter«, fügte Flint besserwisserisch hinzu.
John hob die Brauen und die Schultern. »Oder einen Schweineschlächter … Du siehst, man weiß nichts«, erklärte er und riss sich ein Stück Brot ab.
Sobald ich hier wegkomme, laufe ich zu Nigel und sehe nach, ob es ihm gut geht, dachte Catlin zutiefst beunruhigt.
»Wenn er erst hängt, ist es ohnehin gleich, wer er ist oder wer er war«, verkündete Flint ohne jede Spur von Mitgefühl. »Er wird die Zunge aus dem Maul hängen lassen und sich nass machen!« Er lachte glucksend und verschluckte sich. Als er hustend auf seinen Rücken deutete, war Catlin bereits aufgestanden, um den Tisch abzuräumen, John blieb seelenruhig sitzen, nur Corvinus sprang auf und haute dem Gesellen kräftig zwischen die Schulterblätter. Er schien es zu genießen, endlich einmal zurückschlagen zu dürfen.
Schon am nächsten Tag erfuhr Catlin von niemand Geringerem als Richard, wen man für Quickhands hielt. Wie aus dem Erdboden gestampft stand ihr Vetter plötzlich in der Werkstatt, grinste und schloss sie in die Arme.
»Du siehst großartig aus«, sagte er und musterte sie zufrieden von Kopf bis Fuß. »Ich bin froh, dass du heil zurückgekommen bist. Seit wann seid ihr wieder in London?«
»Seit gestern. Mabel brauchte Zeit«, erklärte Catlin und schlug die Augen nieder. »Du hast gehört, was geschehen ist?«
Richard nickte. »Knightly ist gleich nach dem Besuch bei euch nach Oxford geritten. Sein Pferd war halb tot, so sehr hat er es geschunden.«
»Er wollte die schlimme Nachricht unbedingt selbst überbringen«, sagte Catlin leise. Ob es ihrem Vetter dabei um seinen älteren Bruder oder um den König gegangen war, wusste sie nicht zu sagen. Doch so nahe, wie sich die Brüder standen, war er vermutlich vor allem um Richards willen so schnell nach Oxford geritten. So verschieden Knightly und Richard auch sein mochten, sie liebten sich inniger als die meisten Brüder und waren von klein auf stets füreinander eingestanden. Catlin beneidete sie um diese Nähe, und ihre Base Alix beneidete sie um die beiden älteren Brüder. Welch beruhigendes Gefühl musste es sein, sie stets bereit zu wissen, ihrer Schwester zu Hilfe zu eilen und alles zu ihrem Schutz zu tun.
»Wie geht es ihr?«, hörte Catlin ihren Vetter fragen und tauchte aus ihren Tagträumen auf. Er liebt Mabel noch immer, dachte sie. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben, und da sie Richard gut genug kannte, konnte sie darin lesen wie ein Priester in der Bibel.
»Sie weint und glaubt, Henry nie wieder unter die Augen treten zu können«, erklärte sie. Mabel liebte den König und fürchtete, verstoßen zu werden, weil sie sein Kind nicht lebend zur Welt gebracht hatte.
»Henry ist untröstlich, aber …« Richard räusperte sich. »Er liebt sie.« Dass Richard litt, weil Mabel seine Liebe nicht erwiderte, sondern nur Augen für den König hatte, war eindeutig. »Er ist auf dem Weg zur Südküste und hat mich geschickt, damit ich sie hole.« Richard trat von einem Bein auf das andere. »So sie denn reisen kann«, fügte er hinzu. »Ich muss noch heute weiter, der König sehnt sich nach ihr.«
Catlin nickte. »Sie dürfte inzwischen kräftig genug sein«, versicherte sie. »Du ahnst nicht, wie erleichtert sie sein wird, dass der König nach ihr schickt und sie sehen will.« Catlin war fest davon überzeugt, dass Mabel nicht ahnte, was Richard für sie empfand, und vermutlich war das besser so. Immerhin waren die beiden Männer, die sie so sehr liebten, auch beste Freunde. Dass eine Frau zwischen ihnen stand, konnte darum nur für Unstimmigkeiten sorgen.
»Der Dieb, von dem wir gesprochen haben«, sagte Richard plötzlich. »Quickhands, du erinnerst dich? Du kennst ihn!« Er zog die
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