Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Augenbrauen hoch.
Catlin fürchtete, auf der Stelle tot umzufallen. »Was … ich … wie … wie meinst du das?« Sie konnte kaum verbergen, wie aufgewühlt sie war. Ob Richard ihr das schlechte Gewissen ansah?
»Es ist der Kaufmann, dessen Weib sich in der Themse ertränkt hat. Du weißt schon …« Richard nickte bekräftigend.
Catlin schüttelte nur stumm den Kopf.
»Das hättest du nicht gedacht, nicht wahr?«, triumphierte Richard.
Catlin wusste nicht, was sie sagen sollte. Plötzlich wurden ihr die Knie so weich, dass sie zusammensank.
»Hoppla!« Richard fing sie auf. »Um Himmels willen, Catlin!«, sorgte er sich. »Was hast du?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts«, entgegnete sie mit schwachem Lächeln, »ich erwarte ein Kind und bin erschöpft.« Sie bat um einen Schemel und ließ sich darauf nieder.
»Du bekommst ein Kind?« Richards Augen leuchteten auf, und doch stand auch ein Funke Angst darin. »Dann werde ich es fortan in meine Gebete einschließen«, sagte er und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Wohin hat man den Kaufmann gebracht?«
»In den Tower. Kein schöner Ort, das Gefängnis dort, dunkel und feucht, voller Ratten und Ungeziefer.« Richard lachte auf. »Noch leugnet er, Quickhands zu sein, doch der Henker wird ihm schon bald ein Geständnis entlocken.« Er kratzte sich am Kopf. »Aber Henry wird ihn ohnehin hängen lassen, als Abschreckung für Halunken, die den König berauben wollen.«
»Auch wenn er unschuldig ist?«
Richard hob die Schultern. »Vermutlich auch dann. Henry ist ein gläubiger Mensch. Wenn der Kaufmann unschuldig ist, so wird er sagen, dann wird der Himmel ihn belohnen. Ist er jedoch schuldig, dann wartet nach seinem Tod die Hölle auf ihn.«
Catlin zitterte am ganzen Körper, und als Richard es bemerkte, legte er den Arm um sie.
»Es ist kalt, du solltest dir ein Tuch umlegen.«
Catlin schüttelte trotzig den Kopf. Nigel ist mein Freund, wollte sie dem Vetter entgegenschleudern. Der Mann, der den König bestohlen hat, ist mein bester, mein treuester Freund. Er hat mir in höchster Not beigestanden, und ich schulde ihm nun, sein Leben zu retten. Doch Catlin schwieg. Vielleicht hätte Richard ihn vor dem Strick bewahren können, doch um welchen Preis? Er war dem König zur Treue verpflichtet, und er war sein Freund. Ich schulde Nigel mein Leben, nicht Richard, dachte sie. Irgendwie musste sie dafür sorgen, dass Nigel nicht gehängt wurde. Wie sie das allerdings anstellen und wen sie um Hilfe bitten sollte, wusste sie nicht.
»Du ahnst nicht, wen ich in Saint Dunstan getroffen habe!«, rief John wenige Tage später, als er nach Hause kam, hängte seinen Umhang auf und zog die Stiefel aus. Er hatte das Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen.
»Wem bist du begegnet? Nun sag schon, wer war es?«, drängte Catlin. Vielleicht, so hoffte sie für einen Augenblick, war er ja Nigel über den Weg gelaufen und ihre Furcht um den Freund somit ganz umsonst gewesen.
»Es war dein Freund.«
Catlins Herz tat einen Sprung.
»Das Priesterbürschlein, du weißt schon – wie hieß er noch gleich?«
Catlin starrte ihren Gatten ungläubig an, enttäuscht, dass er nicht von Nigel sprach, und zugleich erfreut, denn sie hatte seit einer Ewigkeit nichts von Thomas gehört. »Meinst du Thomas aus Saint Edmundsbury?«
John nickte. »Thomas! Genau der. Er hat eine wichtige Stellung in Canterbury inne«, erklärte er zufrieden. »Genau hab ich es nicht verstanden, aber ich soll dich von ihm grüßen. Außerdem hat er mir Hoffnung auf einen Auftrag gemacht.«
Catlin riss die Augen auf. »Einen Auftrag? Wann?«
John hob die Schultern. »Ist alles noch recht unsicher«, räumte er ein. »Aber ich bitte dich, eine Glocke für die Kathedrale von Canterbury! Auf eine solche Gelegenheit warte ich schon mein Leben lang, da fällt es mir nicht schwer, mich noch ein wenig in Geduld zu üben.« Er begleitete Catlin zum Tisch und setzte sich. »Erzbischof Langton soll bereits alles für eine neue Glocke in die Wege geleitet haben. Er starb jedoch, bevor die endgültige Entscheidung getroffen wurde, wer sie gießen soll. Ein Nachfolger für ihn ist noch immer nicht gefunden. Es gibt Schwierigkeiten bei der Wahl des neuen Erzbischofs. Die Mönche wollen diesen, der König jenen, und der Papst … Nun ja, offenbar weiß niemand, wann der Streit beigelegt wird, wer das Amt dauerhaft innehaben soll und wann der Auftrag erteilt werden kann. Immerhin sind die Mönche fest entschlossen,
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